Müller bleibt die tragische Figur, auch Boateng mit unüblichem Ausfall. Can biss sich zurück, Kroos wurde ein Opfer des Systems.

Die deutschen Nationalspieler nach der 0:2 (0:1)-Niederlage gegen Frankreich im EM-Halbfinale in der Einzelkritik:

Manuel Neuer: War zunächst wie schon gegen Italien auch gegen Frankreich bei Griezmanns Strafstoß machtlos. Versuchte vor dem 0:2 dann zu retten, was nicht mehr zu retten war.


Joshua Kimmich: Eher ein Flügelstürmer als ein Rechtsverteidiger. Doch insgesamt zu wenig zielstrebig, viele Ballverluste – und beim 0:2 war er der Ausgangspunkt.


Jérôme Boateng (bis 61.): Sein Ausfall nach einer Stunde passte zum gebrauchten Abend. Der Abwehrfels hatte schon in der ersten Halbzeit eine für ihn unübliche Niederlage im Kopfballduell gegen Giroud einstecken müssen, aus das fast das erste Gegentor entstanden wäre. Revanchierte sich zwar Sekunden nach dem Wiederanpfiff erneut gegen Giroud mit einer Rettungsaktion im letzten Moment, doch eine Viertelstunde später war dann Schluss.


Shkodran Mustafi (ab 61.): Engagiert, fleißig, aber kein Boateng. Als er kam, fehlte fortan die defensive Stabilität.


Benedikt Höwedes: Begeisterte gegen Giroud mit der Grätsche des Jahres. Doch die sollte nicht reichen, um seine erste Pflichtspielniederlage im 21. Einsatz für Deutschland zu verhindern.


Jonas Hector: Man hätte Löws Lieblingsschüler in Marseille ein bisschen mehr Frechheit von den Lümmeln von der letzten Bank gewünscht. Machte seine Seite gegen den harmlosen Sissoko lange Zeit dicht, konnte vorne aber kaum Akzente setzen.


Emre Can (bis 67.): Nur wenige hatten mit seinem Einsatz gerechnet – und viele hatten diesen bereits nach den ersten vier Ballkontakten, die allesamt beim Gegner landeten, verflucht. Doch der zähe Bursche aus Liverpool kämpfte sich ins Spiel zurück.


Mario Götze (ab 67.): Sollte für die Wende sorgen. Sorge nicht für die Wende. Alles in allem ein Turnier zum Vergessen.


Bastian Schweinsteiger (bis 79.): Das Knie der Nation hielt, aber die Hand der Nation hielt auch – gegen Evra. Somit war es ausgerechnet der Kapitän, der in seinem 120. Länderspiel seine Crew in schwere Seenot brachte. Endgültig unter ging das Schiff, als der Wahl-Engländer auch vor dem 0:2 zu spät kam.


Leroy Sané (ab 79.): Machte Sekunden nach seiner Einwechslung fast den Anschlusstreffer. Es blieb beim „fast“.


Mesut Özil: Erneut Deutschlands Bester. Doch ein Özil allein reicht nicht.


Toni Kroos: Ließ sich von Löw einen Tick weiter nach vorn schieben, wodurch seine berühmt-berüchtigten Diagonalbälle seltener als sonst kamen. So fehlte eine Priese Kreativität.


Julian Draxler: Ein bisschen Magie per Hackentrick nach 70 Sekunden, ansonsten viel zu viel fauler Zauber.


Thomas Müller: Der erste Schuss beim Warmmachen ging an die Latte, der zweite vorbei. Im Spiel danach lief es nicht anders. Am Ende so etwas wie Deutschlands tragische Figur des Turniers.