Nach einem Handspiel von Schweinsteiger und einem Abwehrfehler verlor Deutschland ein packendes Halbfinale gegen Gastgeber Frankreich.
Aus der Traum! Gesenkten Hauptes gingen die konsternierten deutschen Spieler zu ihren Anhängern und klatschten, doch es war ein vorzeitiger Abschied. Kurz vor dem großen Ziel Paris sind die Weltmeister bei der EM dramatisch gescheitert. Nach einem Handspiel des zuvor überragenden Bastian Schweinsteiger und einem groben Abwehrfehler verlor die deutsche Mannschaft ein packendes Halbfinale gegen den Gastgeber Frankreich mit 0:2 (0:1). „Blödere Momente gibt es nicht. Das ist kein faires Ergebnis“, sagte Torhüter Manuel Neuer.
Antoine Griezmann (45.+2 und 72.) verwandelte vor 64.078 Zuschauern in Marseille zunächst den von Schweinsteiger verursachten Handelfmeter. Dann machte er der Hoffnung auf das zweite deutsche Double aus WM und EM nach 1974 mit seinem zweiten Tor ein Ende. In dieser Szene patzten Benedikt Höwedes, Joshua Kimmich, Shkodran Mustafi und am Ende sogar Neuer. „Es ist bitter, wenn man so in die Halbzeitpause geht. Wir hätten zurückkommen können, aber wir haben kein Tor erzielt. Frankreich war eiskalt“, sagte der Torhüter.
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„Ich bin fassungslos“, sagte Teammanager Oliver Bierhoff im ZDF, er nannte die 200. deutsche Länderspiel-Niederlage „unglücklich und ein bisschen dumm“, denn: „Eigentlich hätte man von den Spielanteilen her das Spiel gewinnen müssen.“ So aber erwartet Frankreich in seinem dritten EM-Finale nach 1984 und 2000 am Sonntagabend (21.00 Uhr) Portugal - die Equipe tricolore hat noch kein Endspiel verloren. 1984 (EM) und 1998 (WM) gewann sie ihre Heimturniere. Die DFB-Auswahl verlor erstmals seit 50 Jahren gegen einen Turniergastgeber.
Bis Schweinsteiger im Kopfballduell mit Patrice Evra seinen rechten Arm hochriss und den Ball blockte, hatte die Mannschaft von Bundestrainer Joachim Löw das Spiel im Griff gehabt. Nach anfänglichen Problemen waren die Räume eng, der Ball lief gut, es gab mehrere Chancen - und Schweinsteiger war der stärkste Mann auf dem Platz.
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Der berechtigte Elfmeter, pikanterweise nach dem italienischen EM-Aus gegen Deutschland im Viertelfinale vom Italiener Nicola Rizzoli gepfiffen, war ein Schock. In der 61. Minute musste auch noch Abwehrchef Jerome Boateng verletzt raus.
Mit seiner Aufstellung hatte Löw überrascht. Dass Schweinsteiger beginnen würde, hatte der Bundestrainer verraten, und doch stand beim Anpfiff auch Emre Can auf dem Spielfeld. In seinen bisherigen sechs Länderspielen hatte der 22-Jährige als Rechtsverteidiger gespielt, diesmal sollte er helfen, das Zentrum zu verdichten. Den gelbgesperrten Mats Hummels ersetzte Benedikt Höwedes. Für Boateng kam später Mustafi ins Spiel.
Lloris rettet gegen Can
Die deutsche Defensive kam anfangs gewaltig ins Schwimmen. In den ersten Minuten übten die Franzosen enormen Druck aus, die deutsche Mannschaft wirkte überrascht. Neuer vereitelte einen Rückstand, indem er einen Schuss Griezmanns parierte, der Franzose war zuvor an Mesut Özil und Höwedes vorbeigestürmt (7.).
Erst nach dieser Szene gelang es der deutschen Mannschaft, das Spiel zu beruhigen. Prompt ergaben sich gute Gelegenheiten: Nach Vorlage Cans verpasste Thomas Müller knapp den Ball (13.), kurz darauf war es der französische Torhüter Hugo Lloris, der einen Linksschuss von Can nach Vorlage von Özil glänzend parierte. Mario Gomez (Muskelfaserriss) fehlte im Sturmzentrum schmerzlich.
Aber, keine Frage, die deutsche Mannschaft war jetzt im Spiel. Can und Kimmich bildeten auf der rechten Seite lange ein ordentliches Tandem, auch wenn es bei Kontern der Franzosen stets etwas unsicher wirkte. Der Chef auf dem Spielfeld war jetzt Schweinsteiger, und er prüfte zwischendurch in der 25. Minute Lloris mit einem Schlenzer.
Die beste Chance ergab sich dann aber doch für die Franzosen: Olivier Giroud gewann auf Höhe der Mittellinie ein Kopfballduell mit Boateng und lief auf und davon, verfolgt allein von Höwedes - im letzten Moment klärte der Schalker im Strafraum mit einer herausragenden Grätsche (42.).
Boateng ausgewechselt
Löw hoffte dann, dass sich Geschichte wiederholt - er brachte den WM-Helden Mario Götze für Can. Die deutsche Mannschaft mühte sich, aber eine Fehlerkette nach der Auswechslung von Boateng machte alles zunichte. Mustafi ließ sich von Paul Pogba austanzen, die folgende Flanke erreichte Neuer nur mit den Fingerspitzen, der Ball fiel Griezmann vor die Füße - 0:2.
Kurz drauf traf Kimmich mit einem Schlenzer das Lattenkreuz (74.). Fünf Minuten später hatte der eingewechselte EM-Debütant Leroy Sané das 1:2 auf dem Fuß. Das Aufbäumen kam spät. Zu spät.