Hamburg. Der Hamburger Stefan Gutte arbeitet als Anschreiber auf den Profiturnieren der Europatour

    Kopfrechnen – ja, das muss man schon können. Und zwar ziemlich gut. Auch spätabends, in hitziger Atmosphäre auf einer Darts-Bühne mit ehrgeizigen Sportlern im Wettkampf und einer wilden, lauten, Alkohol zugeneigten Zuschauermasse. Nicht ablenken lassen. Stefan Gutte kann das, sagt er. Der Hamburger arbeitet bei Profiturnieren der Europatour als Anschreiber, auch von Freitag bis Sonntag bei seinem „Heimturnier“ in der Inselparkhalle in Wilhelmsburg.

    „Ich habe mich vor drei Jahren einfach mal beworben, Schreiber werden immer gebraucht“, erzählt Gutte, 51, der als Systemadministrator in einem Hamburger Verlagshaus arbeitet. Bei sieben Turnieren in Europa ist er im Laufe der Saison im Einsatz. Ein reines Hobby, leben kann er davon nicht. „150 Euro bekommt ein Schreiber als Aufwandsentschädigung für ein Wochenende plus Anreise und Tagesspesen.“

    Dafür würde einer der Dartstars auf der Bühne vermutlich nicht einmal den Arm heben. Mit rund 145.000 Euro ist das „European Darts Matchplay“ in Hamburg dotiert. Die besten 16 Spieler der PDC-Europatour-Rangliste sind für die zweite Runde von Sonnabend an gesetzt, weitere 16 Teilnehmer für die entscheidende K.-o.-Phase werden in der ersten Runde am Freitagnachmittag ermittelt.

    Haushoher Favorit auf den Sieg ist der Niederländer Michael van Gerwen. Der Weltranglistenerste hat in diesem Jahr die bisherigen drei Europatour-Turniere gewonnen. Auch der aktuelle Weltmeister Gary Anderson soll kommen. Die Inselparkhalle, Heimstätte der Hamburg Towers, ist bereits seit Wochen mit 3000 Plätzen pro Session so gut wie ausverkauft.

    2014 war Hamburg zuletzt Schauplatz eines Profiturniers. Doch die Dartsszene ist in den vergangenen Jahren kontinuierlich gewachsen, die TV-Übertragungen aus England von der WM aus Londons Ally Pally haben das Ihre dazu beigetragen. All diese verrückten Typen im Publikum, Kostüme vom Teletubby bis zu Darth Vader, Karnevalatmosphäre, Gesänge und Gejohle. „Das erwarte ich in Hamburg so ähnlich auch“, sagt Gutte, „ich habe hier schon Leute im Dirndl und als Kühe herumlaufen sehen. Am irrsten ist es Sonnabend in der Abendsession.“

    Alkohol ist natürlich ein Thema im Publikum. Auch bei einigen Akteuren. Nach dem Spiel, vielleicht auch vorher. Für die ruhige Hand. Aber nicht mehr auf der Bühne. „Das ist seit einigen Jahren verboten, es geht ja um Sport“, sagt Gutte, der selbst im Dartverein Eimsbüttel aktiv ist. Schrille Typen sind viele der Pros dennoch. „Der Schotte Peter Wright lässt sich vor jedem Match von seiner Frau aufwendig zwei Stunden Haare und Kopf stylen“, erzählt Gutte, „morgens beim Büfett im Hotel sieht er noch ganz normal aus.“

    Bei seinem Job auf der Bühne ist der Mitbegründer des Landesdartverbandes Hamburg (1990) so dicht an den Stars dran wie wenige andere. „Da sind schon ein paar Mimöschen dabei, einige können gar nicht gut ab, wenn man sich mal verschreibt“, erzählt Gutte. Auf seiner Tafel steht schließlich die entscheidende Zahl – wie viele Punkte fehlen noch, um die 501 „auszumachen“ und das Leg (einen Durchgang) zu gewinnen. Erst wer elf Legs gewonnen hat, gewinnt das Match.

    Die Aufmerksamkeit des juchzenden Publikums gilt neben den Aktiven in erster Linie dem Ansager, dem „Caller“. Das sind zwei Profis aus England, die mit wohlklingender Stimme die Summe der drei Darts in der Scheibe verkünden. „Sie sind eben auch Teil der Show“, sagt Gutte. Der St.-Pauli-Fan Gutte wirkt wie seine drei deutschen Schreiberkollegen im Hintergrund. Aber trotzdem mittendrin im schrillen Darts-Zirkus.

    Tickets gibt es für die Freitagnachmittag-Session (13 Uhr) ab 5 Euro auf www.pdc-europe.tv, für den Abend (19 Uhr) ab 10 Euro und ein Tagesticket ab 12 Euro. Sonnabend und Sonntag: nachmittags ab 14,50 Euro, abends ab 19,50 Euro, Tagesticket ab 29,50 Euro.