Hamburg. Hamburg hat die meisten Mittelstürmer der Liga, aber nur Hannovers Angriff ist harmloser. Abschied für Olic und Rudnevs
Viel besser hätte das Wetter sich nicht am Terminplan der HSV-Profis orientieren können. Fast zwei Tage lang schien nach dem Auslaufen am Sonntagmorgen in Hamburg die Sonne. Fast alle Spieler nutzten die Zeit bis zur ersten Einheit der Woche an diesem Dienstag um 15.30 Uhr für einen Ausflug. Albin Ekdal und Lewis Holtby zog es an die Elbe, Michael Gregoritsch traf sich im Stadtpark zum Minigolf mit seinem früheren Mitspieler Sebastian Maier vom FC St. Pauli. Am Abend schauten sich einige Spieler gemeinsam und in Ruhe das Kellerduell zwischen Werder Bremen und dem VfB Stuttgart an.
Auch Peter Knäbel nutzte den Montag für einen Ausflug. Im Gegensatz zu seinen Spielern war der Sportchef des HSV allerdings beruflich in München unterwegs. Knäbels derzeit wichtigster Auftrag, das wurde am Sonnabend beim 0:0 der Hamburger in Mainz deutlich, ist die Verpflichtung eines neuen Stürmers. „Das ist ein Schwerpunkt“, bestätigt auch der Direktor Profifußball. Wie groß der Bedarf an einer Veränderung in der HSV-Offensive ist, belegt die Statistik. Die Hamburger haben zwar ligaweit die größte Anzahl an Mittelstürmern im Kader, weniger Scorerpunkte als der HSV-Angriff sammelte aber nur die Sturmreihe von Absteiger Hannover.
Bekannt ist, dass die Hamburger an Bobby Wood von Zweitligist Union Berlin interessiert sind (das Abendblatt berichtete). In der Hauptstadt gehen die Verantwortlichen der Köpenicker davon aus, dass der 23 Jahre alte US-Nationalspieler den Verein nach dieser Saison verlassen wird. Sportchef Helmut Schulte erhofft sich im Sommer hohe Transfererlöse. Und diese könnte er vor allem mit Wood erzielen, der seinen Marktwert durch zwölf Tore allein in der Rückrunde kräftig gesteigert hat. Mindestens drei Millionen Euro dürfte der HSV für den auf Hawaii geborenen Stürmer bezahlen müssen.
Dabei ist Knäbel selbst gezwungen, im Sommer Transfererlöse zu erzielen. Mit den sechs Mittelstürmern wird ihm das kaum gelingen. Die Verträge von Ivica Olic und Artjoms Rudnevs laufen aus. Sie werden den Verein verlassen und am Sonnabend nach dem Spiel gegen Wolfsburg gemeinsam mit Ivo Ilicevic verabschiedet, sollte der HSV den Klassenerhalt gesichert haben. Die Leihgabe Josip Drmic geht zurück nach Mönchengladbach. Batuhan Altintas soll ausgeliehen werden. Der Türke hat seit fast zwei Jahren kein Pflichtspiel mehr bestritten. Für die U23 darf er als Nicht-EU-Ausländer nicht spielen. „Das ist eine traurige Geschichte“, sagt Trainer Bruno Labbadia. „Wir haben ihn jetzt auf eine gute Basis gebracht. Aber nur Training reicht nicht. Fakt ist, dass er irgendwo spielen muss.“
Dass Sven Schipplock (Vertrag bis 2018, null Saisontore) derzeit die nötige Qualität fehlt, um den HSV dauerhaft nach vorne zu bringen, musste er nach dem Spiel in Mainz selbst eingestehen. „Er hat schon nachgewiesen, dass er es kann. Schippo muss jetzt dran bleiben“, sagt Labbadia. Ein Torjäger wird der 27-Jährige aber auch dann nicht mehr. Bliebe noch der launige Sturmbulle Pierre-Michel Lasogga (Vertrag bis 2019), der mit acht Toren zwar noch der treffsicherste Angreifer ist, von dem sich der HSV aber noch am ehesten einen Transfererlös erhoffen darf.
Perspektivisch könnte auch Michael Gregoritsch in die Rolle des Mittelstürmers wachsen. In der U21 Österreichs trifft der 1,93-Meter-Mann auf dieser Position schon regelmäßig. „Micha kann das spielen, er hat vor dem Tor Qualitäten, aber er muss noch robuster werden“, sagt Labbadia. Und vor allem ruhiger. Gregoritsch war es, der bei den Heimspielniederlagen gegen Mainz, Hoffenheim und Darmstadt klare Torchancen vergeben hatte. Ähnlich wie Schipplock gegen Hannover sowie in Dortmund und in Mainz. „Wir haben uns in der Saison das eine oder andere Mal nicht belohnt“, sagt Labbadia. „Wir hatten einige Spiele, in denen wir zu Beginn unsere Chancen nicht gemacht haben, und dann hat es geklingelt.“
Der HSV hätte sechs Punkte mehr auf dem Konto haben können
In der Tabelle der Großchancenverwertung liegt der HSV auf Platz 13. Statistiken belegen zudem, dass die Mannschaft sechs Punkte mehr hätte haben können, wenn sie ihre Großchancen genutzt hätte. Damit wäre die Qualifikation für die Europa League noch möglich gewesen. Stattdessen sind die Hamburger zwei Spieltage vor Schluss noch immer nicht gerettet. Labbadia sieht aber nicht nur seinen Sturm in der Verantwortung. „Wir müssen insgesamt als Team torgefährlicher werden.“
Wie es gehen kann, zeigt das Beispiel Hertha BSC. Vor einem Jahr noch punktgleich mit dem HSV nur knapp dem Abstieg entgangen, schafften die Berliner in dieser Saison dank ihrer Effektivität den Sprung nach oben. Die Hertha gab in 32 Spielen zwar nur 303 Torschüsse ab und liegt damit abgeschlagen auf dem letzten Platz der Liga. Mit Vedad Ibisevic (zehn Tore) und Salomon Kalou (14 Tore) hat Hertha aber gleich zwei Stürmer, die in den engen Spielen mit ihren Treffern den Unterschied machten. Und so dürfen die Berliner zwei Spieltage vor Schluss sogar noch von der Qualifikation für die Champions League träumen.