Kitzbühel. Franz Beckenbauer hat seine eigene Sichtweise auf den Wirbel beim Fußball-Weltverband. Als neuen Chef wünscht er sich einen Spezl.
Auf seine bekannt unverbindliche Art hat Franz Beckenbauer erneut für den Südafrikaner Tokyo Sexwale als möglichen Nachfolger von Fifa-Präsident Joseph Blatter geworben. „Ich habe den Tokyo genannt, weil er auch im Sport war und ist und weil er sehr intelligent ist. Er hat dazu auch das Netzwerk“, sagte der „Kaiser“ am Dienstag beim von ihm veranstalteten Camp Beckenbauer in Kitzbühel. Dort war Sexwale einer der Stargäste. Ansonsten hielt sich die Bereitschaft der Fußball-Spitzenfunktionäre, über die bedrohliche Schieflage des Weltverbandes Fifa zu sprechen, sehr in Grenzen.
Beim Tagesordnungspunkt „Quo vadis, Fifa“ hieß es am Dienstag: closed session - geschlossene Veranstaltung. Einen denkwürdigen Satz ließ sich Beckenbauer dann aber doch entlocken. „Ich hoffe nur, dass die Ermittlungen nichts bringen“, sagte der 70-Jährige über den ins Visier der Staatsanwaltschaft geratenen Weltverband und dessen Präsidenten.
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PK mit Niersbach und Seifert abgesagt
Laut sind die Rufe nach Transparenz bei der skandalumtosten Fifa. Das Krisenmanagement in den Führungszirkeln des europäischen Fußballs aber läuft weitgehend unter Ausschluss der Öffentlichkeit. Im österreichischen Nobel-Skiort wurde eine Pressekonferenz mit DFB-Präsident und Fifa-Exekutiv-Mitglied Wolfgang Niersbach ebenso abgesagt wie mit Christian Seifert, dem Vorsitzenden der Geschäftsführung der Deutschen Fußball Liga (DFL).
Während Ligapräsident Reinhard Rauball vergangene Woche klare Worte für die Fifa-Krise gefunden und Blatter zu einem Rücktritt zum „frühestmöglichen Zeitpunkt“ aufgefordert hatte, warnte Niersbach vor einer Vorverurteilung von Uefa-Präsident Michel Platini. Allerdings mahnte er auch eine „aktive, transparente Darlegung der Vorgänge“ um die ungeklärten Millionen-Zahlungen Blatters an den Franzosen an. Niersbach gilt als möglicher Anwärter auf den Uefa-Chefposten, sollte Platini auf den Fifa-Thron wechseln - oder über die Affäre stolpern.
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19-jährige Sperre für Kandidat Chung?
Unterdessen muss Fifa-Präsidentschaftskandidat Chung Mong Joon aus Südkorea nach eigenen Angaben mit einer 19-jährigen Sperre durch die Ethikkommission des Weltverbandes rechnen - und könnte damit aus dem Rennen um Blatter-Nachfolge ausscheiden. „Die wirkliche Gefahr ist, dass sie nicht nur aufhören, meine Kandidatur zu sabotieren, sondern auch die Präsidentenwahl und die Fifa selbst zerstören“, sagte der Milliardär auf einer Pressekonferenz in Seoul.
Chung wird demnach vorgeworfen, Fifa-Exekutivmitgliedern eine Finanzierung von Entwicklungsprojekten in Höhe von 777 Millionen Dollar in Aussicht gestellt zu haben. Südkorea befand sich damals im Bewerbungsprozess um die Austragung der WM 2022.
Am 26. Februar wird in Zürich der neue Fifa -Präsident gewählt. Bis zum 26. Oktober 2015 müssen Kandidaten ihre Bewerbung einreichen und die Unterstützung von mindestens fünf nationalen Verbänden vorlegen. Neben Chung haben bislang Platini und Prinz Ali bin al-Hussein aus Jordanien ihren Hut in den Ring geworfen.
Beckenbauer glaubt an deutsches Sexwale-Votum
Über Sexwales Aussichten, das Votum aus Deutschland zu erhalten, meinte Beckenbauer: „Ich glaube sicher, dass der DFB ihn bei der Kandidatenkür unterstützen würde.“ Allerdings galt bisher Niersbach-Freund Platini als der Mann des deutschen Verbandes.
Sexwale war einst als Anti-Apartheid-Aktivist gemeinsam mit Nelson Mandela inhaftiert. Für die Fifa ist er Vorsitzender der Kommission zur Verbesserung der Fußball-Beziehungen zwischen Israel und Palästina. Er gilt als unbelastet in der Korruptionsaffäre des Weltverbandes. „Er hat schon den Geruch der Neutralität“, meinte Beckenbauer über den 62-Jährigen, gab aber zu: „So ganz extern ist er nicht. Er hat ja mitgeholfen, die WM 2010 nach Südafrika zu holen.“
Sexwale selbst äußerte sich nicht konkret darüber, ob er kandidieren werde. Er sei „besorgt“ über die Vorgänge bei der Fifa. Und was ihn selbst angehe: „Wir werden sehen, was passiert.“
Österreichs Verbandsboss wird deutlich
Thomas Bach wollte am Montag als Gastredner und Präsident des Internationalen Olympischen Komitees (IOC) „kein Urteil über Personen“, also über Blatter, abgeben. „Die Fifa präsentiert sich führungslos, sie wirkt paralysiert. Sepp Blatter ist schwer angeschlagen, alles wartet auf die Neuwahl am 26. Februar 2016“, sagte der österreichische Verbandschef Leo Windtner hingegen der „Tiroler Tageszeitung“. Zu Blatters Gegenspieler Platini gebe es noch keine Alternative: „Man wartet, bis sich die Vorwürfe aufklären.“