Hamburg. Der Tscheche über seinen kommenden Gegner Nadal am Rothenbaum: Er „ist der wahrscheinlich beste Sandplatzspieler der Geschichte.“
Es war nicht einfach nur ein Auftaktsieg, und deshalb freute sich Jiri Vesely auch mehr als normal, als er am Mittwochmorgen auf Platz M3 am Hamburger Rothenbaum sein wegen Regens am Dienstag abgebrochenes Erstrundenmatch gegen den Österreicher Andreas Haider-Maurer mit 3:6, 6:1 und 6:0 für sich entschieden hatte.
Für den 22 Jahre alten Tennisprofi aus Tschechien war der Erfolg auch der Appetithappen für das, was an diesem Donnerstag im Achtelfinale wartet: Das erste Einzelduell mit Rafael Nadal, dem spanischen Topfavoriten auf den Titelgewinn. Angesichts solcher Aussichten war das 6:7 (5:7), 2:6-Erstrundenaus im Doppel an der Seite des Bayreuthers Florian Mayer gegen Jamie Murray aus Großbritannien und den Australier John Peers zu verkraften.
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„Natürlich war das eine sehr große Motivation. Als Tennisprofi versuchst du ja, nie weiter als bis zum nächsten Match zu denken. Aber Nadal war schon in meinem Hinterkopf“, sagte der Weltranglisten-45., der zwischen Realismus und Hoffnung schwankte. „Rafael ist der wahrscheinlich beste Sandplatzspieler der Geschichte, selbstverständlich gehe ich als Underdog in die Partie. Aber Überraschungen passieren bei jedem Turnier. Warum also soll mir nicht eine gelingen?“
„Es ist nicht leicht, das Level zu halten“
Vesely sagt all diese Sätze in astreinem Deutsch, was daran liegt, dass er im Alter von zwei Jahren mit seiner Familie nach Deutschland zog. Vater Jiri senior arbeitete in Wolfsburg und Göttingen als Tennistrainer, der Sohn ging bis zur sechsten Klasse in Deutschland zur Schule, ehe die Familie in die Tschechische Republik zurückkehrte. Vesely hätte sich auch für einen Start im deutschen Nationalteam entscheiden können, glaubte aber, in Tschechien bessere Chancen zu haben.
Heute wäre ein Mann seiner Klasse wohl Stammspieler im deutschen Daviscupteam. Vesely, der 2013 als bester Nachwuchsspieler ausgezeichnet wurde, hat sich auf der ATP-Tour etabliert. Spätestens als er zu Jahresbeginn im neuseeländischen Auckland seinen ersten ATP-Titel gewinnen konnte, war auch das Gefühl da, angekommen zu sein im Konzert der Großen.
Wie schwierig es jedoch ist, dort auch zu bleiben, zeigten ihm die sieben Erstrundenpleiten, die er im Anschluss an den Triumph am anderen Ende der Welt erlitt. „Wenn man eine Woche sehr gut gespielt hat und dann sofort zum nächsten Turnier muss, ist es nicht leicht, das Level zu halten. Das musste ich erst lernen“, sagt er.
„Dieser Druck ist hart“
Angesichts der eigenen Erfahrungen kann er sich bestens einfühlen in das, was derzeit über das Hamburger Toptalent Alexander Zverev, 18, hereinbricht. „Dieser Druck, unbedingt überzeugen zu wollen, den man sich vor allem selbst macht, der ist hart. Auf der ATP-Tour ist jedes Match schwer zu gewinnen, meist sind Siege und Niederlagen von wenigen Punkten abhängig. Man springt auf einen sehr schnellen Zug auf und muss lernen, sich festzuhalten“, sagt er.
Die Geduld zu bewahren und das stete Auf und Ab des ersten Profijahres als etwas Unabänderliches hinzunehmen, das sei für ihn in der vergangenen Saison das größte Hindernis gewesen. „Man muss aus Niederlagen viel mitnehmen und Erfahrungen sammeln. Erst in dieser Saison fühle ich mich als vollwertiges Mitglied auf der Tour“, sagt der 198 cm lange Linkshänder.
Dass ihn mittlerweile alle kennen, dass er von Gegnern beobachtet wird und diese ihre Taktik auf ihn einstellen, macht die Sache nicht leichter, ihn andererseits aber auch stolz. „Ich habe es mir verdient, nicht mehr unterschätzt zu werden“, sagt er. Ein Sieg gegen Nadal, dann wird auch in Hamburg niemand seinen Namen vergessen.