New York. Am Sonntagmorgen steigt Wladimir Klitschko im Madison Square Garden gegen Bryant Jennings in den Ring. Beide zeigen sich fokussiert.

Würden Pressekonferenzen vor großen Boxkämpfen in den USA nur wegen ihres Nachrichtenwerts angesetzt, dann könnte man sich deren Besuch sparen. Fragen der anwesenden Medienvertreter sind nicht vorgesehen, stattdessen tragen die Promoter, der örtliche Veranstalter, der Gastgeber, Vertreter des übertragenden Senders und am Ende die Protagonisten der Hauptkämpfe mehr oder weniger inhaltsschwangere Statements vor. Die Runde am Dienstagnachmittag im Madison Square Garden im Herzen Manhattans, wo an diesem Sonntagmorgen (4 Uhr MEZ/RTL live) Dreifachweltmeister Wladimir Klitschko seine Schwergewichtstitel gegen US-Hoffnung Bryant Jennings verteidigt, machte da keine Ausnahme.

Interessant ist jedoch zu verfolgen, wie die beiden Kontrahenten im Verlauf einer Kampfwoche, deren Auftakt traditionell die Pressekonferenz bildet, gefolgt vom öffentlichen Training am Mittwoch und dem offiziellen Wiegen am Freitag, miteinander umgehen. Daraus lassen sich bisweilen Kampfausgänge herauslesen. Im Fall von Klitschko und Jennings jedoch war lediglich festzustellen, dass man es mit Menschen zu tun hat, die einander ein hohes Maß an Respekt entgegenbringen und beide über ein solch gewachsenes Selbstvertrauen verfügen, dass sie es nicht nötig haben, in Rollen zu schlüpfen, die der Vermarktung ihres Ring-Treffens zuträglich sein könnten.

Wie albern im Vergleich der unvermeidliche Shannon Briggs wirkte! Dieser als „Klitschko-Stalker“ zu trauriger Bekanntheit gelangte Ex-Weltmeister, der öffentliche Auftritte des amtierenden Champions nutzt, um sich mit lautem Gebell für einen Kampf anzubieten, war auch in den Garden gekommen. Doch weil niemand wirklich auf sein irres Gebrabbel einging, zog er wieder einmal unverrichteter Dinge ab. „Ich respektiere Shannon für das, was er in seiner Karriere geschafft hat. Aber die Nummer, die er jetzt versucht, um einen Kampf gegen Wladimir zu bekommen, kommt einfach ein paar Jahre zu spät“, sagte Jennings. „Wenn er wirklich substanziell erklären würde, warum er den Kampf verdient hätte, würde ich ihm zuhören. Aber so wirkt er wie ein Trottel.“

Mehr gab es dazu nicht zu sagen. Jennings unterstrich in seinem kurzen Statement auf dem Podium, wie sicher er sei, der neue Weltmeister zu werden, und wünschte Klitschko per Handschlag „viel Glück“, was dieser mit einem Lächeln quittierte. Haben ja schon viele gesagt in den vergangenen Jahren, und dann hatten sie doch keine Chance. Ob es Jennings ebenso gehen wird, bleibt abzuwarten. Vielleicht geben die weiteren beiden Treffen vor dem Kampf mehr Aufschluss darüber. Wenn nicht, wird man bis Sonntagmorgen auf die Antwort warten müssen.