In einem hochklassigen Endspiel holt sich der Serbe zum zweiten Mal in seiner Karriere die bedeutendste Tennistrophäe. Boris Becker freut sich über seinen ersten Grand-Slam-Titel als Trainer.

London. Innig und erleichtert schloss Novak Djokovic seinen Trainer Boris Becker in die Arme. Auf der Tribüne hatte der 46-Jährige mitgelitten, als sein Schützling in einem Endspielkrimi zum zweiten Mal in Wimbledon triumphierte und Roger Federer eine historische Bestmarke auf dem „heiligen Rasen” verwehrte. Mit dem Fünfsatzsieg in einem hochklassigen Endspiel an der Church Road kehrt der 27-jährige Serbe zudem an die Spitze der Tennis-Branchenwertung zurück. 6:7 (7:9), 6:4, 7:6 (7:4), 5:7, 6:4 für Djokovic leuchtete am Sonntag auf der Anzeigentafel auf.

Die Zuschauer erhoben sich von ihren Sitzen, als Djokovic nach 3:56 Stunden mit seinem zweiten Matchball die Partie beendete. Als Prämie gab es rund 2,2 Millionen Euro, Federer verdiente sich die Hälfte. „Das ist das Turnier, von dem ich immer geträumt habe, es zu gewinnen”, sagte Djokovic stolz. „Es ist das beste Turnier, das wertvollste.” Wie vor drei Jahren knabberte er an einem Stück Gras, nachdem er seinem geschlagenen Rivalen die Hand geschüttelt hatte.

Die nackten Zahlen konnten das Tennis-Drama nicht widerspiegeln. 5:2 führte der Serbe bereits im vierten Satz, der Sieg schien seinen Gang zu nehmen. Doch bei 5:4 wehrte Federer nervenstark mit einem Ass den ersten Matchball Djokovics ab - und zwang seinen Kontrahenten in einen fünften Satz. „Nachdem ich den vierten Satz verloren habe, war es nicht einfach, mich wieder zu fangen. Ich weiß nicht, wie ich es geschafft habe”, sagte Djokovic.

Es klingt wie ein Sportmärchen: Am Ort Beckers größter Triumphe, an dem sich der Deutsche selbst dreimal in die Siegerliste eintrug, gelang Djokovic sein siebter Grand-Slam-Titel. Es ist der erste seit 18 Monaten, genau das hatte sich der disziplinierte Perfektionist von dem Engagement erhofft. Rund ein halbes Jahr nach Beginn der Zusammenarbeit widerlegte das ungleiche Duo somit die Skeptiker. Am Montag löst der Serbe erstmals seit September des vergangenen Jahres den Spanier Rafael Nadal wieder als Nummer eins der Tennis-Welt ab.

Der 32-jährige Schweizer, der vom Schweden Stefan Edberg betreut wird, verpasste dagegen trotz seiner Moral eine große Chance. Als erster Spieler wollte der Rekord-Grand-Slam-Sieger zum achten Mal bei den All England Championships triumphieren. Nun schmücken weiterhin 17 Major-Titel seine imponierende Sammlung. „Ich weiß nicht, wie ich es in den fünften Satz geschafft habe. Es hat nicht gut ausgesehen”, sagte Federer und kündigte einen weiteren Versuch an: „Bis zum nächsten Jahr.” Seine süßen Zwillingsmädchen applaudierten.

Es war ein fesselndes Duell zweier Champions mit großen Möglichkeiten, das durch die einstigen Rivalen und heutigen Trainer Becker und Edberg noch eine besondere Note bekam. 24 Jahre nachdem sich die beiden früheren Profis im Wimbledon-Finale selbst ein letztes Mal gegenüberstanden, nahmen sie als ruhende Pole auf der Tribüne Platz. Nur wenige Meter voneinander entfernt.

Der 46-jährige Becker klatschte zwischendurch aufmunternd, Djokovic suchte den Blickkontakt. Auf dem voll besetzten Centre Court, unter den Zuschauern auch Prinz William und seine Frau Kate, boten die beiden Protagonisten auf dem abgetretenen Rasen beste Unterhaltung.

Lange Ballwechsel, spektakuläre Netzangriffe oder Passierbälle und Spannung prägten den finalen Showdown. Im ersten Satz ließ keiner der beiden einen Breakball zu, der Tiebreak entschied. Nach zwei abgewehrten Satzbällen nutzte Federer gleich seinen ersten und bunkerte sich nach 51 Minuten Durchgang eins. Ein lautes „Come on” des zweifachen Zwillingsvaters schallte über den Platz. Doch Djokovic hatte die passende Antwort parat.

Erst einmal hatte Federer in den sechs Matches zuvor seinen Aufschlag seinem Gegner überlassen. Im dritten Spiel des zweiten Satzes gelang dem Serben jedoch ein Break zum 2:1, das den zweiten Durchgang entschied. In einem der Dauer-Duelle im Herren-Tennis, es war der 35. Vergleich zwischen den beiden, ging es ausgeglichen weiter.

Als sich Djokovic den dritten Satz im Tiebreak holte, erhob sich Becker von seinem Sitz, musste anschließend aber mit ansehen, wie sein Schützling eine deutliche Führung wieder hergab. Doch am Ende feierte der Serbe seinen zweiten Wimbledon-Sieg nach 2011. „Zwei unglaubliche und stilvolle Champions”, kommentierte Basketball-Star Dirk Nowitzki auf Twitter.