Im Zuge der Korruptionsaffäre um die Vergabe der Fußball-WM 2022 an Katar kommen immer mehr Details ans Licht, erstmals fällt auch der Name des „Kaisers“. Das berichtet die Sunday Times.
Frankfurt/Main. Die Korruptionsaffäre um die WM 2022 in Katar setzt den Fußball-Weltverband Fifa weiter massiv unter Druck. Vier Tage vor dem Anpfiff des Turniers in Brasilien veröffentlichte die britische Zeitung Sunday Times erneut Anschuldigungen für angebliche Bestechungen und Schmiergeldzahlungen. Erstmals fiel auch der Name von Franz Beckenbauer.
Fünf Monate nach der höchst umstrittenen Entscheidung für den Wüstenstaat sei der heute 68-Jährige zusammen mit Vorständen eines Öl- und Gas-Unternehmens nach Doha eingeladen worden - von der im Zentrum der Vorwürfe stehenden Schlüsselfigur Mohamed Bin Hammam. Die beteiligte Firma, die Beckenbauer damals als Berater angestellt haben soll, teilte der Sunday Times mit, bei dem Treffen seien mögliche Investitionen Katars im martimen Bereich diskutiert worden. Zu einem Vertragsabschluss sei es nicht gekommen.
Beckenbauer, bei der Vergabe an Katar im Dezember 2010 Mitglied im Fifa-Exekutivkomitee, gab auf Anfrage der Zeitung dazu keinen Kommentar ab. Am Donnerstag hatte er in München noch klargestellt: „Mich hat keiner versucht zu beeinflussen oder mir etwas angeboten. Deshalb kann ich nichts dazu beitragen, wenn es um Korruption geht. „ Wie seine Wahl ausfiel, hatte er nie öffentlich gemacht. „Das bleibt geheim”, sagte der „Kaiser”.
Im Mai 2012 war Beckenbauer Partner und Botschafter der Russian Gas Society (RGS) geworden. Die RGS ist die Vereinigung aller gasfördernden Unternehmen in Russland. Wichtigstes Mitglied ist der Gas-Gigant Gazprom. Für ihn sei es eine Ehre mit der RGS, „einer der wichtigsten Wirtschaftsinstitutionen Europas”, zusammenzuarbeiten, sagte Beckenbauer damals.
Bereits in der vergangenen Woche hatte die Sunday Times berichtet, der katarische Unternehmer Bin Hammam habe während seiner Zeit im Fifa-Exko mehrere Offizielle des Weltverbandes mit insgesamt 3,7 Millionen Euro geschmiert, um die WM in sein Heimatland zu holen. Die doppelte Vergabe der Endrunden 2018 nach Russland und 2022 steht im Fokus der Ermittlungen der Fifa-Ethikkommission mit Chefermittler Michael Garcia, der seine Untersuchung am Montag abschließen will.
Die Fifa-Exekutive wies nach einer Sitzung vor dem großen Kongress in Sao Paulo (10. und 11. Juni) nochmals darauf hin, „dass sie die Ethikkommission ihre Arbeit beenden lässt, bevor sie Stellung nimmt”. Den Druck erhöht hat allerdings der langjährige Fifa-Partner adidas. „Wie schon erwähnt, ist der negative Tenor der derzeitigen öffentlichen Debatte um die Fifa weder gut für den Fußball noch für die Fifa und seine Partner”, teilte das Herzogenauracher Unternehmen auf AFP-Anfrage mit. Im japanischen Medien- und Elektronikkonzern Sony, der eine „angemessen Ermittlung” forderte, reagierte am Sonntag ein zweiter Fifa-Sponsor.
Seit geraumer Zeit stehen Bestechungsvorwürfe im Raum. Demnach habe Bin Hammam neben den millionenschweren Überweisungen auch seine wirtschaftlichen und politischen Kontakte missbraucht. So sei es Ende Oktober 2010, kurz vor der Wahl Katars und Russlands, zu einem Treffen mit Wladimir Putin, damals Ministerpräsident Russlands, gekommen, um „bilaterale Beziehungen im Sport” zu diskutieren.
Auch ein Gas-Deal zwischen Thailand und Katar sei von Bin Hammam, der von der Fifa inzwischen lebenslang gesperrt ist, eingefädelt worden. Die BBC berichtet von Treffen der katarischen Königsfamilie mit neun Mitgliedern des Fifa-Exkos, darunter auch Fifa-Präsident Joseph S. Blatter.
Das katarische WM-Organisationskomitee wiederholte seine Erklärung, wonach Bin Hammam weder eine offizielle noch eine inoffizielle Rolle im OK gespielt habe. In einer Stellungnahme des Katar 2022 Supreme Committee for Delivery and Legacy vom Sonntag hieß es: „Katar ist überzeugt davon, dass am Ende dieses angemessenen Prozesses die Vergabe der WM 2022 Bestand haben wird.”
Argentiniens Star Diego Maradona verlangte im Interview mit der Zeitung Al-Itthihad aus Abu Dhabi eine lückenlose Aufklärung: „Wohin ist das Geld gegangen, wer hat es bekommen und warum?” Der 53-Jährige sprach von „riesigen Bestechungen”.