Andrea Petkovic steht unter den letzten Vier beim Sandplatzturnier in Paris. Die Tennisspielerin aus Darmstadt fegte im Eiltempo über die an zehn gesetzte Italienerin Sara Errani hinweg.

Paris/Hamburg. Andrea Petkovic steht im Halbfinale der French Open und erreicht damit als erste Deutsche nach Steffi Graf 1999 die Vorschlussrunde von Roland Garros. Die Weltranglisten-27. aus Darmstadt setzte sich in der Runde der letzten Acht gegen die an zehn gesetzte Italienerin Sara Errani mit 6:2, 6:2 durch und feierte den bislang größten Erfolg ihrer Karriere. Nach 1:03 Stunden verwandelte die immer wieder vom Verletzungspech gebeutelte Petkovic ihren ersten Matchball und konnte ihr Glück kaum fassen. Die 26-Jährige ging als vermeintliche Außenseiterin ins Match und sollte ihre Kritiker eines besseren belehren.

„Ich weiß nicht, was heute los war, aber ich bin sehr glücklich. Es ist unglaublich, ich liebe Paris“, sagte Petkovic noch ein wenig fassungslos auf Französisch im TV-Sender Eurosport. „Ich habe mir gesagt, dass ich aggressiver spielen muss“, meinte sie rückblickend nach der jüngsten Niederlage gegen Errani (5:7, 1:6) in Madrid.

Im Halbfinale trifft Petkovic bereits am Donnerstag auf Simona Halep (Rumänien/Nr. 4), die die einstige Paris-Gewinnerin Swetlana Kusnezowa (Russland/Nr. 27) mit 6:2, 6:2 besiegte. „Es ist etwas schade, dass es gleich weitergeht und man seinen Sieg nicht richtig genießen kann“, meinte Petkovic, die die Regenverzögerung in der Kabine auf ihre Weise nutzte: „Ich habe eine Stunde fest geschlafen.“

Nach zuvor drei verlorenen Major-Viertelfinals (Melbourne, Paris, New York 2011) gelang Petkovic nun im vierten Anlauf zum ersten Mal der Sprung unter die letzten Vier. Steffi Graf hatte das bedeutendste Sandplatzturnier der Welt als bislang letzter deutscher Tennisprofi vor 15 Jahren gewonnen und dabei den letzten ihrer insgesamt 22 Grand-Slam-Titel geholt.

Petkovic startete nervös


Der Beginn des Spiels am Mittwoch hatte sich wegen Dauerregens um drei Stunden verzögert. Auf dem mit rund 9000 Zuschauern gefüllten Court Philippe Chatrier erwischte Petkovic bei windigen Verhältnissen einen schlechten Start und gab prompt ihr erstes Aufschlagspiel ab. Nach gerade mal fünf Minuten lag sie bereits mit 0:2 hinten. Doch fortan spielte die letzte verbliebene Deutsche im Turnier viel aggressiver und dominierte ihre Gegnerin durch spielerische Vielfalt und technisch beeindruckende Schläge. Petkovic diktierte nahezu jeden Ballwechsel.

Mit ihrem dritten Break und dem sechsten Spielgewinn in Serie holte sich Petkovic den ersten Satz nach nur 27 Minuten, als sie von einem Vorhandfehler der Weltranglistenelften Errani profitierte, die 2012 das Finale von Paris gegen Maria Scharapowa (Russland) verloren hatte.

Auch danach blieb Petkovic, die gegen Errani erst vor knapp vier Wochen in Madrid (5:7, 1:6) verloren hatte, die druckvollere Spielerin. Die ehemalige Nummer neun der Welt attackierte immer wieder den schwachen Aufschlag der kleinen Italienerin.

Als erste der beiden Spielerinnen brachte Petkovic im zweiten Satz ihr Service zum 3:2 durch. In ihrem ersten Grand-Slam-Viertelfinale seit September 2011 punktete die 26-Jährige immer wieder mit der Rückhand die Linie entlang und nahm Errani das Aufschlagspiel zum 4:2 ab. Als Petkovic unmittelbar danach nervenstark zwei Breakbälle abwehrte, waren die Weichen auf Sieg gestellt. „Mitentscheidend war, dass ich mental ständig in einer Zone war“, weiß Petkovic.

„Petko“ hätte in Paris fast ihre Karriere beendet


Dem Matchball folgte ein Freudensprung. Den „Petko-Dance“ aber zeigte die frischgebackene Paris-Halbfinalistin nicht. Vor einem Jahr hatte sie ausgerechnet im Stade Roland Garros ihre Karriere beenden wollen, nachdem sie in der Qualifikation verloren hatte. „Ich bin so froh, dass ich es nicht gemacht habe“, sagte „Petko“.

Nun ist der Charakterkopf endgültig zurück auf der ganz großen Bühne. Sehr zur Freude der internationalen Medienschar, die mit der Einser-Abiturientin gerne über Goethe und Nietzsche plaudert. In der L'Equipe hatte Petkovic am Mittwoch verraten, dass sie Barack Obama und Angela Merkel gut findet.

Auch auf dem Court traut Rittner der Fernstudentin mit Blick aufs Halbfinale noch einiges zu. „Andrea ist extrem bereit, für etwas hart zu arbeiten. Aber sie kann sich noch steigern, wenn ich sehe, was sie im Training teilweise spielt“, sagte Fed-Cup-Teamchefin Barbara Rittner.

Görges und Grönefeld im Mixed-Finale


Kurz darauf haben die beiden Fed-Cup-Spielerinnen Julia Görges (Bad Oldesloe) und Anna-Lena Grönefeld (Nordhorn) Tennis-Geschichte geschrieben. Die beiden Deutschen stehen sich am Donnerstag im Mixed-Finale der French Open gegenüber. An ihrem 29. Geburtstag gewann Grönfeld zusammen mit ihrem niederländischen Partner Jean-Julien Rojer das Halbfinale gegen die an drei gesetzten Jaroslawa Schwedowa/Bruno Soares (Kasachstan/Brasilien) mit 3:6, 7:6 (7:4), 10:5.

Zuvor hatten Görges und ihr Partner Nenad Zimonjic (Serbien/Nr. 8) dem Duo Timea Babos/Eric Butorac (Ungarn/USA) beim 6:2, 6:2 kaum eine Chance gelassen.

Zwei deutsche Spielerinnen hatten sich bis dato noch nie in einem Mixed-Finale bei einem Grand-Slam-Turnier gegenübergestanden. 2009 hatte Grönefeld, die eng mit der ehemaligen Stuttgart-Siegerin Görges (25) befreundet ist, den Mixed-Titel in Wimbledon mit Mark Knowles (Bahamas) gewonnen.

Sandplatzkönig Nadal im Halbfinale


Bei den Herren hat Sandplatzkönig Rafael Nadal bei seiner Mission Titelverteidigung erstmals Schwäche gezeigt, steht aber trotzdem im Halbfinale. Einen Tag nach seinem 28. Geburtstag bezwang der topgesetzte Spanier seinen Landsmann David Ferrer in 2:55 Stunden mit 4:6, 6:4, 6:0, 6:1 und gab beim diesjährigen Turnier erstmals einen Satz ab. „Das war nicht einfach heute. David gehört zu den besten Spielern der Welt, ich musste mich steigern, um am Ende zu gewinnen“, sagte Nadal.

Für den 13-maligen Grand-Slam-Champion war es in Roland Garros der 33. Sieg in Folge und der 64. Erfolg im 65. Match in Paris seit 2005. Im Halbfinale trifft „Rafa“, der seinen neunten Titel am Bois de Boulogne anstrebt, am Freitag auf Wimbledonsieger Andy Murray (Großbritannien/Nr. 7), der Lokalmatador Gael Monfils (Frankreich/Nr. 23) in einem packenden Match mit 6:4, 6:1, 4:6, 1:6, 6:0 in die Schranken wies.

In einer Neuauflage des letztjährigen Finals erwischte Linkshänder Nadal gegen Ferrer einen schlechten Start. Nach 49 Minuten musste der Topfavorit den ersten Satz abgeben, obwohl er zuvor von 27 Duellen mit seinem Davis-Cup-Kumpel nur sechs verloren hatte. Eines davon allerdings Mitte April im Viertelfinale von Monte Carlo. Im Anschluss fing sich Nadal aber und forcierte den Druck auf den Weltranglistenfünften Ferrer.

Am Dienstag hatten sich bereits Becker-Schützling Novak Djokovic (Serbien/Nr. 2) und der Lette Ernests Gulbis (Nr. 18) für das Halbfinale qualifiziert.

Sollte Nadal seinen neunten French-Open-Titel gewinnen, hätte er den nächsten Rekord in Reichweite. Es wäre sein 45. Sandplatztitel (Einzel). Nur der Argentinier Guillermo Vilas (46 Titel) steht in dieser Statistik noch knapp noch vor dem Spanier.