Am Donnerstag beginnt im Hamburger Westen das Spring- und Dressurderby. Es verspricht erneut Weltklassespektakel und eine großartige Atmosphäre. Veranstalter erwarten 75.000 Zuschauer.
Hamburg. Die Latte liegt hoch: Es bedarf enormer Anstrengungen, das Topniveau der Vorjahre zu halten und das Pferdefestival in Klein Flottbek weiterhin auf Siegkurs zu steuern. Von Himmelfahrt bis Sonntag steht an der Jürgensallee Weltklassesport auf dem Programm. Höhepunkte sind die Global Champions Tour am Sonnabend sowie das 85. Deutsche Springderby am Tag darauf. Auf dem traditionsreichen Parcours wetteifert die internationale Elite um insgesamt 850.000 Euro Preisgeld und Lorbeer, der unbezahlbar ist. 500 Pferde aus 26 Ländern sind dabei.
Wegen der hohen Hürden drückt Turnierchef Volker Wulff dezent auf die Erwartungsbremse. „Wir peilen insgesamt 75.000 Zuschauer an“, sagt der Chef des Vermarkters En Garde aus Uthlede bei Bremen, dessen Agentur die abgehalfterte Veranstaltung 2000 übernahm und zu neuer Blüte führte. Zwar wurden im Vorjahr 81.700 Gäste gezählt, doch sei dieser Rekord auf auswärtige Besucher des Hafengeburtstags zurückzuführen. Grund zwei sei das exzellente Wetter gewesen.
Kein Wunder, dass Wulff am Dienstag regelmäßig eine Wetter-App auf seinem iPad studierte. Stimmt die Vorhersage, erwarten Publikum wie Reiter nach einem Zwischentief von Donnerstag an ideale Witterungsverhältnisse. 25 Mitarbeiter von En Garde und 500 weitere Helfer sowie Standpersonal auf der Anlage haben alle Hände voll zu tun, den passenden Rahmen für ein würdiges Großereignis zu schaffen, das Hamburgs Nimbus als Pferde-Hauptstadt manifestiert, denn auch das 56. Deutsche Dressurderby dient als Magnet.
Ein Großteil der Würze ist die Spekulation um den Derbysieger. Gewinnt ein Favorit das Blaue Band? Oder ein umjubelter Außenseiter wie 2013 Gilbert Tillmann aus dem Rheinland, dessen mittlerweile pensionierter Wallach Hello Max in jungen Jahren bei einem Karnevalsumzug mitlief? Landen die Reitersleut aus Mecklenburg einen weiteren Coup? Oder schafft zum 25. Mal seit 1920 ein Sportler aus dem Ausland den Coup, möglichst fehlerfrei über 1250 Meter und so schwierige Hindernisse wie Pulvermanns Grab, Holsteinische Wegesprünge oder den drei Meter hohen Großen Wall zu kommen?
Es kommen 25 der weltbesten 50 Reiter
Sicher ist, dass es den Einheimischen wie Christian Ahlmann, Ludger Beerbaum, Marcus Ehning, Meredith Michaels-Beerbaum oder den Lokalmatadoren und früheren Derbysiegern Nisse Lüneburg und Carsten-Otto Nagel schwer gemacht wird. Denn 25 der weltbesten 50 Reiter geben Klein Flottbek die Ehre.
Entsprechend groß ist die Nachfrage nach Karten für die Haupttribüne und die Stehplätze. „So gewaltig war der Andrang noch nie“, sagt Volker Wulff. Dies gelte ebenso für den VIP-Bereich mit 900 Plätzen. Im weißen Doppeldeckerzelt sind am Derbytag sämtliche Tische besetzt, während es für die ersten drei Tage noch Tickets gibt. Denn in Klein Flottbek gilt: Wer bezahlt, darf sich als Ehrengast fühlen. Natürlich hat die wahre Prominenz wie Reiterin Athina Onassis aus der griechischen Reederdynastie freien Zugang.
Die Top fünf gehen komplett an den Absprung, darunter die Nummern eins und zwei, Scott Brash und Ben Maher aus Großbritannien, mit ihren Starspringern Hello Sanctos und Aristo Z. Auch ihr Equipekollege Nick Skelton, der in Belgien lebende Weltcupsieger Daniel Deußer, der Kanadier Eric Lamaze und Europameister Roger Yves Bost aus Frankreich satteln auf. „Außer bei Olympischen Spielen oder Weltmeisterschaften gibt es kein hochkarätigeres Teilnehmerfeld“, stellt Turnierchef Wulff fest.
Allerdings haben nicht alle Cracks ein Pferd parat, das für den speziellen Derbyparcours geeignet ist und entsprechend trainieren konnte. Vielmehr haben sie die mit 285.000 Euro dotierte Global Champions Tour am Sonnabend im Visier. Diese Attraktion mit zwei Umläufen und anschließendem Stechen ist nach Antwerpen und Madrid dritte Station der Serie. Danach geht es in Shanghai und Cannes weiter. Janne Friederike Meyer, Hamburgerin mit Wohnort Schenefeld, muss in der Champions Tour diesmal passen: Ihr Olympiapferd Cellagon Lambrasco ist an der Sehne schwer verletzt und wird am Sonnabend vor der Haupttribüne offiziell verabschiedet.
Dafür will sie es in der Derby-Qualifikation am Donnerstag (9.20 Uhr) und Freitag (14.15 Uhr) aller Voraussicht nach mit Luke McDonald wagen, einem springstarken, indes noch unerfahrenen zwölfjährigen Hengst aus Bayern. Die Konkurrenz ist stark: 94 Rivalen wetteifern um 35 Startplätze für das 85. Deutsche Derby, das erstmals von der Kaffeefirma J. J. Darboven präsentiert wird.
Und wenn der Siegreiter am Sonntag gegen 17 Uhr auf seinem Pferd zur Ehrenrunde aufgaloppiert, werden mehr als 20.000 Zuschauer erneut die sizilianische Seite ihrer hanseatischen Seele zeigen. Die Latte liegt hoch, keine Frage, aber in dieser Beziehung ist Hamburg tatsächlich Weltklasse.