Severin Freund soll von der Normalschanze aufs Podium fliegen

Sotschi. Der Kuschelkurs ist vorbei, Werner Schuster will endlich Medaillen sehen. Seit fünf Jahren trainiert der Österreicher die deutschen Skispringer, der Aufwind ist unverkennbar, doch bei Großereignissen gab es immer wieder Enttäuschungen. Bei Olympia in Sotschi steht seine Aufbauarbeit nun auf dem Prüfstand. Und das weiß Werner Schuster auch. „Wir wollen im Einzel eine Medaille. Und wir haben mit Severin Freund und Andreas Wellinger zwei Eisen im Feuer. Der Sprung, der zählt, findet am Sonntag statt“, sagte Schuster nach dem ersten Training auf der kleinen Olympiaschanze. Am Sonntagabend (18.30 Uhr) werden in den Bergen die ersten Medaillen vergeben – und die deutschen Weitenjäger wollen kräftig mitmischen.

Freund bewies bereits im Training, dass mit ihm zu rechnen ist. In den ersten drei Durchgängen belegte er die Plätze zwei, drei und sechs. „Ich bin ganz gut gesprungen, das stimmt. Als Favorit sehe ich mich aber nach wie vor nicht. Ich habe Chancen, aber dazu muss ich meine besten Sprünge machen“, sagte der 25-Jährige, der schon bei der Generalprobe in Willingen mit zwei Podestplätzen seine Topform untermauert hatte.

Freund steht aber ebenso für das Dilemma der deutschen Skispringer. Zweimal Vierter bei Weltmeisterschaften, bei der Vierschanzentournee noch nie vorne dabei – bei Großereignissen ist der Knoten beim Bayern noch nicht geplatzt. Werner Schuster glaubt dennoch an seinen Vorflieger. „Severin ist hier in Sotschi sofort mit der Schanze zurechtgekommen. Das war wichtig“, sagte der Bundestrainer.

Vielleicht gelingt aber auch Andreas Wellinger ein Coup. „Ich bin hier von Sprung zu Sprung besser geflogen. Das kann bis Sonntag gerne so weiter gehen“, sagte der 18-Jährige. Den in seiner Form schwankenden Richard Freitag bezeichnete Schuster dagegen als „Jolly Joker“ mit dem Potenzial für Großes, Andreas Wank als vierter Starter habe „Außenseiterchancen“.

Doch die Konkurrenz für die Deutschen ist groß. Als Favorit gilt Weltmeister Kamil Stoch aus Polen, der in Willingen zuletzt einen Doppelsieg feierte. Dahinter lauert wie immer eine ganze Armada aus Österreich: Gregor Schlierenzauer will endlich sein erstes Einzelgold bei Olympia, Thomas Diethart hofft nach seinem Tournee-Sieg auf den nächsten Paukenschlag, und Thomas Morgenstern ist vier Wochen nach seinem Sturz in Bad Mitterndorf alles zuzutrauen. Und dann ist da noch Simon Ammann. 2002 in Salt Lake City gewann der Schweizer völlig überraschend Gold von beiden Schanzen, 2010 wiederholte er dieses seltene Kunststück. Zuletzt fehlte dem Eidgenossen, der als erster Skispringer fünfmal Gold gewinnen kann, die Form. Dennoch ist mit ihm zu rechnen.