Der FC Bayern sah gegen Manchester City lange wie der sichere Sieger aus, doch ein unberechtigter Elfmeter und ein Patzer von Boateng sorgten beim 2:3 für die Wende. Leverkusen gewann mit 1:0 gegen San Sebastian.

München/San Sebastián. Der FC Bayern hat mal wieder ein Spiel verloren - und das nach einem 2:0-Traumstart. Beim 2:3 (2:1) gegen Manchester City riss am Dienstagabend in der eigenen Arena die Rekordserie des Triple-Siegers von zehn Champions-League-Erfolgen nacheinander.

Dank des ersten Auswärtssieges seit elf Jahren und tatkräftiger Unterstützung von Manchester United hat Bayer Leverkusen das Achtelfinale der Champions League erreicht. Der Bundesliga-Zweite gewann am letzten Gruppenspieltag beim bereits zuvor ausgeschiedenen spanischen Team Real Sociedad San Sebastian mit 1:0 (0:0) und nutzte damit die Steilvorlage aus England.

Manchester, das Bayer vor zwei Wochen durch ein 5:0 in der BayArena gedemütigt hatte, bezwang den Leverkusener Konkurrenten Schachtjor Donezk mit 1:0 und sicherte sich nach dem Weiterkommen auch den Gruppensieg.

Einziger Trost für die Münchner nach einem wilden Fußballspiel war der Einzug ins Achtelfinale der Königsklasse als Gruppensieger. Denn trotz der höchst vermeidbaren Pleite blieb das Team von Trainer Pep Guardiola dank des 3:1-Hinspielsiegs knapp vor den punktgleichen Engländern und geht so im Achtelfinale Schwergewichten wie Real Madrid, Manchester United oder Paris St. Germain aus dem Weg.

Thomas Müller (5. Minute) und Mario Götze (12.) hatten mit ihren Treffern scheinbar schon für den sechsten Sieg im sechsten Gruppenspiel gesorgt. Doch vor 68.000 Zuschauern drehten David Silva (28.), Aleksandar Kolarov (59./Foulelfmeter) und James Milner (62.) noch die Partie und sorgten so für eine Woche vor dem Halbfinale der Klub-WM für einen Stimmungsdämpfer beim deutschen Rekordmeister.

„Man muss es besser spielen als wir heute. Gut ist, dass wir mit der Niederlage leben können“, sagte Kapitän Philipp Lahm, der zwei Wochen nach seiner Muskelzerrung ins Team zurückgekehrt war, dem TV-Sender Sky. Coach Guardiola erklärte: „Es ist nie gut, ein Spiel zu verlieren. Aber vielleicht brauchen dieser Verein, der Trainer und die Mannschaft eine Niederlage, um zu wissen, wie schwierig es ist, ein Spiel zu gewinnen.“

Beide Teams waren schon vor der Partie für die K.o.-Phase qualifiziert, City schonte daher eine Reihe von Stammkräften für das Premier-League-Topspiel gegen Spitzenreiter FC Arsenal am Sonnabend. Mit einem bärenstarken Beginn ließen die Hausherren zunächst keinen Zweifel daran, dass sie Guardiolas Forderung nach dem Gruppensieg in die Tat umsetzen wollten.

Nach vier Minuten fand Dantes weiter Pass Müller, der Englands Nationaltorwart Joe Hart mit seinem platzierten Schuss ins linke Eck keine Chance ließ. Sechs Minuten später kam der anfangs kaum zu bremsende Franck Ribéry nach einem Fehler von Joleon Lescott dicht neben dem Gäste-Tor an den Ball, scheiterte aber an Hart und dem rechten Pfosten. Der anschließende Eckball landete dann über Mario Mandzukic bei Götze, der frei stehend auf 2:0 erhöhte.

Beide Treffer fielen allerdings aus abseitsverdächtiger Position. Dennoch: Es war die schnellste 2:0-Führung des FC Bayern überhaupt in seinem 181. Champions-League-Auftritt. Dann allerdings verloren die Münchner den Faden. Das Spiel der Gastgeber war nun nicht mehr präzise genug, in der Defensive öffneten sich immer mehr Räume für Manchester. Eine Nachlässigkeit von Jérome Boateng, einst selbst bei City aktiv, nutzte David Silva aus kurzer Distanz zum Anschlusstor. Erst am Ende des Durchgangs drehten die Münchner nochmal kurz auf und hätten durch Götze (43.) und Müller (45.) erhöhen können.

Nach Wiederbeginn kippte die Partie dann völlig unerwartet. Nachdem Nationaltorwart Manuel Neuer gegen Edin Dzeko noch den Ausgleich verhindern konnte (51.), war er bei Kolarovs Strafstoß machtlos. Der bereits verwarnte Dante hatte Milner zu Fall gebracht und hätte dafür sogar Gelb-Rot sehen müssen. Damit aber nicht genug: Bei einem Konter schlug der schwache Boateng nach einer Flanke von Jesus Navas über den Ball, Milner traf zur Führung für die Engländer.

Bayer Leverkusen feiert den Einzug ins Achtelfinale

Während die Bayern einen Dämpfer erhalten haben, war die Freude bei Bayer riesig. „Wir sind sehr selbstbewusst aufgetreten und sind geduldig aufgetreten. Wir wussten, dass wir unsere Chancen bekommen. Wenn man die 90 Minuten sieht, war unser Sieg hochverdient. Deshalb sind heute Abend eine Zigarre und ein Gläschen Wein drin.“

Sehr zufrieden war auch Trainer Sami Hyppiä: „Die Mannschaft hat heute wieder Charakter gezeigt. Ich habe am Anfang gedacht, dass wir ein bisschen müde sind. Aber dann haben wir ins Spiel gefunden und auch viele Chancen gehabt. In der Pause habe ich gesagt, dass wir ein Tor aus einer Standard-Situation machen.“

Bayers siebten Einzug in die K.o.-Runde bei der achten Teilnahme in der europäischen Königsklasse sicherte Innenverteidiger Ömer Toprak (49.). Der Deutsch-Türke feierte seinen Treffer mit einem Tänzchen mit seinem „doppelten Landsmann“ Emre Can, der zehn Minuten später jedoch Frust schob: Der Linksverteidiger sah seine dritte Gelbe Karte im laufenden Wettbewerb und ist damit für das Achtelfinal-Hinspiel im Februar gesperrt.

Den ersten Auswärtssieg in der Champions League seit 2002 (2:0 bei Maccabi Haifa) strebte Bayer-Coach Sami Hyypiä mit der exakt selben Startformation an, die am Samstag mit dem 1:0 bei Borussia Dortmund ein echtes Ausrufezeichen gesetzt hatte. Sein Gegenüber Jagoba Arrasate gab in Enaut Zubikarai unter anderem den Ersatztorhüter eine Bewährungschance, bot im Bestreben, wenigstens zum Abschluss der Gruppenphase noch einen Sieg zu feiern, aber seine besten Stürmer Antoine Griezmann und Carlos Vela auf. Griezmann hat in den vorherigen neun Pflichtspielen achtmal getroffen, Vela war bei Anpfiff der einzige Real-Profi, der je in der Champions League getroffen hat.

Vor 23.408 Zuschauern im Stadion Anoeta schenkten sich beide Teams von der ersten Minute an nichts. Bayer präsentierte sich von Beginn an motiviert und konzentriert, doch auch die Basken zeigten früh, dass sie nicht gewillt waren, das Spiel abzuschenken. Die ersten Riesenchance des Spiels besaß die Werkself, als der spanischstämmige Gonzalo Castro - von neun Familienmitgliedern auf der Tribüne unterstützt - einen Freistoß aus knapp 20 Metern ans Lattenkreuz setzte (11.).

Bayer machte weiter Druck, Kapitän Simon Rolfes köpfte nach Freistoß von Castro aber knapp drüber (23.), Stefan Kießling zielte nach einem Konter vorbei (28.), der meist zu hektische Heung-Min Son (41.) und der sehr eifrige Lars Bender (43.) scheiterten an Zubirakai. Aber auch San Sebastian war gefährlich. Bayer-Keeper Bernd Leno rettete zweimal couragiert gegen Griezmann (18./30.) und hatte Glück, als Vela Sekunden vor der Pause an einer Hereingabe des agilen Franzosen vorbeirutschte.

Nach der Pause kam Bayer mit noch mehr Entschlossenheit zurück und wurde prompt belohnt: Zunächst parierte Zubirakai einen Kopfball von Kießling nach einer Flanke des eingewechselten Robbie Kruse glänzend, nach der anschließenden Ecke von Castro nutzte Toprak die Konfusion in der baskischen Abwehr und drückte den Ball über die Linie. Der enorm fleißige, aber glücklose Kießling verpasste daraufhin zweimal die Vorentscheidung denkbar knapp: Zunächst köpfte er als Lattenkreuz (56.), dann in die Arme von Zubirakai (61.). Auf der Gegenseite parierte Leno einen fiesen Aufsetzer von Rubén Pardo hervorragend (62.).

Hyypiä informierte sich nicht - wie zuvor ironisch angemerkt - selbst via Handy über den Stand der Parallel-Partie, war aber durch seine Mitstreiter auf der Bank stets über das Geschehen in Manchester informiert. Und jubelte in der 67. Minute seines Spiels entsprechend, als ihn die Kunde von der United-Führung erreichte.

Beste Bayer-Spieler waren Castro und Can. Bei San Sebastian ragten Zubikarai und Griezmann heraus.