In einem umkämpften Länderspiel haben sich Deutschland und Italien beim 1:1 in Mailand nichts geschenkt. Damit bleibt das DFB-Team auch nach 18 Jahren weiter sieglos gegen die Squadra Azzurra.

Mailand. Auch beim Jubiläum von Joachim Löw hat die deutsche Nationalmannschaft ihren Italien-Fluch nicht gebannt. Im 100. Spiel von Löw als Bundestrainer musste sich die DFB-Elf in Mailand nach ordentlicher Leistung mit einem 1:1 (1:1) begnügen und wartet nun seit 18 Jahren und bereits sieben Partien auf einen Sieg gegen die Squadra Azzura.

Schreckgespenst Mario Balotelli schlug 505 Tage nach seinem Doppelschlag beim 2:1 im EM-Halbfinale 2012 zwar nicht zu, dennoch offenbarte die deutsche Elf sieben Monate vor der WM in Brasilien in der Defensive wieder einmal einige Schwächen. Mats Hummels hatte die Löw-Elf in einem intensiven, aber nur manchmal hochklassigen Spiel durch einen Kopfballtreffer in Führung gebracht (8.) und somit das erste Tor im neuen weißen WM-Outfit erzielt, Ignazio Abate glich aber aus (28.). In der Nachspielzeit traf Benedikt Höwedes den Pfosten, Sven Bender behinderte Marco Reus beim Nachschuss.

Bereits am Dienstag (21 Uhr/ARD und im Liveticker auf abendblatt.de) steht für den Weltranglistenzweiten in London gegen England der nächste Klassiker auf dem Programm. Dabei droht jedoch nach Bastian Schweinsteiger und Ilkay Gündogan der dritte „Sechser“ auszufallen. Sami Khedira, Mittelfeldstar von Real Madrid, verletzte sich bei einem eigenen Foul gegen Andrea Pirlo möglicherweise schwerer am Knie (66.).

Offensiv deutete die deutsche Elf in der starken ersten halben Stunde ihr großes Potenzial an. Das Experiment mit der „falschen Neun“ funktionierte jedoch erneut nicht richtig. Zunächst mühte sich in Abwesenheit von Rekord-Torjäger Miroslav Klose und Mario Gomez Mario Götze vergeblich in vorderster Front, dann löste ihn Mesut Özil ab und machte es wie zuletzt gegen Irland (3:0) kaum besser. Erfolgreich praktiziert wurde die Variante 2013 allein mit Götze gegen die international zweitklassigen Kasachen.

„Das gibts doch nicht“, entfuhr es Thomas Müller am ZDF-Mikrofon bei Ansicht des Pfostenschusses in der Nachspielzeit: „Aber ich weiß nicht, wem ich dafür einen Vorwurf machen soll. Aber das passte zu dem Spiel. Ich hätte es gerne gewonnen.“ Die Italiener seien „taktisch sehr gut“ gewesen, Müller ärgerte sich aber über die Nickligkeiten: „Das waren die Italiener, wie man sie kennt. Und der Schiedsrichter hat es das ganze Spiel über mitgemacht.“ Toni Kroos wollte die Härte nicht überbewerten. „Nur sowas bringt einen weiter“, meinte er. Die Szene, als Thiago Motta ihm den Finger ins Auge stach, ärgerte ihn dennoch: „Das nennt man wohl Tätlichkeit. Aber wurscht.“

Für die verletzten Schweinsteiger und Gündogan setzte Löw im defensiven Mittelfeld neben Khedira überraschend wieder auf Kapitän Philipp Lahm. Der 30-Jährige hatte die Rolle in der DFB-Auswahl zuletzt schon in der Schlussphase in Schweden eingenommen. Rechtsverteidiger spielte dafür Benedikt Höwedes. Den erkrankten Abwehrchef Per Mertesacker ersetzte Hummels. Dieser war der einzige Dortmunder in der Startelf, dagegen standen gleich sechs Spieler von Bayern München.

Zur Stabilität trugen die Veränderungen zunächst nicht bei. Schon nach 41 Sekunden verfehlte Balotelli knapp das Ziel. Nur zwei Minuten später war es ein Freistoß von Italiens Routinier Pirlo, der sich nur knapp über das deutsche Tor senkte.

Umso überraschender ging das DFB-Team dann bei ihrer ersten Offensivaktion in Führung. Nach Eckball von Toni Kroos war Hummels zur Stelle: Dessen Kopfball prallte unhaltbar für Gianluigi Buffon vom Innenpfosten ins Netz.

Das DFB-Team gewann nun an Sicherheit und wäre kurz darauf beinahe zum 2:0 gekommen. Erneut war Kroos mit einer Ecke Vorbereiter, diesmal verfehlte der Kopfball von Benedikt Höwedes aber um Zentimeter das Ziel.

Bei Italien, das Löw noch unter der Woche für seine Abgezocktheit gelobt hatte, zeigte dies einige Zeit Wirkung. Das DFB-Team ließ den Ball im Mittelfeld geschickt laufen und bestimte so meist Tempo und Geschehen. Pech hatte Khedira bei einem Pfostenschuss (17.), ebenso wie André Schürrle, dessen Schuss die Latte streifte (32.).

Nach knapp einer halben Stunde fingen sich die Gastgeber wieder etwas. Der Ausgleich wurde aber von den Deutschen begünstigt. Zunächst landete ein Ball von Hummels statt bei Kroos bei Abate. Der spielte Doppelpass mit Leonardo Bonucci, den wiederum Khedira nicht entscheidend attackieren konnte. Beim anschließenden Schuss von Abate hatte Manuel Neuer keine Abwehrchance. Der Ausgleich sorgte für einen Bruch im Spiel der bis dahin so überzeugenden DFB-Elf.

Nach dem Wechsel wurde das Spiel etwas ruppiger und Löws Sorgenfalten wurden unabhängig vom Spiel immer tiefer. Zunächst fiel Thomas Müller im Zweikampf mit dem früheren Wolfsburger Andrea Barzagli unglücklich auf die Hand und musste minutenlang behandelt werden. Kurz darauf verletzte sich Khedira bei einem Foul von Domenico Criscito und wurde ebenfalls versorgt.

Dies alles - Kapitän Lahm sah wegen Meckerns über das Criscito-Foul noch die Gelbe Karte - hemmte den Spielfluss der Gäste. Doch Neuer bestand seine erste echte Bewährungschance gegen Claudio Marchisio (51.), dann nutzten Balotelli und Riccardo Motolivo - Sohn einer deutschen Mutter - die Konfusion im deutschen Strafraum nicht (57.).

Nach einer knappen Stunde brachte Löw Marco Reus und Özil für Schürrle und Götze, kurz danach wegen Khediras Verletzung Lars Bender. Doch auch danach fehlte dem deutschen Spiel die Sicherheit. Es fehlten die Akzente und der durchdachte Spielaufbau, klare Torchancen gab es nach dem Wechsel folglich lange Zeit überhaupt nicht. Am Ende wurde kaum noch Fußball gespielt, die Hektik regierte und Thiago Motta entging nur durch Glück der Roten Karte. Beste Spieler der DFB-Elf waren Khedira und Kroos. Bei den Italienern gefielen vor allem Barzagli und Pirlo.