Ribery muss Frankreich zur WM nach Brasilien führen. Ein Scheitern in den Play-offs gegen die Ukraine wäre eine Katastrophe - für das Land, aber auch für Ribery. Denn das Aus würde seine Chancen bei der Wahl zum Weltfußballer des Jahres schmälern.
Paris. Für den Fußball-Kaiser ist die Sache längst geritzt. „Natürlich kommen die Franzosen weiter“, sagte Lichtgestalt Franz Beckenbauer vor den WM-Play-offs der Equipe Tricolore gegen die Ukraine (15. und 19. November): „Und zwar, weil's den Ribery haben.“
Wenn der Weltmeister von 1998 und Europameister von 2000 am Freitag (20.45 Uhr) in Kiew den ersten wichtigen Schritt auf dem Weg zur Endrunde 2014 in Brasilien machen will, ruhen die Hoffnungen einer ganzen Nation auf den Schultern von Franck Ribery. Der kleine, große Ballvirtuose von Triple-Gewinner Bayern München muss sein Team nach Südamerika führen.
Alternativen? Fehlanzeige. „Es ist nie einfach, einem solchen Druck Stand zu halten“, betonte der 30 Jahre alte Offensivspieler, „aber ich habe mittlerweile viel Erfahrung und es geht nun darum, weiterhin stark zu spielen und für die entscheidenden Akzente zu sorgen. Ich bin bereit.“ Zu Europas Fußballer des Jahres passt diese Schlüsselrolle perfekt, denn an das Schicksal der Franzosen ist irgendwie auch Riberys persönliche Fügung geknüpft.
Will sich der 1,70 m große Dribbelkünstler am 13. Januar 2014 ein Denkmal setzen und als Weltfußballer des Jahres den Ballon d'Or einheimsen, ist eine WM-Teilnahme quasi Voraussetzung. „Natürlich denke ich während des Spiels immer wieder daran“, gab Ribery zu. Er wolle weiter vor allem „Spaß haben und ohne Druck spielen“. Klar sei aber natürlich auch, „dass ich diesen Titel haben will“.
Erst Weltfußballer, dann Weltmeister? Für Ribery sicherlich eine verlockende Vorstellung. Dass sich der Franzose zumindest nicht zu George Best gesellen und wie der legendäre Nordire als „König von Europa“ eine WM-Endrunde verpassen wird, davon ist Beckenbauer überzeugt. „Es wird nicht leicht. Die Ukraine hat eine gute Mannschaft“, äußerte der Kaiser: „Aber mit dem Rückspiel zu Hause (in Paris, d. Red.) werden sie es klarmachen.“
Auch die Statistik spricht dabei klar für Frankreich. Keines der insgesamt sieben Duelle hat die Grande Nation verloren, die Ukraine scheiterte zudem 1997, 2001 und 2009 bei all ihren Versuchen, über die K.o.-Spiele doch noch das WM-Ticket zu lösen. Frankreich hingegen überstand die vergangene „Ehrenrunde“ 2009 dank eines denkwürdigen Treffers, den Thierry Henry mit der Hand erzielt hatte. Es war die Ouvertüre zu einer völlig verkorksten WM 2010 in Südafrika, bei der Frankreich bereits in der Vorrunde die Segel streichen musste und vielmehr durch mannschaftsinterne Querelen für Negativ-Schlagzeilen sorgte. „Das war sehr schwierig für uns. Wir müssen das mit einer guten WM wieder vergessen machen und ein gutes Image schaffen“, sagte Ribery.
Dass dabei alle Kräfte gebündelt werden sollen, zeigt die Rückholaktion des zuletzt nicht mehr berücksichtigten Patrice Evra. Der Außenverteidiger von Manchester United hat Bixente Lizarazu, immerhin Weltmeister von 1998, öffentlich als „Flittchen“ und „Schmarotzer“ beschimpft. Bei der Skandal-WM in Südafrika war Evra als Kapitän einer der Rädelsführer.
Und nun? Alles vergessen. Und mehr noch: Vor den wohl wichtigsten Spielen seit seinem Amtsantritt im vergangenen Jahr rief Nationaltrainer Didier Deschamps ausdrücklich zu Ruhe auf. „Bitte“, sagte er am Ende der letzten Pressekonferenz vor der Abreise nach Kiew, „seid nett zu meinen Spielern“. Denn diese bestimmen letzlich über das Schicksal. Von Frankreich, von Deschamps - und auch von Ribery.