Die deutsche Handball-Nationalmannschaft tritt in der kommenden Woche zum Supercup in der Hansestadt an. Für sie geht es um alles. Bundestrainer Heuberger nominiert keinen HSV-Profi.

Der deutsche Handball steckt in der Krise. Nachdem die Nationalauswahl bereits die Qualifikation für die Olympischen Spiele 2012 verpasst hatte, blamierte sie sich gleichermaßen im Vorfeld der EM 2014, als sie gegen Mazedonien ausschied. Das Tröstliche an der verfahrenen Situation: Es kann eigentlich nur noch bergauf gehen.

Vor diesem Hintergrund erhält der DHB-Supercup am kommenden Wochenende mit zwei Partien in Bremen und vieren in der Hamburger O2-World eine besondere Bedeutung. „Der Turniersieg steht nicht unbedingt im Vordergrund“, ordnet Bundestrainer Martin Heuberger das Ereignis ein. Vielmehr werde er die Möglichkeit nutzen, um taktische Varianten zu probieren. „Zugleich aber wollen wir Selbstvertrauen tanken für die schweren Aufgaben des nächsten Jahres“, so der 49-Jährige. Gemeint ist damit in erster Linie die Qualifikation für die Weltmeisterschaft 2015 in Katar, die im Juni auf die DHB-Auswahl wartet.

Mit Schweden, Polen und dem mehrmaligen Afrikameister Ägypten hat der Deutsche Handballbund als Ausrichter des Supercups ein ansprechendes Teilnehmerfeld zusammengestellt, auf die Einladung von Eliteteams etwa aus Frankreich, Dänemark oder Spanien aber wohlweislich verzichtet. Das könnte sich abträglich auf die Zuschauerzahlen auswirken, zumal kein Hamburger Spieler in den DHB-Kader berufen worden ist.

„Sehe keinen im HSV-Kader, der uns weiterhilft“

„Ich sehe nach den Rücktritten von Johannes Bitter und Pascal Hens im Kader des HSV keinen, der uns weiterhelfen könnte“, erläutert der Bundestrainer. „Der einzige hätte Adi Pfahl sein können, der aber lange Zeit verletzt war und erst im Begriff ist, den Anschluss wieder herzustellen.“ Er habe sich für eine Mischung junger, unerfahrener Kräfte auf der einen und arrivierter, erprobter auf der anderen Seite entschieden. Im 17-köpfigen Kader fehlen dennoch gleich mehrere Stammspieler, darunter der 193-fache Auswahlspieler Oliver Roggisch und der extrovertierte Torhüter Silvio Heinevetter.

Unverdrossen formuliert Rolf Reincke, Vorsitzender des Hamburger Handball-Verbandes, das Ziel, die Halle mit ihren knapp 13.000 Plätzen gleich zweimal füllen zu wollen. Dabei sind die Zuschauerzahlen in der Bundesliga allgemein rückläufig, namentlich beim HSV. Nicht einmal der Championsleague-Triumph hat in der Stadt einen Begeisterungsschub ausgelöst. Im Gegenteil: Kürzlich zum Pokalspiel gegen Frisch Auf Göppingen fanden sich nicht mal 2000 Anhänger ein.

Hinter vorgehaltener Hand ist zu erfahren, dass beim Supercup jeweils 7000 verkaufte Eintrittskarten bei den Partien gegen Ägypten (Sonnabend, 17.45 Uhr) und Polen (Sonntag, 17 Uhr) für eine schwarze Null sorgen würden. Viel mehr sind wohl auch nicht zu erwarten, meinen Skeptiker. Die Werbeaussage, der Supercup zähle zu den bedeutendsten internationalen Wettbewerben nach WM, EM und Olympischen Spielen, halten sie für schönfärberisch. Bei Licht betrachtet handele es sich lediglich um ein freundschaftliches Einladungsturnier mit irrelevantem Ausgang.

Hanning akzeptiert keine Parallelwelten im Verband

Während Heuberger bemüht ist, die Erwartungen zu zügeln, kündigt der neue „Vizepräsident Leistungssport“ des Verbandes, Bob Hanning, einen zupackenden Kurs an und rammt gleich mal Pflöcke ein: „Manche warten auf den Erfolg, wir wollen etwas dafür tun.“ Der Mann, der vor knapp zehn Jahren mit dem HSV beachtliche Erfolge feierte, redet gern Klartext: „Es muss aufhören, dass alle ihr persönliches Ding machen. Ich akzeptiere keine Parallelwelten im Verband mehr. Wir müssen unser Know-how bündeln und ein ganzheitliches Konzept verfolgen.“

Hannings Ziel ist die Rückeroberung eines Platzes unter den vier besten Nationalmannschaften weltweit. Wie das eingedenk der sich zuletzt häufenden Fehlschläge funktionieren soll, bleibt offen. Er befinde sich noch in der Phase der „Eruierung von Status und Perspektiven“, sagt Hanning. Ob ihm der Umschwung gelingen werde, wisse er nicht, er sei schließlich kein Messias: „Ich habe keine Löcher in den Händen und kann auch nicht über Wasser gehen.“