Die HSV-Legende sieht seinen Aufgabenbereich bei den deutschen U21-Fußballern nicht nur in der sportlichen Ausbildung. Die Methoden kommen bei der heutigen Generation an.
Düsseldorf/Sligo. Horst Hrubesch gehört nicht zu den Trainern, die ihre Spieler vor vollendete Tatsachen stellen. Als der Coach der deutschen U21-Fußballer zum Start der EM-Qualifikation einen neuen Kapitän suchte, fragte er einfach die Mannschaft. „Ich habe den Spielern gesagt, dass sie sich Gedanken machen und einen Kapitän aussuchen sollen. Mit ihrer Entscheidung war ich einverstanden“, erklärte der Wahl-Hamburger Hrubesch.
Die für ihn keineswegs ungewöhnliche Maßnahme gehört bei ihm zur Junioren-Ausbildung, in der den Spielern wichtige Impulse für die weitere Karriere mit auf den Weg gegeben werden sollen. Bei Hrubesch, der seit diesem Sommer wieder das wichtigste deutsche Nachwuchsteam betreut, hat das Methode.
„Entscheidend ist doch, dass die Spieler bei der U21 erstmals selbst Verantwortung übernehmen können und nicht nur dabei sind“, erläuterte er. Bei den Junioren kommt das an. „Der Trainer gibt uns klare Richtlinien vor. Er sagt aber auch, dass wir als Mannschaft funktionieren und viel selber regeln müssen“, sagte der Hoffenheimer Kevin Volland, der nun als Kapitän nominiert wurde.
Teamkollege Antonio Rüdiger (VfB Stuttgart) stimmt zu. „Der Trainer weiß, wie ich ticke und nimmt für mich außerhalb des Platzes fast eine Vaterrolle ein. Er genießt den Respekt der ganzen Mannschaft“, meinte der Verteidiger, der Hrubesch wie einige weitere Spieler schon von jüngeren Auswahlteams des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) kennt.
Seit über 13 Jahren arbeitet die HSV-Legende Hrubesch, der von 1978 bis 1983 für die Hamburger auflief und den Europapokal gewann, für den DFB und weiß, wie er die Jungprofis anpacken muss. Seine offene und ehrliche Art kommt an. Er fordert aber auch: Disziplin und Siegermentalität zum Beispiel. Die Zielsetzung, mit den Junioren bei der EM 2015 eine dominante Rolle zu spielen, hat er ihnen deutlich vermittelt. „Die sind doch so wie wir früher. Die Jungs träumen nicht, sondern haben klare Vorstellungen und sind bereit, Dreck zu fressen“, beschrieb Hrubesch bereits 2009 die „heutige Generation Jungfußballer“ aus seiner Sicht.
Damals hatte der von den Trainern Branko Zebec und Ernst Happel geprägte Westfale die deutsche U21 in Schweden zum bisher einzigen EM-Titel geführt. „Hrubesch war nicht nur ein Trainer für uns, sondern ein Freund. Das hat er uns von der ersten Minute an gesagt und gezeigt“, erinnert sich Keeper Manuel Neuer, der, wie Mesut Özil oder Sami Khedira, den Sprung von der U 21 in die A-Nationalmannschaft nahezu übergangslos schaffte.
Seine heutigen Jungs haben den Traumstart in die EM-Qualifikation nun im Visier. Drei Tage nach dem soliden 3:0 (1:0)-Erfolg gegen die Auswahl der Färöer-Inseln wartet an diesem Montag (20.45 Uhr) in Sligo gegen Irland die erste anspruchsvollere Herausforderung auf die Mannschaft. „Die Iren sind eine andere Hausnummer, das wird ein richtig schweres Spiel“, meinte Volland.
Mit einem Erfolg im Westen der grünen Insel würden die deutschen Jungstars auch vorerst die Tabellenspitze übernehmen und sich Respekt verschaffen. Noch vier weitere Qualifikationspartien zur EM 2015 in Tschechien stehen in den nächsten beiden Monaten auf dem Programm. Darunter Spiele gegen Rumänien und Montenegro. „Wir wollen den Rhythmus aufnehmen und gehen Schritt für Schritt“, erklärte Hrubesch. Gegen Irland erwartet er ein intensives Spiel, in dem vor allem kämpferische Qualitäten gefragt sind: „Wir dürfen uns das Leben nicht mehr so schwer machen, wie auf den Färöer“, fordert der Coach von seinen Spielern.
Beim Qualifikations-Auftakt am Freitag waren in Tórshavn trotz drückender Überlegenheit der Gäste nur der Stuttgarter Moritz Leitner (7. Minute), der Dortmunder Jonas Hofmann (52.) und Leonardo Bittencourt (80.) von Hannover 96 für das deutsche Team erfolgreich. Aus diesem Match, in dem bei aller spielerischer Harmonie zwischen den Mannschaftsteilen im Abschluss zu umständlich agiert wurde, will die Hrubesch-Elf ihre Lehren gezogen haben.
„Wir müssen noch ein bisschen einfacher Fußball spielen. Dann fällt es allen leichter“, glaubt Volland. Gegen die Färöer hatte er alle drei Treffer mit vorbereitet. „Ganz klar, bei der Chancenverwertung müssen wir effektiver werden“, sagte BVB-Angreifer Hofmann, der sein erstes Tor für die U21-Nationalmannschaft markierte. „Das bedeutet mir sehr viel. Berufungen in die deutsche Auswahl sind für mich eine Ehre“, meinte Hofmann.
Durchaus möglich, dass Hofmann eine Chance in der Startformation erhält. Hrubesch hat einen ausgeglichenen Kader zur Verfügung und will sich noch lange nicht auf eine Stammbesetzung festlegen. Sicher ist bereits, dass der Mönchengladbacher Keeper Marc-André ter Stegen in Irland den Leverkusener Bernd Leno im deutschen Tor ablöst. „Das haben wir schon im Vorfeld so besprochen und klar entschieden. Ich habe den Torhütern gesagt, wie die Sachlage ist“, erzählt Hrubesch von dem Gespräch mit den Schlussleuten, die sich beide auf einem gehobenen Niveau befinden und vorerst rotieren sollen.