Der Hamburger Hockeyspieler Oliver Korn ist der älteste Spieler im Aufgebot von Bundestrainer Markus Weise für die EM in Belgien. Der 29-Jährige vom Uhlenhorster HC soll die Mannschaft zur Titelverteidigung führen

Hamburg. Es war am vorvergangenen Wochenende, als sich die deutschen Hockeyherren nach einer 0:5-Niederlage gegen Belgien eine entscheidende Frage stellten. Wie motiviert man sich für eine Europameisterschaft, wenn der Jahreshöhepunkt bereits vorbei ist und das Saisonziel erreicht? Bis zu dieser Saison waren die im zweijährigen Turnus ausgetragenen kontinentalen Titelkämpfe das wichtigste Ereignis der internationalen Saison, nur dort konnte man das Ticket für WM oder Olympische Spiele lösen. In diesem Jahr führte der Weltverband IHF die World League als Qualifikationswettbewerb ein. Die deutschen Herren gewannen das Turnier Anfang Juli in Malaysia und sicherten sich damit ihre Teilnahme an der WM 2014 in den Niederlanden. Die EM ist dadurch sportlich nur noch zweitrangig.

Dennoch müssen die Deutschen auf ihre Frage schnell eine Antwort finden, denn am Sonnabend (20 Uhr) startet die EM in Boom nahe Antwerpen ausgerechnet gegen Gastgeber Belgien, und als Titelverteidiger und Olympiasieger hat man selbstverständlich den Anspruch, mindestens das Halbfinale zu erreichen. Weil aber nach den starken Belgiern, die neben Deutschland und den Niederlanden zum engen Favoritenkreis zählen, am Montag (14 Uhr) die unberechenbaren Spanier warten und mit Tschechien (Mi., 16 Uhr) nur ein Außenseiter in der Gruppe steht, ist mit halber Kraft nichts zu gewinnen.

Oliver Korn weiß das, und weil der Mittelfeldspieler des Uhlenhorster HC mit seinen 29 Jahren nicht nur der Älteste im Kader ist, sondern in seiner Einstellung und seinem Willen über jeden Zweifel erhaben, ist er einer derjenigen, die vorangehen müssen, um die verjüngte Mannschaft zu führen. Der gebürtige Düsseldorfer, der seit 2010 in Hamburg spielt, gibt offen zu, dass er nach Malaysia in ein mentales und körperliches Loch gefallen war. „Es ist unheimlich anstrengend, die Spannung hochzuhalten, wenn man das Saisonziel erreicht hat“, sagt er, „zumal die klimatischen Umstände in Malaysia extrem waren.“ Ein mysteriöser Virusinfekt, „mit Blutwerten, die die Ärzte noch nie erlebt hatten“, setzte ihn mehrere Wochen außer Gefecht, auf das Hamburg Masters Ende Juli musste er verzichten.

Letztlich habe die Testspielreise zum EM-Spielort in der Mannschaft ein Umdenken bewirkt, zumal es einen Tag vor der 0:5-Schlappe einen 5:2-Sieg gegen die Belgier gegeben hatte. „Wir haben dort gespürt, was für eine Atmosphäre uns erwarten wird. Und letztlich ist es immer noch der drittwichtigste internationale Titel, der auf dem Spiel steht. Wer sich da nicht motivieren kann, sollte das deutsche Trikot nicht tragen“, sagt Korn. Einem wie ihm, der sich in jedem Spiel zerreißt, weil er immer gewinnen will, nimmt man solche Sätze ab. Korn ist der Staubsauger im Mittelfeld, der Mann, der hinter den Kreativspielern Tobias Hauke (Harvestehuder THC) und Moritz Fürste, der ebenso wie Korn und die weiteren Hamburger Nationalspieler Nico Jacobi, Florian Fuchs und Jan-Philipp Rabente vom UHC kommt, aufräumt. Er ist einer dieser Spieler, die immer nur dann auffallen, wenn sie fehlen. Korn hält das für ein Kompliment. „Ich habe kein Problem damit, mich unterzuordnen und die Drecksarbeit zu machen, wenn es dem Team hilft“, sagt er. Dafür schätzt Weise ihn sehr hoch. „Olli ist für jede Mannschaft der Welt eine Verstärkung“, sagt der Bundestrainer.

In der vergangenen Saison durfte sich der Club de Campo in Madrid über diese Verstärkung freuen. Gemeinsam mit Fürste sammelte Korn ein Jahr Auslandserfahrung, die erste seines Lebens. Trotz der räumlichen Trennung von Ehefrau Nora, die für die UHC-Damen spielt, habe er diese Zeit „sehr genossen, auch wenn ich hockeytechnisch nicht viel gelernt habe, dafür aber umso mehr, wie gut es uns in Deutschland geht.“ In Hamburg hat Korn nach Abschluss seines Studiums der Sportwissenschaften 2011 ein eigenes Modelabel (www.null4nullwear.de) aufgebaut, er bastelt längst an der Karriere nach der Karriere, die international nach der WM 2014 ihr Ende finden soll. Viele Chancen, um Titel zu gewinnen, bleiben ihm nicht. Für Oliver Korn ist das ein Grund mehr, bei der EM das zu tun, was er immer tut: Vollgas geben.