Der gebürtige Hamburger Tommy Haas fegte über den Russen Michail Juschni hinweg. Kohlschreiber verliert sein Achtelfinale gegen Djokovic.

Paris. Was Tommy Haas derzeit bei den French Open in Paris abliefert, ist nur mit einem Wort zu beschrieben: Wahnsinn. Der gebürtige Hamburger steht erstmals in seiner Tennis-Karriere im Viertelfinale der French Open. Der 35-Jährige fegte über den Russen Michail Juschni am Montag mit 6:1, 6:1, 6:3 hinweg. Nichts war ihm anzumerken von seinem 4:37-Stunden-Marathon-Match vor zwei Tagen in der dritten Runde gegen US-Boy John Isner.

Der 14. der Weltrangliste trifft am Mittwoch auf den Weltranglisten-Ersten Novak Djokovic, der im Achtelfinale Philipp Kohlschreiber mit 6:4, 3:6, 4:6, 4:6 bezwang. Der Augsburger lieferte ein tolles Match ab, musste sich letztlich aber geschlagen geben.

Haas hat nun bei jedem der vier Grand-Slam-Turniere die Runde der letzten Acht erreicht. Dies war als einzigen deutschen Profis zuvor nur Boris Becker und Michael Stich gelungen. Stich und Bernd Karbacher waren vor 17 Jahren die bislang letzten deutschen Viertelfinalisten in Roland Garros. Für Haas war in Paris 2002 und 2009 jeweils im Achtelfinale Endstation gewesen – im zwölften Anlauf klappte es nun mit dem Sprung in den Kreis der Topspieler.

Doch damit nicht genug: Der 35-Jährige ist der älteste Tennisprofi seit 42 Jahren, dem beim bedeutendsten Sandplatzturnier der Welt der Sprung in die Runde der letzten Acht gelingt. 1971 unterlag der bereits 39 Jahre alte Ungar Istvan Gulyas dem Jugoslawen Zeljko Franulovic in vier Sätzen. Für den Altersrekord in Roland Garros in der Profitennis-Ära muss der „nimmermüde Haas“ (L'Equipe) allerdings noch ein paar Jahre dranhängen. Pancho Gonzales, geboren am 9. Mai 1928, erreichte 1968 in Paris als 40-Jähriger das Halbfinale.

Haas' Erfolge immer nur an seinem Alter zu messen, würde dem besten Spieler der „Nach-Becker-Ära“ allerdings nicht gerecht werden. „Genug mit den Kommentaren über den 35-jährigen Haas“, twitterte US-Profi Mardy Fish: „Was ist mit der einfachen Tatsache, dass dieser Typ ein unglaublich guter Tennisspieler ist?“

Auf dem Court Suzanne Lenglen ließ Haas dies den fünf Jahre jüngeren Michail Juschni spüren. Der Weltranglisten-31., der sein Viertelfinal-Erlebnis in Paris bereits 2010 hatte, verzweifelte an seinem Kontrahenten. Juschni hielt nicht annähernd mit. Ein Aufschrei in Durchgang eins brachte keine Besserung, selbst als er in Satz zwei seinen Schläger an der Bank zerlegte, fand der Russe nicht ins Spiel. Nur selten blitzte seine Klasse auf, mit der er Haas beim Vorbereitungsturnier in Rom noch 6:4, 6:3 geschlagen hatte. „Ich habe ihm zu viele Chancen gegeben, gutes Tennis zu spielen“, sagte Juschni.

Anders als in der Runde zuvor, beim Matchball-Drama gegen John Isner, bekam Haas beinahe keine Gegenwehr. Nicht einmal schimpfen musste er, dabei hatte er dies zuvor als schlechtes Zeichen gewertet: „Wenn ich mich einmal nicht aufrege, bekomme ich schon Nachrichten aus der Heimat, was mit mir los sei. Dann weiß die Familie, dass irgendetwas nicht stimmt.“

Nun trifft Haas im Viertelfinale auf Djokovic, doch der Routinier muss keine Angst haben, denn Haas hat gute Erinnerungen an den „Djoker“. Acht Tage vor seinem 35. Geburtstag beschenkt sich Haas selbst und feierte eine der größten Überraschungen seiner Karriere. Im Achtelfinale des ATP-Masters von Miami bezwang Deutschlands bester Tennisprofi Djokovic in nur 80 Minuten sensationell mit 6:2, 6:4. Für Haas war es damals der dritte Sieg im siebten Duell mit dem gebürtigen Belgrader.