Bayern Brasilianer Dante und Luiz Gustavo sehen die Schuld ihrer Abstellung beim DFB und spielen lieber das Testspiel gegen England als das DFB-Pokal-Finale gegen Stuttgart. Der Fußball-Klassiker Brasilien gegen England wäre indes um ein Haar ausgefallen, da es im wiedereröffneten Maracanã-Stadion offensichtlich noch einige Mängel gibt.
Rio de Janeiro. Das Possenspiel um Maracanã nimmt kein Ende. WM-Gastgeber Brasilien ist ein Jahr vor dem Beginn der Fußball-Festpiele und zwei Wochen vor dem Start des Confed-Cups (15. bis 30. Juni) einer faustdicken Blamage nur haarscharf entgangen. Nachdem am Donnerstagnachmittag eine Richterin in Rio de Janeiro die Partie am Sonntag zwischen dem Rekordweltmeister und England wegen „fehlender Sicherheit für das Publikum“ im wiedereröffneten Maracanã-Stadion von Rio de Janeiro untersagt hatte, nahm eine zweite gerichtliche Instanz die Entscheidung nur wenige Stunden später wieder zurück.
Dieser Beschluss ist für die Bayern-Profis Dante und Luiz Gustavo immerhin ein schwacher Trost, denn sie hatten auf massiven Druck des brasilianischen Verbandes CBF am Sonnabendnachmittag bei der Seleção anreisen und schweren Herzens auf das DFB-Pokalfinale (20 Uhr/ARD und im Liveticker auf abendblatt.de) am selben Tag gegen den VfB Stuttgart verzichten müssen. Wäre das Prestigeduell gegen England ausgefallen, wäre der Ärger noch größer geworden, vor allem, wenn der Champions-League-Sieger ohne seine brasilianischen Stars das Triple klar machen würde. „Ich finde das unmenschlich, skrupellos, unfair und inakzeptabel“, hatte Münchens Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge über das Gebaren der CBF gesagt, die „den beiden Spielern den Triple-Traum zerstört“ hätten.
Bei den betroffenen Profis hörte sich das nach ihrer Ankunft in ihrer Heimat allerdings anders an. „Wir sind glücklich, uns einen Traum zu erfüllen und bei einem Turnier für die Seleção zu spielen. Es gibt keine Trauer über das verpasste DFB-Pokal-Finale“, sagte Gustavo und Dante stellte klar, dass er die anstehenden Test-Länderspiele am Sonntag gegen England und in einer Woche gegen Frankreich sowie den Konföderationen-Pokal höher einstuft als das Finale in Berlin: „Wir haben (den Verantwortlichen des FC Bayern, d.Red.) deutlich gemacht, dass die Seleção für uns einen anderen Stellenwert hat. Es ist ein Traum, für den wir von klein auf an kämpfen.“
Das Match gegen England stand allerdings auf des Messers Schneide. Am Donnerstag hatte der Richterspruch von Adriana Costa ein schweres Erdbeben in dem fußball-verrückten Land ausgelöst und auch den Weltverband Fifa kurzfristig in eine Schockstarre versetzt.
„Nach 30 Sekunden Angst war ich erleichtert, das Statement der Behörden zu lesen, das besagte, dass es ein bürokratischer Fehler war und kein Sicherheitsproblem“, sagte Fifa-Generalsekretär Jerome Valcke und gab ebenso wie die diensthabende Richterin Gracia Cristina Moreira Rosenkranz Entwarnung. Das Maracanã, sagte Valcke, sei außergewöhnlich, aus edlen Materialien gebaut und „wie ein schönes Auto“ – man müsse es jetzt fahren.
Ob Motor und Getriebe der Arena aber wirklich schon funktionieren, darf bezweifelt werden. Richterin Costa hatte in erster Instanz ihre Entscheidung, das Stadion zu sperren, damit begründet, dass laut eines ersten Schriftstücks der Militärpolizei vom Mittwoch die für rund 425 Millionen Euro umgebaute Arena noch „in der Bauphase“ sei. Im Bericht heißt es, dass Fans bei Auseinandersetzungen von herumliegendem Baumaterial und Steinen Gebrauch machen könnten. Zudem seien überall Bodenplatten locker. Dies ist nicht von der Hand zu weisen, auch wenn es anschließend Entwarnung gab.
Laut eines Kommuniqués der Bundesregierung von Rio sei ein zur Freigabe des Stadions notwendiges Technisches Gutachten der Militärpolizei wegen eines „bürokratischen Fehlers“ zunächst nicht abgegeben, aber inzwischen nachgereicht worden. Die Sicherheit der 70.000 Zuschauer für den ersten großen Test im Finalort des in zwei Wochen startenden Konföderationen-Pokals sei gewährleistet. Tag und Nacht werde man aber dennoch bis zum Anpfiff hart arbeiten, um einen tadellosen Ablauf des Spiels zu gewährleisten, das für die Brasilianer von enormer Wichtigkeit ist.
Denn eine Pleite gegen das Mutterland des Fußballs, das beim Debüt von Dante bereits im Februar einen Test im Wembleystadion mit 2:1 für sich entscheiden konnte, würde der Euphorie im WM-Gastgeberland einen weiteren Dämpfer versetzen. Alles andere als der sechste Titel im eigenen Land wäre eine herber Schlag für die Nation.
Die Posse um das Maracanã, auch als Austragungsort der Olympischen Spiele 2016 vorgesehen, hat die Vorfreude auf die beiden anstehenden Turniere zumindest schon etwas getrübt. In der Arena sind zwei Gruppenspiele und das Finale des Confed-Cups vorgesehen. Auch das WM-Finale 2014 soll dort am 13. Juli 2014 angepfiffen werden.