In Ingolstadt hielt „Stani“ seine 28-minütige Abschiedsrede. Kritik an der Berichterstattung lokaler Medien. Mangelnde Rückendeckung des Vereins ebenfalls ein Grund. Nachfolgersuche läuft.
Köln. Der Monolog von Holger Stanislawski dauerte sage und schreibe 28 Minuten. Wortreich zog der am Saisonende vom 1. FC Köln scheidende Cheftrainer nach dem 3:0-Erfolg beim FC Ingolstadt Bilanz und erklärte seine Beweggründe für den freiwilligen Ausstieg bei den Rheinländern. Er schloss aus, im Sommer einen neuen Club zu übernehmen und kündigte eine Auszeit an. Ein Wechsel zu Werder Bremen als Nachfolger von Thomas Schaaf dürfte damit endgültig vom Tisch sein.
„Ich will mich nicht hinter dem Umbruch verstecken. Ich trage für alles die Verantwortung. In Duisburg, Bochum und gegen München 1860 hätten wir gewinnen können“, wurde Stanislawski vom Express zitiert. Durch dem verpassten Aufstieg sei er „vorbelastet“, betonte der Fußballlehrer im Raum der Physiotherapeuten neben der Kabine im Ingolstädter Stadion. Außerdem fühlte sich der ehemalige St.-Pauli- und Hoffenheim-Coach von Teilen der Kölner Medien offenbar missverstanden und zu harsch kritisiert. „Es war für mich schockierend. Es wurde unter der Gürtellinie gegen meine Person vorgegangen, obwohl wir alle Ziele erreicht haben, die wir vor der Saison ausgegeben hatten. Es geht nicht darum, ob ich jemand duze oder sieze“, betonte der 43-Jährige.
FC-Präsident Werner Spinner resümierte: „Seine Entscheidung beruht in wesentlichen Teilen darauf, dass ihm nach seiner Wahrnehmung seine Integrität menschlich und beruflich abgesprochen wurde. Das tut mir leid. Ich weiß, wie viel Energie er in sein Projekt gesteckt hat. Stani ist ein Mensch mit Werten. Er geht ohne Abfindung.“ Die Versuche des Club-Chefs, „Stani“ umzustimmen, waren nicht von Erfolg gekrönt. Fakt ist: Stanislawski, dessen Vertrag nun zum 30. Juni vorzeitig aufgelöst wird, wurde in Köln von Teilen der Fans und Medien zwar kritisch gesehen. Ihm wurde (zu Recht) vorgeworfen, sein Konzept sei kaum zu erkennen und er habe einige Spiele mit kuriosen Auswechslungen „vercoacht“.
Harte Berichterstattung und Kritik einiger Medien
Die „Bild-Zeitung“ analysierte kürzlich: „Nur Umarmungen, mit allen per Du und flache Aussagen alleine reichen nicht.“ Insgesamt aber gab es im Umfeld keine solch große Anti-Stanislawski-Stimmung, dass unbedingt Not bestanden hätte, „den Weg freizumachen für jemanden, der am Standort Köln unbelastet die Aufgabe Aufstieg angehen kann“. Die „harte Berichterstattung und Kritik einiger Medien, die teilweise ins Persönliche ging“ habe getroffen, erklärte er, aus dem Verein vermisste er danach offenbar öffentliche Rückendeckung. Denn nüchtern betrachtet wurde in Köln selten ein Trainer nach verpasstem Saisonziel so wohlwollend behandelt.
Die Stimmung unter den Fans war erstaunlich gut, fast 50.000 feierten trotz des verpassten Aufstiegs die Mannschaft nach dem letzten Saisonspiel. Offen erscheint die finanzielle und sportliche Perspektive. Der Club ist nun erst einmal mit der Suche nach einem Nachfolger beschäftigt. Die Spekulationen schießen auch schon ins Kraut.
Zahlreiche Nachfolger werden bereits gehandelt
Schließlich befinden sich auf dem Markt alle bisherigen Aufstiegstrainer des FC (Ewald Lienen, Friedhelm Funkel, Huub Stevens, Christoph Daum), zahlreiche Fußballlehrer, die schon in der jüngeren Vergangenheit offen diskutiert wurden (Markus Babbel, Michael Skibbe, Mike Büskens) und auch ehemalige Kölner Spieler mit Zweitliga-Erfahrung (Claus-Dieter Wollitz, Karsten Baumann).
In diese Kategorie fällt auch der von vielen gerne gesehene Kölner Ex-Profi Ralph Hasenhüttl, der beim VfR Aalen aber einen Vertrag hat und aus diesem Grund schon auf den ersten Blick reizvollere Anfragen ablehnte. Der frühere Basel-Coach Heiko Vogel soll nach Express-Angaben schon kontaktiert worden sein, ebenso wie Büskens.