Auch im dritten Anlauf hat die deutsche Eishockey-Nationalmannschaft bei der WM in Schweden und Finnland eine Überraschung verpasst, Gastgeber Finnland gewann gegen Frankreich.
Helsinki. 45 Sekunden vor Schluss knallte der Puck an den Pfosten, und der Traum vom ersten WM-Coup der deutschen Eishockey-Nationalmannschaft platzte. „Wir haben einfach kein Glück“, sagte Kapitän Christian Ehrhoff nach dem 2:3 (1:0, 0:1, 1:2) gegen den Vizeweltmeister Slowakei. Zweimal hatte das Team um den NHL-Star geführt, doch am Ende stand es wieder mit leeren Händen da. Der Schuss von Christoph Ullmann ans Torgestänge war beispielhaft: Wieder hatte die Auswahl des Deutschen Eishockey-Bundes (DEB) bei der WM einen der Großen ins Wanken gebracht, wieder hatte sie großartig gekämpft, fast alles richtig gemacht - aber auch nach drei Spielen wartet sie immer noch auf ihren ersten Sieg in Helsinki. „Ich bin sehr enttäuscht“, gab Ehrhoff zu.
Gastgeber Finnland konnte hingegen auch im dritten Spiel punkten. Vor 12 158 Zuschauern in der erstmals gut gefüllten Hartwall Areena von Helsinki brach Janne Pesonen im zweiten Drittel bei eigener Überzahl den Bann (35. Minute), wenige Augenblicke später erhöhte Juhamatti Aaltonen auf 2:0 (36.). Im Schlussabschnitt verkürzte Pierre-Edouard Bellemare auf 1:2 (41.), doch Ville Viitaluoma sorgte für den 3:1-Endstand (49.). Die überraschend starken Franzosen sind der letzte Vorrundengegner der deutschen Mannschaft.
Die Ausbeute von einem Punkt aus den Duellen mit dem Co-Gastgeber Finnland, dem Rekordweltmeister Russland und dem letztjährigen WM-Zweiten Slowakei stellte den Verteidiger der Buffalo Sabres „nicht wirklich zufrieden - es wäre mehr drin gewesen.“ Vor allem gegen die Slowaken: Der Iserlohner Michael Wolf (5.) und der Mannheimer Marcus Kink (44.) schossen die deutsche Mannschaft vor 5078 Zuschauern in der Hartwall Areena zweimal in Führung, doch zum vierten WM-Erfolg in Serie gegen den Weltmeister von 2002 reichte es nicht, weil am Ende die Kräfte schwanden. Mario Bliznak (34.) und Tomas Zaborsky (46. und 53.) drehten das Spiel noch. Der Blick richtet sich jetzt nach unten. Statt vom Viertelfinale zu träumen, muss die DEB-Auswahl nun um den Klassenerhalt kämpfen. „Jetzt kommt das wahrscheinlich wichtigste Spiel“, sagte Verteidiger Frank Hördler mit Blick auf das Duell mit dem Aufsteiger Österreich am Mittwoch (15.15 Uhr/Sport1). Gegen das Team, das ihnen im Februar das Ticket für die Olympischen Spiele 2014 wegschnappte, werde „es nicht einfach“, meinte der Berliner: „Aber wir haben viele erfahrene Spieler, die wissen, dass noch alles drin ist.“ Das Viertelfinale wäre eine realistische Aussicht gewesen, wenn der ansonsten starke DEB-Torwart Rob Zepp nicht bei zwei Gegentoren gepatzt hätte. Zunächst wehrte der Berliner Meistergoalie einen Schuss von Michal Sersen nach vorne ab, und Bliznak staubte ab. Dann rutschte ihm vor dem slowakischen Siegtor der Puck weg, als er die Fanghand darauf legen wollte.
„Das war einfach Pech“, sagte der Deutsch-Kanadier: „Ich bin enttäuscht über dieses Tor.“ Einen unfreundlichen Empfang erlebte DEB-Präsident Uwe Harnos. Der Verbandschef, der am Wochenende mit seinen Aussagen zur vereinbarten Doppelfunktion von Cortina für Aufregung gesorgt hatte, war am Mittag eingeflogen. Von seinem Platz in der VIP-Loge konnte er das große Transparent einiger deutscher Fans mit der Aufschrift „HarNOs WAY“ genau erkennen. Auf dem Eis sah der umstrittene Präsident einen Start nach Maß. Wolf fälschte einen Schuss von Verteidiger Nikolai Goc durch die Beine von Torhüter Rastislav Stana ab. Die Schiedsrichter bemühten den Videobeweis, dann stand fest: Wolf hatte seinen Schläger nicht zu hoch gehalten - das Tor zählte.
Es war der 43. Länderspieltreffer für den Iserlohner. Die DEB-Auswahl knüpfte an die starken Leistungen der ersten beiden Spiele an, entnervte die Slowaken um die Altstars Jozef Stümpel und Miroslav Satan mit harten Checks, verteidigte konzentriert und kreierte die eine oder andere Torchance. Im zweiten Drittel erhöhten die Slowaken den Druck. Dennoch hielt sich das Cortina-Team weiter an die taktischen Vorgaben und befreite sich immer wieder. Nach dem 2:1 durch Kink war ein Sieg möglich, doch am Ende forderte das dritte Spiel in vier Tagen seinen Tribut. „Vielleicht ließ die Kraft ein bisschen nach“, sagte Ehrhoff. Für das Duell mit Österreich bekommt die DEB-Auswahl weitere Unterstützung aus Nordamerika. Verteidiger Justin Krueger von den Charlotte Checkers gab Cortina nach dem Play-off-Aus in der AHL seine Zusage. Der 26-Jährige, der bereits die Weltmeisterschaften 2010, 2011 und 2012 bestritt, soll am Dienstag in Helsinki eintreffen. (sid)