Während der HSV ersatzgeschwächt nach Frankreich reist, findet Gegner Montpellier erstmals nach dem Wettskandal wieder zurück in die Erfolgsspur.

Hamburg. Mit guten Erinnerungen, aber auch mit einigen Sorgen im Gepäck reist der HSV Hamburg zum Champions-League-Spiel beim französischen Handball-Rekordmeister Montpellier AHB. Verzichten muss Trainer Martin Schwalb in der Partie am Sonntag (19 Uhr) auf die Langzeitverletzten Johannes Bitter, Torsten Jansen und Oscar Carlén sowie auf den gerade am Sprunggelenk operierten Marcin Lijewski. Ob Pascal Hens (Muskelfaserriss) spielen kann, ist offen. Der Kapitän werde am Sonnabend ebenso mit der Mannschaft mitreisen wie der französische Jugend-Nationaltorhüter Max-Henri Herrmann und Team-Youngster Stefan Terzic, teilte der HSV am Freitag mit.

„Montpellier ist eine Top-Mannschaft, gegen die es wichtig sein wird, uns auf unsere Stärken zu besinnen. Wenn wir unsere Vorgaben einhalten und unser Spiel durchsetzen können, werden wir unsere Chancen gegen den französischen Meister bekommen“, sagte Schwalb. Er denkt gerne an den letzten HSV-Auftritt in Montpellier zurück. Zum Auftakt der Champions League-Saison 2010/2011 setzten sich die Norddeutschen in der damals nagelneuen Arena des MAHB 30:26 durch.

Aus Hamburger Sicht ebenfalls unglücklich: Gerade rechtzeitig vor dem Champions-League-Duell finden die Handballer von Montpellier AHB nach dem Wett- und Manipulationsskandal langsam wieder zur alten Stärke zurück. Der französische Rekordmeister feierte am Donnerstag mit einem stark geschwächten Team nicht nur eine gelungene Generalprobe. Der 29:26-Heimsieg über die Liga-Spitzenmannschaft von Saint-Raphaël könnte nach Ausbruch der Affäre um die nun gesperrten Karabatic-Brüder und zuletzt drei schmerzhaften Schlappen die Wende zum Guten sein. MAHB müsse zwar noch besser werden, „die Teufelsspirale ist aber zweifellos zu Ende“, befand die Sportzeitung „L’ Équipe“.

Gegen den HSV werden am Sonntag im Palais des Sports René Bougnol die Brüder Nikola und Luka Karabatic ebenso weiterhin fehlen wie die Slowenen Primoz Prost und Dragan Gajic und der Tunesier Issam Tej. Gegen alle fünf wurden Strafverfahren wegen Betrugs eingeleitet, die zu Haftstrafen von bis zu fünf Jahren führen können. Die Männer um den Ex-Kieler Nikola Karabatic dürfen ihre Teamkollegen bis auf weiteres weder treffen noch sprechen. Sie werden verdächtigt, in der vorigen Saison ein Spiel absichtlich verloren zu haben, um Verwandten und Freunden, die auf die sensationelle Niederlage gewettet hatten, einen Gewinn von insgesamt knapp 300 000 Euro zu ermöglichen.

Die Ermittlungen waren Ende September bekanntgeworden. Es geht um die 28:31-Niederlage Montpelliers am 12. Mai beim abstiegsgefährdeten Cesson-Rennes HB. Diese Woche hatten der zweifache Olympiasieger und Weltmeister Nikola Karabatic und Bruder Luka ihr Schweigen gebrochen. „Wir sind fertig, verstehen nicht, warum man uns so verfolgt. Das ist ein wahrer Alptraum“, sagte Nikola im Interview der Wochenzeitschrift „Paris Match“ (Donnerstag). Luka sprach von einem „Gang zum Scheiterhaufen“. Den Vorwurf des Betrugs zwecks Bereicherung bestritten beide mit Nachdruck. „Das ist erniedrigend“, sagte Nikola.

Neben dem Sieg über Saint-Raphaël, der Montpellier mit nunmehr sechs Punkten aus fünf Spielen auf den vierten Tabellenplatz der Division 1 klettern ließ, wurde in der Stadt am Mittelmeer auch die Rückkehr von Kapitän und Linksaußen Michaël Guigou gefeiert. Der 30-Jährige kam nach einer Kniearthroskopie erstmals nach dem Londoner Olympiasieg mit Frankreichs Nationalteam zum Einsatz. Er war noch nicht in Bestform, ist als Führungsfigur für die vielen jüngeren Spieler, die nun gefordert sind, neben anderen Assen um Olympiasieger William Accambray und den wurfgewaltigen Wissem Hmam aber sehr wichtig.

Für das Spiel gegen den HSV gab Guigou nach dem Liga-Erfolg eine klare Marschroute vor: „Wir müssen nun gewinnen, egal wie. Wir müssen gewinnen, um das verdauen, was passiert ist. Die Spieler sind alle motiviert, denken wieder an Handball“, sagte er. Man wolle so schnell wie möglich die Wende schaffen, das Leben nach dem Skandal proben. „L’ Équipe“ warnt allerdings: „Es gibt Hoffnungsfunken, aber der Himmel (über Montpellier) ist weiterhin voller dicker Wolken.“