Gegen Irland muss Bundestrainer Löw die Abwehr umbauen und setzt Schmelzer unter Druck. Im Sturm bleibt Miroslav Klose Alleinunterhalter.

Dublin. Irland zeigte sich von seiner trostlosesten Seite, als Joachim Löw in Dublin aus dem Flieger stieg. Böiger Wind, leichter Regen, kühle zehn Grad - der Bundestrainer und seine Stars erlebten bei der Ankunft auf der grünen Insel am Donnerstagmittag einen ungemütlichen Empfang mit typisch britischem Schmuddelwetter.

Ähnlich stürmisch wird es für die deutsche Fußball-Nationalmannschaft auch am Freitag (20.45 Uhr MESZ/ZDF und im Liveticker auf abendblatt.de) im Stadion „Lansdowne“ vor 50.000 „verrückten Fans“ gegen kampfstarke und entschlossene Iren werden. Doch der Bundestrainer ist trotz erheblicher Probleme in seiner Abwehr und erheblicher Unruhe im Vorfeld zuversichtlich, dass die DFB-Auswahl ihre beeindruckende Erfolgsbilanz in Qualifikationsspielen ausbauen kann.

„Wir werden die Spiele so angehen, dass wir mit sechs Punkten in die Winterpause der Qualifikation gehen“, sagte Löw vor den Begegnungen gegen das von Giovanni Trapattoni betreute Irland und am kommenden Dienstag (20.45 Uhr/ARD und im Liveticker auf abendblatt.de) in Berlin gegen Schweden mit Bestimmtheit. Er erwarte in Dublin eine „unglaublich enthusiastische Atmosphäre. Wir müssen die richtige Präsenz in den Zweikämpfen zeigen, wir müssen als Einheit auftreten und dagegenhalten“, forderte der 52-Jährige.

Seit dem 1:1 gegen Finnland am 14. Oktober 2009 zum Abschluss der Qualifikation für die WM 2010 in Südafrika gab es zwölf Quali-Siege in Serie für das deutsche Team. Auch der Start auf dem Weg nach Brasilien 2014 war mit den Erfolgen gegen die Faröer (3:0) und in Österreich (2:1) zumindest vom Ergebnis her vielversprechend verlaufen.

Man habe vor den Iren, die bei der EM in der Vorrunde gescheitert waren und auf Platz 26 der Weltrangliste angesiedelt sind, „Respekt, aber keine Angst“, verdeutlichte Löws Assistent Hansi Flick. Bastian Schweinsteiger, der den gelbgesperrten Philipp Lahm als Kapitän ersetzen wird, sprach von einem „echten Prüfstein“, von einem Kontrahenten „mit großem Herz. Die werden uns alles abverlangen.“ Auch Lukas Podolski bewertet Irland als „unangenehmen Gegner mit verrückten Fans. Aber wir wollen die drei Punkte mitnehmen. Wir haben die nötige Qualität.“

Nachdem es zuletzt in Österreich in allen Bereichen erhebliche Defizite gegeben hatte, setzt Löw besonders große Hoffnungen in Rückkehrer Schweinsteiger. Der 28 Jahre alte Münchner ist erstmals seit dem EM-Halbfinal-Aus wieder dabei.

„Er ist ein wichtiger Impuls- und Taktgeber für uns. Er hat zuletzt herausragende Leistungen beim FC Bayern gebracht. Ich bin froh, dass er wieder zur Mannschaft stößt“, sagte Löw über seinen Mittelfeldchef, der neben Sami Khedira im defensiven Mittelfeld für Stabilität und Struktur sorgen soll. Zudem soll er zusammen mit Miroslav Klose, der vor seinem 125. Länderspiel steht, „Verantwortung übernehmen und die Mannschaft führen“.

In der Offensive tritt die DFB-Auswahl in Bestbesetzung an, auch wenn der 34 Jahre alte Klose, laut Löw seit Jahren „phänomenal“, in Abwesenheit des verletzten Mario Gomez den Alleinunterhalter spielen darf. Hinter dem 34-Jährigen hat Löw aber die Qual der Wahl. In Dublin wird neben Thomas Müller und Spielmacher Mesut Özil wohl erneut Marco Reus den Vorzug vor dem zuletzt starken Podolski erhalten.

Erhebliche Sorgen bereitet dem Bundestrainer dagegen die Besetzung seiner Abwehr, vor allem auf den Außenbahnen - zumal er seinen einzigen Weltklassemann auf dieser Position, Philipp Lahm, ersetzen muss. Die Notlösung auf rechts wird wohl Jerome Boateng heißen. Auf links spielt mangels Alternativen der Dortmunder Marcel Schmelzer. Er könne sich ja „keinen schnitzen“, sagte Löw ungewöhnlich deutlich. „Er hat gegen Österreich kein gutes Spiel gemacht. Viele Alternativen gibt es jetzt auch nicht, also müssen wir mit Schmelzer die nächsten zwei, drei, vier fünf Monate weiterarbeiten, das werden wir auch, und Alternativen schaffen“ so Löw.

Nur wenige Stunden nach diesen Aussagen relativierte Löw bereits die Kritik an Schmelzer. „In der Nationalmannschaft war er zuletzt beim Freundschaftsspiel gegen Argentinien im August überragend. Daher gehört er absolut zurecht der DFB-Auswahl an. Dass er gegen Österreich, genauso wie die gesamte Mannschaft, nicht überzeugt hat, weiß er selbst“, teilte Löw in einer DFB-Presseerklärung am Donnerstagabend mit. Im Zentrum sollen Per Mertesacker, der den verletzten Mats Hummels ersetzt, und Holger Badstuber versuchen, die irischen Angriffsbemühungen zu unterbinden.

Damit dies einigermaßen klappt und sich nicht wie in Österreich wieder etliche Lücken auftun, wurde in den wenigen Trainingseinheiten der Fokus fast ausschließlich auf die Defensivarbeit gelegt. „Wir haben an verschiedenen Dingen gearbeitet - defensive Stabiltät, Ordnung, mehr Klarheit. Ich bin überzeugt, dass wir da besser sein werden“, sagte Löw.

Vielleicht bremst Teammanager Oliver Bierhoff auch angesichts der Probleme die Erwartungshaltung. „Wir haben vor der EM alle zehn Qualifikationsspiele gewonnen. Man darf aber nicht soweit gehen, dass wir nur dann wieder erfolgreich sind, wenn wir wieder alle zehn Spiele gewinnen“, sagte der 44-Jährige.

Allerdings hat die DFB-Elf auch einen Nimbus zu verteidigen. Seit 1934 blieb der dreimalige Welt- und Europameister in bisher 37 Auswärtsspielen in der WM-Qualifikation ungeschlagen. Dies soll trotz stürmischen Gegenwinds auch in Irland so bleiben.

So könnten sie spielen:

1 Neuer - 20 Boateng, 17 Mertesacker, 14 Badstuber, 3 Schmelzer - 6 Khedira, 7 Schweinsteiger - 13 Müller, 8 Özil, 21 Reus - 11 Klose.