Beim FC Bayern ist die Stimmung so gut wie schon lange nicht mehr. Doch Trainer Heynckes kündigt an, auch formstarke Spieler mal auf die Bank zu setzen.
München. Vor Monaten noch am Boden, jetzt wieder obenauf: Gut drei Monate nach den herben Enttäuschungen in der Champions League und bei der EM stehen Thomas Müller, Toni Kroos und Bastian Schweinsteiger sinnbildlich für den Höhenflug von Bayern München. Die drei deutschen Nationalspieler haben mit starken Leistungen zuletzt maßgeblich dazu beigetragen, dass der Rekordmeister den bislang besten Bundesligastart hinlegen konnte.
Doch wie stark der mit 70 Millionen Euro verstärkte Kader des FC Bayern in dieser Saison aufgestellt ist, unterstreicht allein die Tatsache, dass selbst Müller, Kroos und Schweinsteiger vor der Partie am Dienstag (20 Uhr/Sky) gegen den VfL Wolfsburg um ihren Platz in der Startelf bangen müssen. Zumal der auf Schalke fehlende Superstar Franck Ribery seine leichte Muskelverletzung überwunden hat und gegen das Team von Ex-Coach Felix Magath in die Mannschaft zurückdrängt.
„Wir haben einen Top-Kader. Jeder muss sein Ego zurückstellen und auch mal auf die Bank. Das geht nicht mehr anders“, sagte Trainer Jupp Heynckes. Er sei auch „nicht mehr dazu bereit, immer zu erklären, warum ich Spieler wechsle“, fügte der 67-Jährige mit aller Deutlichkeit an. Er werde die Rotation jedoch „so moderieren, damit es funktioniert. Und es wird auch funktionieren, auch über die ganze Saison.“
Beim Auftakt der Champions League gegen den FC Valencia (2:1) fand sich etwa der bisher überragende Müller auf der Ersatzbank wieder - ohne zu murren. Am Dienstag stehen Heynckes nun erstmals im Mittelfeld sogar alle Hochkaräter zur Verfügung. Für fünf Plätze gibt es dann in Müller, Kroos, Schweinsteiger, Ribery, Arjen Robben, Xherdan Shaqiri, Luiz Gustavo, Anatoli Timoschtschuk und 40-Millionen-Euro-Mann Javi Martinez gleich neun Kandidaten.
Ein Luxus-Problem, das Müller aber als „größtenteils motivierend, weniger belastend“ einstuft: „Wir sind in einer Situation, wo du weißt, dass immer einer nachrücken kann. Als Spieler bist du da immer unter Zugzwang.“
Selbst Robben, der sich in der vergangenen Saison häufig Ego-Vorwürfe gefallen lassen musste, sieht inzwischen gewisse Vorteile. „Wenn Franck Ribery eine kleine Verletzung hat, muss uns das keine Sorgen machen. Auch nicht, wenn Toni Kroos, Thomas Müller, Bastian Schweinsteiger oder ich mal fehlen. Wir können Ausfälle und Schwächeperioden einzelner Spieler jetzt viel besser auffangen“, sagte der Niederländer der Bild-Zeitung.
Jeder müsse sich „jeden Tag neu beweisen“. Dies sei die „beste Motivation für eine Mannschaft“, erklärte Kapitän Philipp Lahm der tz das aktuelle Erfolgsrezept - das Heynckes auch am Beispiel von Kroos verdeutlichte. „Es ist viel Konkurrenz da, er kann sich nicht ausruhen. Da muss er noch mal eine Schippe zulegen“, sagte der Bayern-Coach nach dem 2:0 auf Schalke, obwohl der 22-Jährige zusammen mit Müller (23) und dem auch von Bundestrainer Joachim Löw („unglaubliche Präsenz“) hochgelobten Schweinsteiger (28) die Münchner zum vierten Sieg im vierten Spiel geführt hatte.
Doch die Bayern sind trotz ihrer aktuellen Dominanz gewarnt. „Ich darf daran erinnern, dass wir letztes Jahr ebenfalls einen sehr vielversprechenden Auftakt hatten. Zwischenzeitlich hatten wir acht Punkte Vorsprung. Das Ende ist bekannt“, betonte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge nach jetzt bereits zwei titellosen Jahren. Und Robben ergänzte: „Wir dürfen nicht nachlassen. Wir müssen eine möglichst große Serie hinlegen.“ Rotation hin oder her.