Auch nach dem Kampf gegen Manuel Charr am Sonnabend und einem möglichen Einzug ins ukrainische Parlament ist für Klitschko alles möglich.

Moskau/Hamburg. Boxweltmeister Vitali Klitschko will sich nicht auf das Ende seiner Sportler-Karriere festlegen. Auch nach dem Kampf gegen den Deutsch-Libanesen Manuel Charr am Sonnabend (ab 23.00 Uhr bei RTL) in Moskau und einem möglichen Einzug seiner Partei ins ukrainische Parlament am 28. Oktober ist für den 41 Jahre alten Ukrainer alles möglich. „Derzeit schließe ich nicht aus, dass ich auch dann vielleicht meine Boxkarriere fortsetzen werde. Aber ich möchte keine Sprüche machen, sondern einen Schritt nach dem anderen“, sagte der Wahl-Hamburger der Tageszeitung "Die Welt“.

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Die politische Lage in seiner Heimat schätzte Klitschko als übel ein: „Die Regierung macht, was sie will, manipuliert die Gesetze. Das Land bewegt sich auf eine Diktatur zu. Dagegen kämpfen meine demokratischen Parteifreunde und ich. Deshalb hoffe ich, dass die demokratische Opposition die Mehrheit im Parlament bekommt.“

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Auch mit seinem Gastgeberland für die WM am Sonnabend haderte Klitschko, indem er erklärte, „dass die russische Politik ziemlich weit von demokratischen Kriterien entfernt ist. Nicht umsonst wollen 60 Prozent der Ukrainer auch eine nähere Bindung zu Europa.“ Dass Russlands Präsident Wladimir Putin am Ring sitze, sei möglich, meinte Klitschko.

Nobody Charr kündigt Rente für Vitali Klitschko an

Mit seiner Ankündigung, nach dem Titelkampf um den WBA-Gürtel am Sonnabend der eigenen Mutter eine Einbauküche spendieren zu wollen, sorgt eder Kölner Nobody Manuel Charr unterdessen für ein Novum im Schwergewichts-Metier. „Dieser Kampf ist die Chance, die ich brauche. Das ist der Lohn für viele Jahre harter Arbeit“, sagt der in 21 Kämpfen unbesiegte Manuel Charr und meint das vor allem sportlich. Die wirtschaftlichen Interessen aber sind für den selbst ernannten „Diamond Boy“ offensichtlich. Die auf weniger als 500.000 Euro geschätzte Kampfbörse wird er hauptsächlich dafür verwenden, aufgelaufene Schulden zu begleichen. Neben dem Geld für die Einbauküche soll dann wenigstens noch „ein gutes Auto“ abfallen.

+++ Der Kampf seines Lebens +++

Dass der ehemalige Kickboxer seine Ankündigung „Ich werde Vitali in die Rente schicken“ wahr macht, glauben nur die Wenigsten. In den diversen Sportwetten-Portalen setzen stattdessen etliche Kunden ihr Geld darauf, dass der gebürtige Libanese gegen den mittlerweile 41 Jahre alten ukrainischen K.o.-König „Dr. Eisenfaust“ Vitali Klitschko (40 K.o.-Siege in 46 Kämpfen) die ersten drei Runden vor erwarteten 30.000 Zuschauern im Sportkomplex „Olimpiski“ der russischen Hauptstadt nicht übersteht.

In Moskau gibt sich Manuel Charr in den Stunden vor dem größten Abend seiner durchaus turbulenten Karriere total relaxed. Das öffentliche Training in einem Park am Moskwa-Nebenfluss Presnija nutzte der 27-Jährige, um mit Moskauer Kindern zu posieren. Er verschenkte kleine Boxhandschuhe an die Kids und gab zu Protokoll: „Ich brauche den Spaß, um meine Lockerheit zu bewahren.“ Bei den Moskauern, die das Spaßtraining unter freiem Himmel live im TV beobachten konnten, kommt der Außenseiter jedenfalls gut an. Sogar vor seinem Quartier, einem Hotel im Stadtzentrum, wurden bereits Autogrammjäger gesichtet.

Eine absolut ungewohnte Szenerie für den 1984 als Mahmoud Omeirat Charr in Libanons Hauptstadt Beirut geborenen Berufsboxer, dessen syrischer Vater 1987 im damaligen Bürgerkrieg umkam. Charrs Mutter flüchtete 1990 mit dem Fünfjährigen und fünf seiner sieben älteren Geschwister nach Deutschland. 2005 kam Charr als ungeschlagener Weltmeister im Kickboxen zu Promoter Wilfried Sauerland, saß dann nach einer Schlägerei zehn Monate in Untersuchungshaft, heuerte für drei Jahre beim Universum-Stall an und machte sich 2010 mit der bisher wenig erfolgreichen „Diamond Boy Promotion“ in Köln selbstständig. Der Kampf vor Millionen-Publikum gegen Vitali Klitschko verändert das Leben von Manuel Charr sowieso, von seinem Sensations-Sieg ist er überzeugt: „Alle haben auf das falsche Pferd gesetzt. Am Ende gewinnt der arabische Hengst mit deutscher Disziplin.“

Mit Material von dpa und dapd