Gastautor Prof. Markus Friederici berichtet von den German Masters im Beachvolleyball in Berlin, der dritten Station der Europa-Tour. Die Hamburgerinnen Sara Goller und Laura Ludwig gewannen das Finale dort kampflos.

Berlin. Was haben Marilyn Monroe und John F. Kennedy gemeinsam? Wissen sie es? Es verband sie ein gemeinsames Hobby, beide gehörten in den 1960er Jahren an den kalifornischen Stränden zu den Fans der Sportart Beach Volleyball. In Santa Monica hatte in den wilden 1920ern die Sportart den Sprung aus der Halle an die Strände geschafft. Mittlerweile gibt es neben nationalen Wettkämpfen auch länderübergreifende Turnierserien. So gastierten am vergangenen Wochenende die besten Teams Europas bei den German Masters auf dem Washingtonplatz in Berlin.

Was der Ottonormalverbraucher aus der Disco kennt, gehört zum Alltag der deutschen Beach-Volleyballelite: das Baggern. Einige Teams waren schon im April auf der World-Tour gestartet, nun panierten sich die Topteams der deutschen Herren- und Damenriege im feinen Sand vor dem Berliner Hauptbahnhof: Feiner Nieselregen und hohe Luftfeuchtigkeit hatten den feinen Quarzsand solide verdichtet. Kein Problem für die allzeit gebräunten Akteure des Beach-Zirkus, doch Stimmung wollte bei dem phasenweise böigen Wind und den spontanen Platzregen nicht aufkommen. Am Donnerstag bereits hatten einige Teams in der Qualifikation gegen das Wetter und ihre Kontrahenten um die letzten freien Plätze im Hauptfeld gekämpft, am Freitag starteten dann die Spiele im Hauptfeld. Vier deutsche Damen- und drei Herrenteams waren mit von der Partie.

Als sich am Freitag gegen 11h die Sonne schüchtern zeigte und Sambarhythmen zum Einschlagstakkato der Akteure erklangen, träumte so mancher (der noch wenigen Besucher) vom Sommer, Strand und Urlaubsflirt. Letzteres wurde durch die Tanz-Formation der Berlin City Dancers verstärkt, einer Gruppe spanischer Frauen, die in den Spielpausen knappst bekleidet im Stile amerikanischer Pausenanimationen recht aussagekräftig die Musik interpretierten.

Auch die an 1 gesetzten deutschen Damen Kathrin Holtwick und Ilka Semmler waren in ihrem Auftaktmatch heiß und siegten gegen die Russinnen Vasina/Boyko standesgemäß 2:0 (21:15, 21:8). Die amtierenden Europameisterinnen Sara Goller und Laura Ludwig hatten es in ihrem ersten Spiel auf dem Center Court mit Keizer/van Irsel aus den Niederlanden zu tun; „nur“ an Nummer 15 gesetzt, aber unangenehme Gegnerinnen. Unkonventionell und unbeugsam. Und so hieß es über die Spielstände 5:2, 9:4, 13:8 und schließlich 21:15 im ersten der zwei Gewinnsätze für das Duo aus Holland. Head-Coach Olaf Kortmann bilanzierte 10 Unforced Errors bei seinen Damen, und Sara Goller machte ihrem Konterfei auf dem Turnierplakat, das sie im Angriff zeigte, alle Ehre. Konzentriert, aber ein wenig grimmig. Das konnte nur besser werden, und wurde es auch. Und so kämpften sich die dreifachen Deutschen Meister (2006-8) mit starken Aufschlägen und einer überragenden Feldabwehr von Laura Ludwig zurück in's Match und triumphierten letztlich nach 51 Minuten mit 2:1 Sätzen (15:21, 21:15, 15:10). Auf dem Nebencourt unterlagen unterdessen die Ex-Europameisterinnen Steffi Pohl und Okka Rau gegen die Belgierinnen van Breedam/Mouha hauchdünn mit 1:2 (21:19, 19:21, 12:15). Nach dem verlorenen Match ging es für die beiden in den Verliererpool, aus dem man sich ebenfalls noch in's Finale durchkämpfen kann. Bei der zweiten Niederlage ist es dann aber auch dort an der Zeit, adieu zu sagen. Werden die ersten beiden Spiele verloren, kann das Turnier also sehr zeitnah zu Ende gehen. „One-Two-Barbecue“ nennt das der Beacher.

Bei den Frauen ereilte eben jenes Schicksal zwei deutsche Teams: Geeske Banck/Anja Günther schieden nach einer deutlichen Schlappe gegen die Norwegerinnen Nila/Ingrid und einer Drei-Satz-Niederlage gegen die Schweizerinnen Kuhn/Zumkehr aus, Pohl/Rau verloren auch ihr zweites Spiel gegen die Griechinnen Arvaniti/Tsiartsiani und mussten sich ebenfalls mit Platz 13, 1200 Euro Preisgeld und 180 Ranglistenpunkten begnügen.

Ähnlich erging es den an Nummer 9 gesetzten Deutschen Jonathan Erdmann/Kay Matysik. Nach der Erstrundenniederlage gegen Fijalek/Prudel aus Polen und einem dramatischen 1:2 gegen Nicolai/Varnier (19:21, 21:15, 18:20) war das erst seit wenigen Wochen in dieser Formation spielende Duo bereits nach zwei Spielen zum Sandburgenbauen verdammt. Vier Matchbälle konnten die Berliner gegen die starken Italiener nicht nutzen, bevor das Leben sie in Form eines wuchtigen Angriffsschlags des schlaksigen Paolo Nicolai bestrafte.

Besser machten es Julius Brink und Jonas Reckermann, die im Monat Juni bereits in Rom den Sand durchwühlt und das Weltserienturnier in der Ewigen Stadt gewonnen hatten. Sie waren an eins gesetzt und zogen nach Siegen gegen die Nationalteams aus Belgien (Deroey/Deroey), der Tschechei (Kubala/Benes) und Spanien (Herrera/Gavira) ohne Satzverlust in das Halbfinale ein. Dort warteten die an zwei gesetzten Deutschen David Klemperer und Eric Koreng, die nach der Drittrundenniederlage gegen die Schweizer Formation Heuscher/Heyer den Umweg über die Looserrunde nehmen mussten und hier nach einem Sieg gegen Varnier/Nicolai das Semifinalticket buchten. Bereits in der ersten Runde hatten die Deutschen einige Schwierigkeiten, die Klemperer auch auf die Rahmenbedingungen des Wettkampfes zurückführte: „Es ist der unruhigste Centre Court, auf dem ich je gespielt habe, aber zum Glück sind sie alle für uns.“ Im Halbfinale waren die Sympathien nun gleich verteilt, das sachkundige Berliner Publikum bejubelte spektakuläre Aktionen auf beiden Seiten und litt bei unglücklichen Punktverlusten mit den Unterlegenen. Erst in der Mitte des Entscheidungssatzes konnten sich die Ranglistenführenden Brink/Reckemann ein wenig absetzen und konsequent ihre Punktchancen nutzen (21:16, 16:21, 15:8) – der sechste Sieg im sechsten Duell der beiden Teams in 2009. Im Finale kam es dann zur Neuauflage des Finals der Spanish Masters wenige Wochen zuvor. Dort konnten Heuscher/Heyer das deutsche Duo Brink/Reckermann in drei Sätzen bezwingen, nun war Revanche angesagt. Und so konnten die Deutschen im dritten Anlauf auf der diesjährigen Europatour ein Turnier gewinnen, schlugen die Kontrahenten aus der Schweiz in einem dramatischen Finale mit 2:1 (21:16, 26:28, 15:13) und sicherten sich die Siegprämie von 11000 Euro.

Durchweg souverän agierten die topgesetzten deutschen Damen: Sowohl Holtwick/Semmler als auch Goller/Ludwig gewannen ihre Zweit- und Drittrundenpartien und standen somit im Halbfinale. Hier trafen Goller/Ludwig auf die Norwegerinnen Ingrid/Nila und siegten nach hartem Kampf mit 2:1 (15:21, 21:16, 15:11). Holtwick/Semmler rangen nach anfänglichen Schwierigkeiten die zunächst starken und dann stark abbauenden Belgierinnen mit 2:1 (24:26, 21:18, 15:2) nieder. Im Finale wollten die beiden deutschen Damenduos dann zeigen, was die Sportart so attraktiv macht: Zielgenaue Aufschläge, wuchtige Angriffe, präzise Block- und spektakuläre Abwehraktionen. Alle waren bereit – bis auf Ilka Semmlers Knie. Das schmerzte bereits im Halbfinale, am Sonntag riet dann der Turnierarzt zur Schonung und Absage des Finalspiels. Traurig waren darüber nicht nur die Zuschauer und die Aktiven; auch die Funktionäre waren enttäuscht, wollte doch nach 15 Jahren Beach-Turnier in Berlin nun auch die ARD-Sportschau erstmals von den Damen-Finals berichten.

Und so gewannen Goller/Ludwig kampflos das German Masters, und bei der Siegerehrung sah man dann auch Sara Goller strahlen. Wie im übrigen auch Henning Grieneisen (24). Der Fußball-Profi vom VfL Osnabrück hatte auf der Tribühne seiner Freundin Laura Ludwig bereits seit Freitag die Daumen gedrückt. Und war nach dem Halbfinale fast genauso happy wie seine Freundin: „Aufgrund unser sportlichen Aktivitäten ist es schwierig, sich regelmäßig zu sehen. Daher genieße ich die Sommerpause im Fußball und begleite Laura zu einigen Turnieren. Und wenn dann noch das Wetter stimmt, die Leute mitgehen und am Ende Laura und Sara auf dem Siegertreppchen stehen, war es ein perfektes Wochenende.“

Alles in allem also eine deutsche Erfolgsgeschichte im Schatten des Berliner Hauptbahnhofs. Mal was Neues an diesem Ort. Ganz unerwartet freilich waren die Siege nicht, schließlich sind die Deutschen, Herren wie Damen, top in Europa – und mittlerweile auch in der Welt. So führten die für die alte Dame Hertha spielenden Sara Goller und Laura Ludwig nach den ersten beiden Weltserienturnieren die Weltrangliste an – die Position an der Sonne war in den letzten Jahren nahezu ausschließlich den amerikanischen und brasilianischen Teams vorbehalten. Fazit: Die deutschen Teams sind gut gerüstet für die Beach Volleyball Weltmeisterschaft am kommenden Wochenende im norwegischen Stavanger. Wir dürfen gespannt sein.