Ob bei Wimbledon oder dem Formel-1-Rennen in Silverstone: Bunte Regenschirme überall. England ist von Dauerregen erfasst.
London. Monate nach einem der trockensten Winter ist in vier Regionen Englands am Montag der Zustand der Dürre offiziell aufgehoben worden. Gärtner dürfen jetzt zum Beispiel ihren englischen Rasen wieder mit dem Schlauch gießen. Die Frage ist nur: Wer ist so verrückt? England, ohnehin nicht gerade als regenfrei bekannt, hat nach wenig Niederschlag im Winter den nassesten Juni seit Beginn der Wetteraufzeichnungen hinter sich. Und das Schlimme: Die Langzeit-Prognosen für Olympia in London sind nicht viel besser.
Allein von Sonnabend auf Sonntag fiel so viel Regen wie sonst in einem ganzen Monat. Das Wimbledon-Finale musste erstmals als Hallen-Match zu Ende gespielt werden, in Silverstone konnten die Formel-1-Zuschauer auf den Matschwiesen nicht parken. Ein wichtiges vorolympisches Reitturnier, das am kommenden Wochenende stattfinden sollte, wurde abgesagt. „Das Wetter war stärker“, hieß es von den Organisatoren.
In den vergangenen Wochen waren bereits mehrere Reitsport-Events sowie ein Freiwasser-Schwimmen dem Wetter zum Opfer gefallen. In Wimbledon gab es so viele Regenpausen wie lange nicht. Auch die Besucher von Rockkonzerten mussten sich im Schlamm suhlen oder ganz auf ihr Vergnügen verzichten. Im Küstenort Weymouth, wo in drei Wochen die olympischen Segelregatten steigen werden, wurde ein für die Olympia-Besucher vorgesehener Parkplatz am Wochenende komplett geflutet.
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Nicht weit entfernt in Sommerset, mussten Feuerwehrleute per Hubschrauber aus den Fluten geholt werden, als sie versuchten, eine Herde ertrinkender Schafe zu retten. Ein Mann starb am Steuer seines Wagens, als er in den Fluten von der Straße abkam. Unzählige Häuser wurden in vielen Gegenden unbewohnbar, weil sie voll Wasser liefen, nachdem Flüsse über die Ufer getreten waren.
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Der englische Sommer 2012 macht seinem Ruf alle Ehre. „2012 ist ein phänomenales Jahr und ich möchte, dass die Londoner und unsere Besucher das Beste entdecken können, was diese großartige Stadt zu bieten hat“, sagte Londons Bürgermeister Boris Johnson vor kurzem mit Blick auf die Olympischen Spiele. Wenn die düsteren Vorhersagen der Meteorologen recht behalten, werden sie dazu Gummistiefel brauchen.
Schon am Diamantenen Thronjubiläum von Queen Elizabeth II. war es so nass und kalt, dass sich ihr Mann Prinz Philip eine Blasenentzündung zuzog. Auch in den nächsten zehn Tagen soll über London kaum die Sonne zu sehen sein, prognostizierte der Wetterdienst Meteogroup. Umweltministerin Caroline Spelman sah sich bereits zu der Aussage genötigt: „Die Olympia-Sportstätten sind flutsicher.“
Die Sportfans haben am Sonntag in Wimbledon schon einmal den Wetter-Ernstfall für Olympia geprobt. Während Andy Murray und Roger Federer auf dem Centre-Court dank schließbaren Zeltdaches im Trockenen aufschlagen konnten, saßen tausende auf dem „Henman“-Hill vor der Großbildleinwand im strömenden Regen. Zusammengekauert und frierend mussten sie mit ansehen, wie ihr neuer Nationalheld Murray gegen Federer verlor. Am Ende weinte Murray, bei seiner Mutter Judy flossen Tränen, seine Freundin heulte wie ein Schlosshund und viele Zuschauer schluchzten.
Und natürlich weinte der Himmel über London auch. Die Fans hielten rote Schirme in die Fernsehkameras: „Keep calm and carry on!“ („Ruhig bleiben und weitermachen“) stand darauf zu lesen. IOC-Präsident Jacques Rogge hat sich auf dieses Motto schon eingestellt: „Ich lebe in Belgien. Alles, was an Regen in Belgien ankommt, sind die Reste aus England. Wir kommen schon zurecht“, sagte er mit Blick auf die bevorstehenden Spiele.