Den Vorwurf, eine „Lame Duck“ zu sein, will der DFB-Präsident nicht auf sich sitzen lassen: Theo Zwanziger ist nicht mehr lange im Amt.
Frankfurt. DFB-Präsident Theo Zwanziger will nun doch früher als im Oktober 2012 zurücktreten, hat aber Bedenken der Deutschen Fußball Liga an einer zu langen Übergangszeit scharf zurückgewiesen. „Ich halte einen Termin Ende Februar oder Anfang März durchaus für realistisch“, sagte der 66-Jährige in einem Interview der Tageszeitung „Welt“ (Montag). Dem Magazin „Focus“ sagte der Spitzenfunktionär des Deutschen Fußball-Bundes sogar: „Ich hätte kein Problem damit, morgen aufzuhören.“ Er sehe sich „mitnichten“ als eine „Lame Duck“ (Lahme Ente).
Nach Zwanzigers überraschender Rücktrittsankündigung am 2. Dezember und der Entscheidung des bisherigen DFB-Generalsekretärs Wolfgang Niersbach, für die Nachfolge zu kandidieren, hatte Christian Seifert als Vorsitzender der DFL-Geschäftsführung gesagt: „Nach meiner Erfahrung ist es immer schwierig, egal ob in einem Unternehmen oder einem Verband, wenn ein Wechsel in der absoluten Spitzenposition stattfindet und eine zu lange Übergangszeit ansteht.“
Zwanziger konterte nun in der „Welt“: „Ich benötige in Fragen, die meine Amtszeit betreffen, bestimmt nicht den Ratschlag von Herrn Seifert. Ich denke, dass ihm als Vertreter einer klugen und jungen Managergeneration, die ich durchaus schätze, aktuell noch ein bisschen Lebenserfahrung, vor allem aber der Respekt vor der Lebensleistung älterer und erfahrener Menschen fehlen.“
Er habe den Oktober-Termin nur für den Fall genannt, dass Niersbach sich nach reiflicher Überlegung erneut nicht zu einer Kandidatur hätte durchringen können, so der Verbandschef. „Dann hätten wir eine längere Zeit gebraucht, um einen anderen Kandidaten zu bestimmen und den Landesverbänden nahezubringen.“ Der Jurist aus Altendiez, seit 2004 gemeinsam mit Gerhard Mayer-Vorfelder und seit
2006 alleiniger Verbandschef, war ursprünglich bis zum Herbst 2013 gewählt. Seinen Wunschkandidaten Erwin Staudt, früher IBM-Manager und Präsident des VfB Stuttgart, konnte er nicht durchbringen.
Als hauptamtlichen Präsidenten sieht Zwanziger Niersbach nicht. Er bezeichnete die Überlegungen, den Generalsekretär zum ersten bezahlten Verbandschef der 111-jährigen Geschichte zu machen, als schwierig. „Dafür bräuchte es eine Satzungsänderung, und dafür ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit auf einem Bundestag vonnöten. Ich habe Verständnis dafür, dass man an einem ehrenamtlichen Posten an der Spitze des DFB festhält.“
Zwanziger will sich nun am Donnerstag mit den Präsidenten der DFB-Mitgliedsverbände beraten. „Wenn diese mit einer früheren Amtsübergabe einverstanden sind, dann können wir auch einen früheren Termin für meinen Abschied festlegen.“ Bis dahin will er auch Gespräche mit den internationalen Verbänden führen: Zwanziger ist bis
2013 in die UEFA-Exekutive und bis 2015 in das Führungsgremium der FIFA gewählt. Bis 2013 wolle er auf jeden Fall beim Weltverband weitermachen. „Ob ich danach meine Amtszeit bis 2015 fortsetze, kann ich mir heute zwar vorstellen, doch wenn allerdings gewünscht wird, dass dann der amtierende DFB-Präsident dieses Amt übernimmt, habe ich dafür auch Verständnis.“
Wolfgang Niersbach im Kurzportrait
DFB-Generalsekretär Niersbach: „Kaiser“-Freund
Den kaiserlichen Segen hatte er schon vor der offiziellen Kandidatenkür: Wolfgang Niersbach ist ein Freund Franz Beckenbauers, wie auch von Günter Netzer. „Er ist in meinen Augen der Beste“, sagte Beckenbauer, als Niersbach am vergangenen Wochenende erstmals als möglicher Nachfolger von DFB-Präsident Theo Zwanziger gehandelt worden war.
Der 61 Jahre alte Generalsekretär des Deutschen Fußball-Bundes gilt als Motor des größten Sportfachverbandes der Welt, genießt auch bei UEFA und FIFA enormes Ansehen und hat ein hohes Standing bei der Deutschen Fußball Liga (DFL). „Wolfgang ist eine tolle Persönlichkeit und kann Events gestalten wie kaum ein anderer“, sagte Zwanziger einmal über seinen höchsten Angestellten, der bis 2016 beim DFB unter Vertrag steht.
Als Beckenbauer mit der Nationalmannschaft 1990 Weltmeister wurde, war Niersbach DFB-Mediendirektor. Und als der „Kaiser“ als höchster Repräsentant des WM-Gastgebers 2006 glänzte, wirbelte Niersbach im Hintergrund als geschäftsführender Vizepräsident und Pressechef des Organisationskomitees. Er hat das „Sommermärchen“ mit seinen Ideen, seinen Kontakten zu Sponsoren und zum internationalen Fußball maßgeblich geprägt. Im Oktober 2007 wurde der in Nettesheim bei Düsseldorf geborene Manager als Nachfolger von Horst R. Schmidt DFB-Generalsekretär.
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+++ Beckenbauer will Niersbach als Nachfolger für Zwanziger +++
Seit 38 Jahren ist Niersbach im Geschäft, angefangen hat er als Sportjournalist. Kaum einer erlebte den Wandel im Fußball so hautnah mit. Wenn er bei der WM 1990 eine Pressekonferenz organisierte, erinnerte er sich einmal, dann wurden ein paar Tische zusammengeschoben: Lothar Matthäus und Andreas Brehme saßen eh noch beim Kaffee.
Keiner weiß es besser einzuschätzen als Niersbach, was an medialer Aufmerksamkeit auf ihn zukommt, wenn er vom DFB-Bundestag als Präsident gewählt werden sollte. Wohlweislich hatte sich der Funktionär, der am Mittwoch vom Präsidium und den Regionalverbänden zum einzigen Kandidaten für das Chefamt bestimmt wurde, in den vergangenen Monaten öffentlich rausgehalten, wenn Zwanziger mal wieder eine Baustelle beackern musste.
Die Amtsperiode des DFB-Präsidenten Theo Zwanziger im Zeitraffer
2001 - 2004: DFB-Schatzmeister
9. Juli 2004: Einigung mit dem damaligen DFB-Präsidenten Gerhard Mayer-Vorfelder auf eine Doppelspitze bis zum Außerordentlichen DFB-Bundestag 2006.
23. Oktober 2004: Auf dem DFB-Bundestag in Osnabrück wird die Doppelspitze Mayer-Vorfelder/Zwanziger gewählt.
Frühjahr 2005: Aufarbeitung des ersten Schiedsrichter-Skandals um den ehemaligen Referee Robert Hoyzer.
2005: Auszeichnung mit dem Bundesverdienstkreuz 1. Klasse der Bundesrepublik Deutschland.
8. Dezember 2006: Zwanziger wird einstimmig zum (alleinigen) DFB-Präsidenten gewählt.
2008 - 2009: Rechtsstreit Zwanzigers mit dem freien Sportjournalisten Jens Weinreich.
März 2009: Wahl ins Exekutivkomitee auf dem Kongress der Europäischen Fußball-Union (UEFA) in Kopenhagen als Nachfolger von Gerhard Mayer-Vorfelder.
Dezember 2009 - heute: Juristische Auseinandersetzungen mit dem ehemaligen Schiedsrichter-Obmann Manfred Amerell, der ein sexuelles Verhältnis mit dem früheren FIFA-Schiedsrichter Michael Kempter hatte. Ende offen.
Januar 2010: Zwanziger gibt die Vertragsverlängerung mit Joachim Löw „per Handschlag“ bekannt, der Bundestrainer will davon allerdings nichts wissen und sorgt damit für eine Verbandskrise. Löw dehnt den Kontrakt bis 2014 erst nach der gelungenen WM in Südafrika aus.
Juni 2011: Zwanziger wird auf dem Kongress des Weltverbandes in Zürich als Nachfolger von Franz Beckenbauer in das 24-köpfige Exekutivkomitee der FIFA gewählt.
2. Dezember 2011: Zwanziger kündigt für 2012 seinen Rücktritt als DFB-Boss an.
7. Dezember 2012: Wolfgang Niersbach erklärt sich bereit, die Nachfolge Zwanzigers zu übernehmen.
Mit Material von sid, dpa und dapd