Der einzige Star-Spieler in Reihen der Skandinavier, Zlatan Ibrahimovic, sieht sich scharfer öffentlicher Kritik ausgesetzt.

Köln/Stockholm. Nach der Enttäuschung über die verpasste WM-Teilnahme 2010 hat in Schweden der große Umbruch begonnen. Die neunjährige Ära von Trainer Lars Lagerbäck wurde beendet, das in die Jahre gekommene Team von Nachfolger Erik Hamren schrittweise durch junge Talente ergänzt und taktisch weiterentwickelt.

Die defensive Ausrichtung unter Lagerbäck ersetzte Hamren erfolgreich durch ein modernes, offensiv ausgerichtetes 4-2-3-1-System und löste mit Schweden mit 24 Punkten als bester Zweiplatzierter das direkte EM-Ticket. 31 Tore in zehn Spielen machen Schweden zudem zu einer der treffsichersten Mannschaften der EM-Qualifikation - nur Gruppensieger Niederlande (37) und die DFB-Auswahl (34) erzielten mehr Tore.

Dass trotz dieser Offensivstärke ausgerechnet Stürmer-Star Zlatan Ibrahimovic in den Fokus der öffentlichen Kritik geraten ist, scheint daher verwunderlich. Doch spätestens seit dem fulminanten 3:2-Erfolg im abschließenden Qualifikationsspiel gegen Vize-Weltmeister Niederlande, bei dem «Ibracadabra» fehlte, mehren sich in Schweden die Forderungen nach dem Ende von Ibrahimovics Nationalmannschaftskarriere.

Denn nicht nur außerhalb des Platzes zieht Ibrahimovic - wie zuletzt durch die Veröffentlichung seines Skandal-Buches - fast die komplette Aufmerksamkeit auf sich. Auch auf dem Platz wird der 30-Jährige wie kein anderer von seinen Mitspielern gesucht.

Das, mahnen Kritiker, mache das schwedische Spiel leicht auszurechnen. Zudem fürchten sie, dass die Entwicklung des Teams stagniert. Schwedens bester Spieler scheint ein Schwachpunkt im Team zu sein. Ein Meinung, die Ibrahimovics Kritiker unlängst mit Zahlen zu untermauern versuchten: Seit dessen Debüt im Nationalteam 2001 hat Schweden in der EM-Qualifikation ohne den Angreifer vom AC Mailand jedes Spiel gewonnen, mit Ibrahimovic kommen die Skandinavier nur auf eine Siegquote von rund 55 Prozent.

Von einer Degradierung seines Ausnahmespielers will Trainer Hamren allerdings nichts wissen. «Zlatan ist ein Star. Ich verstehe nicht, dass die Leute in Schweden sagen, dass wir ohne ihn besser wären. Ich denke, er macht einen fantastischen Job», sagte Hamren, der Ibrahimovic zum Kapitän ernannt hatte: «Vielleicht lastet in Schweden ein zu großer Druck auf ihm. Er zieht sehr viel Aufmerksamkeit auf sich, weil er der einzige Weltklassespieler in unserer Mannschaft ist».

Auch innerhalb der Mannschaft genießt Ibrahimovic weiter Rückendeckung. «Er ist ein Weltstar und ein super Typ. Wenn du Erfolg haben willst, brauchst du deine besten Spieler auf dem Platz. Wenn wir unsere Träume und Ziele erreichen wollen, brauchen wir ihn», sagte Mittelfeldspieler Sebastian Larsson.

Wohin die Reise für Schweden bei der EURO 2012 geht, ist schwer vorherzusagen. Um Ibrahimovic hat sich ein Team aus altgedienten Größen wie Olof Mellberg oder Anders Svensson und jungen Talenten wie Behrang Safari (RSC Anderlecht) oder Ola Toivonen (PSV Eindhoven) gefunden.

«Die Mischung zwischen jung und alt stimmt», sagt Offensivspieler Toivonen, der Schweden mit seinem Siegtor gegen die Niederlande den Weg zur EM ebnete, fifa.com: «Wir sind schwer zu schlagen, weil wir eine kompakte Mannschaft haben. Physisch und technisch haben wir Spieler, die auf höchstem Niveau mithalten können». Für eine Überraschung ist Schweden bei der EURO 2012 auf jeden Fall gut.

(sid/abendblatt.de)