Die mühsame Qualifikation bewies, dass der WM-Dritte von 1998 nicht mehr die Klasse früherer Jahre hat - dennoch nicht zu unterschätzen.

Zagreb/Berlin. Ein kritisierter Trainer, dessen Abschied feststeht, eine mit vielen Stars besetzte Mannschaft, die aber keinen gemeinsamen Plan verfolgt: Die Vorzeichen für eine erfolgreiche EURO 2012 stehen bei der kroatischen Fußball-Nationalmannschaft denkbar schlecht.

Die mühsame Qualifikation für die Endrunde in Polen und der Ukraine bewies, dass der WM-Dritte von 1998 nicht mehr die Klasse früherer Jahre hat. Doch die EM-Gegner werden Kroatien dennoch nicht unterschätzen, denn das Team ist unberechenbar und hat nach wie vor den Ruf des Favoritenschrecks.

«Wir werden wie bei der EURO 2008 eine wichtige Rolle spielen», sagte Nationaltrainer Slaven Bilic: «Gegen stärkere Teams waren wir immer am besten. Deswegen habe ich keine Angst.»

Der ehemalige Karlsruher Bundesligaprofi spielt vor allem auf die EM vor vier Jahren in Österreich und der Schweiz an, wo Kroatien im Gruppenspiel gegen Deutschland (2:1) brilliert hatte und bis ins Viertelfinale vorgestoßen war. Doch selbst Mittelfeldspieler Niko Kranjcar gab zu: «Das Duell in Klagenfurt gegen Deutschland war unser bislang letztes gute Spiel.»

Das ist Wasser auf die Mühlen der Kritiker, die Trainer Bilic vorwerfen, das Team habe sich taktisch und spielerisch verschlechtert. «Wir sind in unserer Entwicklung stehengeblieben», sagte Ex-Kapitän Niko Kovac in der österreichischen Sportwoche und stellte seinem früheren Team ein Armutszeugnis aus: «Wir spielen noch wie vor 20 Jahren. Wir haben kein Konzept, das den Anforderungen des modernen Fußballs entspricht. Wir verlassen uns noch immer nur auf unsere gute Technik.»

Kovac kritisierte zudem «österreichische Verhältnisse», weil sich die Öffentlichkeit langsam von den «Feurigen» abwenden würde. «Das ist katastrophal für uns. Wir haben immer davon gelebt, dass uns die Euphorie der Fans getragen hat», sagte der ehemalige Bundesligaprofi.

Nach dem Erfolg in den Play-offs gegen die Türkei, vor allem nach dem überragenden 3:0-Hinspielsieg in Istanbul, wurde die Euphorie wieder kurz entfacht. Noch immer können Stars wie Luka Modric (Tottenham Hotspur) oder der Wolfsburger Mario Mandzukic ein Spiel alleine entscheiden. Doch die schlimmen Auftritte zuvor in Georgien (0:1) und in Griechenland (0:2) sind längst noch nicht vergessen.

Die kroatische Zeitung Jutarnji List drückte die Erwartungen des Vier-Millionen-Volkes passend aus: «In der Form von Istanbul sind wir der Geheimfavorit, mit Leistungen wie gegen Georgien oder Griechenland sind wir nur der Box-Sandsack für die anderen.»

Dass Bilic die Kroaten bei der Endrunde noch betreut, ist ein kleines Wunder. Nach der Niederlage gegen Griechenland rechneten alle mit seiner Entlassung. Doch der 43-Jährige erhielt eine letzte Chance und wusste sie zu nutzen. Dennoch hat er seinen Abschied für die Zeit nach dem Turnier bereits angekündigt. In der Vergangenheit hatten immer wieder englische und auch deutschen Klubs Interesse an dem Trainer gezeigt.

(sid/abendblatt.de)