Nach dem griechischen Vorbild von 2004 soll Trainer-Ikone Giovanni Trapattoni im kommenden Jahr den Titel auf die grüne Insel holen.

HAMBURG/DUBLIN. Den 1. Juli 2012 haben sich viele Iren dick in ihrem Terminkalender angestrichen. Am Tag des EM-Finales, so jedenfalls der irische Traum, greift ihr Team nach dem Titel. Nach dem griechischen Vorbild von 2004, als die Hellenen mit Coach Otto Rehhagel sensationell Europameister wurden, soll ihre Mannschaft im kommenden Jahr nach den Sternen greifen. Die Hoffnungen des krassen Außenseiters ruhen vor dem Turnier in Polen und der Ukraine vor allem auf dem Mann auf der Bank. Trainer Giovanni Trapattoni, der seinen Vertrag am Dienstag bis 2014 verlängerte, ist der Star des irischen Teams.

Europapokal der Landesmeister, UEFA-Cup, Weltpokal - Giovanni Trapattoni weiß, wie man Titel gewinnt. Allein zehn nationale Meisterschaften hat der 72 Jahre alte Charismatiker aus Italien in seiner fast 30-jährigen Trainerkarriere gewonnen. Es gibt kaum eine Trophäe, die Trapattoni noch nicht in den Händen gehalten hat. In Irland tüftelt der italienische Taktikfuchs nun an seinem persönlichen Meisterwerk. «Das ist kein Traum, man sollte niemals nie sagen», sagte Trapattoni, nachdem er Irland nach 24 Jahren Abstinenz erstmals wieder zu einer EM-Endrunde geführt hatte.

Trapattoni weiß, dass ein Titel bei dem Turnier im kommenden Jahr in Polen und der Ukraine einer Sensation gleichkommen würde. «Ich bin nicht Gott, ich spreche nicht gut englisch, selbst italienisch nicht besonders, und ich mache viele Fehler», sagte Trapattoni: «Aber nach 30 Jahren im Fußball verstehe ich ein wenig von der Materie.»

Ausschließen will er einen Coup, wie ihn einst Otto Rehhagel gelandet hat, als er seine Griechen 2004 in Portugal völlig überraschend zum Titel führte, deswegen nicht. «Wenn wir einhundertprozentiges Engagement zeigen - warum nicht?», frohlockte der Mitbegründer des italienischen Ergebnisfußballs.

Die Iren liegen dem ehemaligen Bayern- und VfB-Trainer nach der erfolgreichen EM-Qualifikation jedenfalls zu Füßen - kein Wunder, sorgten die «Boys in green» doch für eine der dicken Überraschungen des Fußballjahres. Mit 21 Punkten und nur einer Niederlage holten sie sich den zweiten Platz in Qualifikationsgruppe B und sicherten sich damit die Teilnahme an den Play-off-Spielen um die letzten noch freien Tickets. Der anschließende Sieg gegen Estland war fast schon Formsache.

«Ich bin sicher, dass wir uns dort beweisen können», sagt Kapitän Robbie Keane mit Blick auf das erste sportliche Großereignis für Irland seit der Weltmeisterschaft 2002. Mit seinen sieben Treffern hatte der 31 Jahre alte Torjäger entscheidenden Anteil an der Qualifikation des 29. der FIFA-Weltrangliste. «Eine Mannschaft als Kapitän zu einem großen Turnier zu führen, ist vielleicht mein schönster Moment im Nationaltrikot. Dafür spielt man Fußball», sagte Keane, der seit 13 Jahren in der irischen Nationalmannschaft spielt und in 113 Länderspielen 53 Treffer erzielte.

Bange ist den Iren vor ihrer zweiten EM-Teilnahme nach 1988 in Deutschland nicht. Als Minimalziel hat Trapattoni-Assistent Marco Tardelli kurzerhand den Viertelfinal-Einzug ausgegeben. Sein Dienstherr dürfte die forschen Töne mit einem Kopfnicken zur Kenntnis nehmen - denn: Fertig hat Trap noch lange nicht.

(sid/abendblatt.de)