Christoph Daum wird Trainer in Belgien. Der 58-Jährige heuert beim FC Brügge an, erhält dort einen Vertrag über eineinhalb Jahre plus Option.

Brügge. In der Türkei und Österreich als Nationaltrainer gehandelt, beim FC Brügge gelandet: Christoph Daum kehrt nach sechsmonatiger Pause beim Tabellenvierten der belgischen Liga auf die Fußball-Bühne zurück. „Ich freue mich auf diese Herausforderung und will auf Dauer Brügge wieder in Belgien an die Spitze führen und auch in Europa wieder im Konzert der Großen etablieren“, sagte der 58-Jährige dem Sport-Informations-Dienst (SID): „Brügge hat die jüngste Mannschaft in der belgischen Liga und sehr, sehr gute Perspektiven.“

Daum, der am Nachmittag in der Hauptstadt der Provinz Westflandern vorgestellt wurde, unterschrieb beim 13-maligen belgischen Meister einen Vertrag über anderthalb Jahre mit Option für eine weitere Spielzeit. Von seiner neuen Aufgabe ist er hellauf begeistert. „Der Verein hat ein ganz neues Konzept, ist von Grund auf modernisiert worden, sowohl von der Infrastruktur her als auch vom Personal. Das hat mich alles total überzeugt, und ich bin stolz, dass ich diese Dinge mit Leben füllen soll“, berichtetet Daum.

In der Nacht zuvor hatte Daum in seinem Kölner Haus mit Brügges Präsident Bart Verhaege und Manager Vincent Mannaert die letzten Modalitäten geklärt. „Was mir die Verantwortlichen präsentiert haben, hat mich absolut überzeugt, man spürt dieselbe Denkweise. Zudem wollten sie mich haben, was auch dadurch dokumentiert wurde, dass mich der Präsident zweimal besucht hat“, sagte Daum. Er betonte, dass finanzielle Dinge außen vor gestanden hätten.

In Brügge tritt Daum die Nachfolge von Adrie Koster an. Der Niederländer war Ende Oktober nach zuvor vier Spielen ohne Sieg in Folge und einer 4:5 Heimniederlage gegen Leverkusens Champions-League-Gegner KRC Genk gefeuert worden. „Zunächst geht es darum, in Belgien wieder in die Spur zu kommen. Und dann möchte ich mit Brügge auch wieder in Europa erfolgreich sein, das ist schließlich ein Topklub in Europa mit großer Tradition“, sagte Daum. Er wird erstmals am 20. November nach der Länderspielpause im Lokalderby gegen Cercle Brügge auf der Bank im Jan-Breydel-Stadion sitzen. In der Europa League steht der FCB vor dem Einzug in die Zwischenrunde.

In der Bundesliga war das Coemback von Daum nicht von Erfolg gekrönt. Im März hatte Daum das Traineramt bei Eintracht Frankfurt als Nachfolger von Michael Skibbe übernommen, konnte den Absteig mit den Hessen aber nicht verhindern. Unter Daums Regie blieb die Eintracht sogar ohne Sieg. Am 16. Mai erklärte er dann seinen Rücktritt bei der Diva vom Main.

Der Meistertrainer, der in Deutschland (VfB Stuttgart), Österreich (Austria Wien) und seiner zweiten Heimat Türkei (Besiktas und Fenerbahce Istanbul) eine Menge Titel gewonnen hat, machte im August von sich Aufsehen, als er öffentlich über seine überstandene Hautkrebserkrankung berichtete. Dabei kündigte er zugleich an, dass er wieder in den Trainerjob zurückkehren wolle.

Die brachte dann auch die Verantwortlichen in Österreich und der Türkei auf den Plan, wo Daum jeweils als Nationaltrainer gehandelt wurde. In der Türkei, wo Daum einen ausgezeichneten Ruf besitzt, wurde er als Nachfolger von Guus Hiddink ins Gespräch gebracht, falls der Niederländer die Teilnahme an der EM 2012 verpassen sollte. Nachdem Österreich in der EURO-Qualifikation gescheitert war, war Daum auch als Nachfolger von Teamchef Didi Constantini im Gespräch, ehe sich der ÖFB für den Schweizer Marcel Koller entscheid. „Nachdem mich das Konzept von Brügge so überzeugt hatte, habe ich alle anderen Anfragen und Überlegungen, die es sicherlich gab, hintenangestellt“, sagte Daum.

Beim FC Brügge soll Daum noch nicht mal erste Wahl gewesen sein. Angeblich habe sich der Verein zunächst um den früheren Nationaltorwart Michel Preud'Homme bemüht, der aber in Saudi-Arabien bei Al Shabab unter Vertrag steht und deshalb nur gegen eine hohe Ablösesumme zu bekommen gewesen wäre. „Davon weiß ich nichts, das ist mir auch egal“, sagte Daum, dessen Familie in Köln bleibt: „Ich werde mir in Brügge eine Wohnung oder ein Häuschen mieten und dann pendeln. Die Entfernung ist ja nicht so groß.“

„Daum light“ - ein Kommentar von Jürgen Zelustek

Bei seinem Bundesliga-Comeback ist Christoph Daum grandios gescheitert. Nachdem der verhinderte Bundestrainer im März als Lebensversicherung bei Eintracht Frankfurt angeheuert hatte, konnte er in der Liga keinen einzigen Sieg mit den Hessen feiern, die am Ende sang- und klanglos ins Unterhaus abstiegen. Daum war konsequent und trat zurück.

Sechs Monate später ist der frühere Lautsprecher wieder in Amt und Würden. Aber nicht als Heilsbringer in Österreich oder der Türkei, wo der Meistermacher zwischenzeitlich als Nationaltrainer gehandelt worden war, sondern im auf der Fußball-Landkarte eher beschaulichen Belgien. Dass der FC Brügge eine gute Adresse in Europa ist, wird niemand bestreiten, die ganz große Bühne ist dieser Klub aber nicht.

Daum, einer der schillerndsten deutschen Trainer, scheut sich nicht, auch ohne großes Scheinwerferlicht seinen Job zu verrichten. Das spricht für seinen Tatendrang. Ums Geld wird es ihm nicht mehr gehen. Das Konzept des vollauf modernisierten Klubs habe ihn überzeugt, sagt der Meistertrainer, den in Deutschland wohl niemand mehr auf der Liste hatte.

Er selbst wird sich aber auch in Belgien am Erfolg messen lassen müssen. Die FCB-Profis dürfen sich auf einen interessanten Chef freuen, der seine wilden Jahre hinter sich hat. Die Kokain-Affäre ist längst Vergangenheit. Seine Spieler werden nicht mehr über Scherben laufen müssen wie damals in Leverkusen, und auch Uli Hoeneß ist längst nicht mehr das Feindbild Nummer eins des Christoph Daum. Für die Verantwortlichen von Brügge ist es die große Lösung - auch in der Version „Daum light“.