Michael Ballack zeigte bei seiner Rückkehr nach Chelsea eine gute Leistung. Dennoch war er bei der 0:2-Niederlage mit Bayer Leverkusen in der Champions League wieder die tragische Figur.

London. Nach seiner emotionalen Rückkehr auf die ganz große Fußball-Bühne plagten Michael Ballack Gewissensbisse. „Die Chance geht mir immer noch durch den Kopf“, sagte er kurz nach Mitternacht mit gesenktem Kopf. Trotz einer einer guten Leistung war der 98-malige Nationalspieler beim 0:2 (0:0) von Bayer Leverkusen zum Auftakt der Champions-League-Gruppenphase bei seinem Ex-Klub FC Chelsea erneut die tragische Figur. Erst vergab er die Riesenchance zur Führung, dann kassierte Bayer 37 Sekunden nach seiner Auswechslung das wegweisende 0:1 durch David Luiz (67.).

„Wenn ich das Tor mache, sieht es richtig gut aus für uns“, sagte Ballack: „Leider ist er nicht reingegangen. Und es ist leider nicht mehr zu ändern.“ In der 57. Minute hätte er zum Helden werden können, als er nach tollem Pass von Andre Schürrle frei vor Petr Cech auftauchte. Im Training hatte es diese Szene über vier Jahre hinweg hundertfach gegeben, nun, als es drauf ankam, gewann der tschechische Nationaltorwart den Zweikampf.

Vergessen waren zu diesem Zeitpunkt all die „sehr emotionalen“ Momente, die Ballack an alter Wirkungsstätte an der Stamford Bridge erlebt hatte. Die offizielle Verabschiedung von Chelsea vor dem Anpfiff, „die mich sehr gefreut hat“. Die herzlichen Reaktionen der britischen Fans, die ihn freundlich empfingen und sich bei seiner Auswechslung sogar von den Sitzen erhoben und frenetisch applaudierten. Und auch das Lob von Trainer Robin Dutt, der eine „tolle Leistung“ und „ein sehr sehr gutes Spiel von Michael“ gesehen hatte und somit Hoffnungen schürte, dass Ballack wieder dicht vor einem Stammplatz steht.

Uneinig waren sich der Trainer und sein prominentester Spieler nur über den Grund der Auswechslung. „Er war müde“, sagte Dutt. „Nö, ich habe mich gut gefühlt“, entgegnete Ballack: „Aber der Trainer hat so entschieden und das ist okay.“

Okay war auch die gesamte Leistung der Leverkusener im ersten Champions-League-Spiel seit sechseinhalb Jahren. Beim Bankett im Hotel Melia White House ergriff Geschäftsführer Wolfgang Holzhäuser dann auch das Mikrofon und tröstete die junge Mannschaft: „Ihr braucht die Köpfe nicht hängenzulassen, das war eine sehr sehr gute Leistung, und wir haben noch alle Chancen.“ Sportchef Rudi Völler stellte fest: „Wir sind angekommen in der Champions League. Wir waren nicht über 90 Minuten auf Augenhöhe, aber für sehr lange Zeit.“

Das alles war für die Spieler freilich kein Trost. „Wenn man verliert, kann man nicht stolz sein“, sagte Kapitän Simon Rolfes, der drei Jahre nach seiner Teilnahme an einem EM-Halbfinale endlich auch seine Champions-League-Premiere erlebte: „Dass wir eine sehr gute Mannschaft sind, wussten wir vorher. Aber es ist ärgerlich, dass wir die Leistung nicht bis zum Ende durchziehen konnten.“ Gegen den FC Valencia und KRC Genk, die sich zum Auftakt 0:0 trennten, hat Bayer aber noch alle Chancen auf das Erreichen des Achtelfinales.

Vor allem mit einem Torhüter wie Bernd Leno. Der 19-Jährige, vor wenigen Wochen noch als dritter Torwart des VfB Stuttgart in der 3. Liga aktiv, schien in seinem ersten Spiel in der Königsklasse keine Nervosität zu kennen und zeigte eine Klasseleistung. Dutt machte gar eine Ausstrahlung aus, „die der von Cech nicht nachstand“.

Der Teenager sicherte sich nach dem Spiel, für das auch seine Eltern extra nach London gereist waren, erst einmal das Trikot seines Idols und gab ein unerwartetes Bekenntnis für Bayer ab. In die 3. Liga zurückzugehen, könne sich der bis Dezember ausgeliehene Keeper „nicht vorstellen. Leverkusen ist ein Superklub und spielt Champions League, Stuttgart nicht“, sagte er: „Ich fühle mich hier wohl, aber es liegt nicht an mir.“

Auch zum ersten Gegentor hatte er eine klare Meinung: „Das Tor darf nicht passieren, ob mit oder ohne Ballack“, meinte er bestimmt: „Aber ich denke, für Michael war es was Riesiges, wie er hier verabschiedet wurde.“ Dies war zunächst freilich nur ein schwacher Trost.

Die Statistik

Chelsea: Cech - Bosingwa, Ivanovic, David Luiz (76. Alex), Cole - Mikel - Malouda, Meireles (64. Lampard) - Sturridge (64. Anelka), Mata - Torres. - Trainer: Villas-Boas

Leverkusen: Leno - Castro, Reinartz, Toprak, Kadlec - Lars Bender (80. Balitsch), Rolfes - Schürrle, Ballack (66. Renato Augusto), Sam (73. Derdiyok) - Kießling. - Trainer: Dutt

Schiedsrichter: Stephane Lannoy (Frankreich)

Tore: 1:0 David Luiz (67.), 2:0 Mata (90.+2)

Zuschauer: 33.820

Beste Spieler: Mikel, Sturridge - Leno, Lars Bender, Schürrle

Gelbe Karten: Torres, David Luiz - Castro, Lars Bender, Derdiyok

Torschüsse: 23:11

Ecken: 6:2

Ballbesitz: 57:43 Prozent

Fouls: 13:24