Jupp Heynckes hat als Trainer vom FC Bayern München klare Vorstellungen. Selbst ein Franck Ribery wird künftig keine Sonderrechte mehr erhalten.

Riva del Garda. Die Arme hinter dem Rücken verschränkt, die rote Bayern-Kappe tief ins Gesicht gezogen: Scheinbar ganz entspannt beobachtet Jupp Heynckes die Ballstafetten von Arjen Robben und Co. Doch im nächsten Moment explodiert er auf dem Trainingsplatz in Arco wie früher als Stürmer: Wild gestikulierend verbessert er seine Stars oder feuert sie lautstark an. „Weiter, weiter, weiter!“, ruft er immer wieder. Ein Motto, das längst auch für Heynckes selbst gilt: 66 - und kein bisschen müde.

In einem Alter, in dem der normale Arbeitgeber in den Ruhestand geht, hat Heynckes noch einmal die größte Herausforderung angenommen, die es im deutschen Fußball gibt: Trainer beim Rekordmeister Bayern München.

Doch zu glauben, „da komme ein älterer Herr, der zum Schluss noch ein wenig Spaß haben will, wäre ein großer Fehler“, sagte Vorstandschef Karl-Heinz Rummenigge - was Heynckes am Montag im Trainingslager in Riva del Garda gleich mit einer deutlichen Ansage an seine Superstars unterstrich.

So stellte er unmissverständlich klar, dass es bei ihm selbst für Franck Ribery keine Sonderrechte geben wird. „Es ist wichtig, dass man sich nicht auf einen Spieler fokussiert. Franck muss sich wie jeder andere auch integrieren“, sagte Heynckes. Der FC Bayern habe so viele Topspieler wie etwa Philipp Lahm, Bastian Schweinsteiger, Mario Gomez, Arjen Robben oder Thomas Müller, „man muss heutzutage als Team funktionieren“.

Deshalb sind für Heynckes, der am Montag Lahm und Schweinsteiger als Kapitäne bestätigte, Disziplin und gegenseitiger Respekt „sehr wichtig“. Aber genauso gehört für ihn der Faktor Spaß dazu. Dass er selbst „riesigen Spaß“ habe, betonte Heynckes in den vergangenen Tagen immer wieder.

Längst ist der FC Bayern, bei dem der frühere Nationalspieler bereits zum dritten Mal die Verantwortung trägt, zu einer Herzensangelegenheit für ihn geworden. Er sei wieder „zu Hause“, hatte er bei seiner Vorstellung vor einer Woche erklärt.

Nach der kurzen Ära Louis van Gaal setzen die Verantwortlichen große Hoffnung in den neuen, alten Coach. „Jupp ist der richtige Mann am richtigen Ort zum richtigen Zeitpunkt“, betonte Rummenigge: „Mit ihm können wir alle Ziele erreichen.“

Heynckes weiß aus Erfahrung, was in München von ihm erwartet wird: Titel. „Wir müssen und können uns hohe Ziele setzen“, sagte er entsprechend und versprach: „Der FC Bayern wird ein ganz anderer FC Bayern sein als letztes Jahr, davon können sie ausgehen.“

Auch Heynckes, der die Bayern schon von 1987 bis 1991 und noch einmal 2009 betreut hatte, ist ein Anderer geworden. Bei seiner ersten Amtszeit in München galt er noch als äußerst verbissen. Durch die Erfahrungen auf seinen Auslandsstationen bei Athletic Bilbao, Benfica Lissabon, Real Madrid und CD Teneriffa sei er nun aber als Mensch „moderater, zugänglicher und offener“ geworden, erzählte er. Auch als Trainer habe er sich verändert.

Dabei hatte Heynckes vor zwei Jahren seinen Abschied verkündet. „Ich war schon im Vorruhestand“, sagt er heute, doch fünf Wochen als Interimstrainer beim FC Bayern hätten ihm wieder „Geschmack auf den großen Fußball“ gemacht: „Mich reizt es, mit Topspielern zu arbeiten. Ich strebe den größtmöglichen Erfolg an.“

Dafür will er in den kommenden Wochen vor allem wieder die in der vergangenen Saison sehr anfällige Bayern-Defensive stärken. „Es muss wieder schwer werden, gegen uns ein Tor zu erzielen. Der FC Bayern muss wieder kompakt und abwehrstark auftreten - wie in vielen großen Epochen“, sagte Heynckes und fügte an: „Der Sturm gewinnt Spiele, die Abwehr Meisterschaften.“ Und sollte das gelingen, „dann dürfen mich die Spieler auch für einen Tag duzen“.