Böse Blicke und harte Worte beim verbalen Schlagabtausch vor dem Boxkampf des Jahres in Hamburg. Handgemenge der Lager vor der Tribüne.
Hamburg. Das englische Großmaul David Haye pöbelte und provozierte, Wladimir Klitschko konterte cool und verhöhnte seinen Erzfeind als „Prinzessin“: Fünf Tage vor dem Boxkampf des Jahres haben sich die Weltmeister einen verbalen Schlagabtausch geliefert. Beide Schwergewichtler machten bei der offiziellen Pressekonferenz in der Hamburg Messe kein Hehl aus ihrer gegenseitigen Abneigung und heizten die Stimmung vor dem Megafight am Sonnabend (ab 22.45 Uhr/RTL) mit markigen Sprüchen kräftig an.
Nachdem Haye auf dem Podium seinem Widersacher den Handschlag verweigert hatte, sagte der 30 Jahre alte Brite: „Ich werde dir die Hand schütteln, wenn ich dich am Sonntag im Krankenhaus besuchen komme. Es wird eine Exekution geben, wie es sie im Boxen noch nicht gegeben hat.“ Klitschko konterte schlagfertig, indem er Hayes 30-minütige Verspätung aufs Korn nahm. „Es haben alle eine halbe Stunde auf dich Prinzessin gewartet“, sagte der 35-Jährige.
Den skandalösen Auftritt im April 2009, bei dem Haye mit einem T-Shirt schockte, auf dem er die abgetrennten Köpfe der Box-Brüder aus der Ukraine in Händen hielt, hat Wladimir Klitschko nicht vergessen. „Ich knocke dich aus und hole dich in dein normales Leben zurück. Das wird gut für dich sein“, sagte „Dr. Steelhammer“.
Beim obligatorischen „stare down“, bei dem sich die Kontrahenten minutenlang tief in die Augen schauen, zeigte der Ukrainer seinem Gegner als Warnung die linke Hand, auf der die Zahl 50 geschrieben stand. Ein vorzeitiger Sieg gegen Haye wäre der 50. K.o in seiner Karriere.
Zwischenzeitlich gab es vor dem Podium sogar für zwei Minuten ein kleines Handgemenge zwischen beiden Lagern. Die Lage eskalierte jedoch nicht, weil sich die beiden Boxer aus dem Tumult heraushielten. Denn im Titelvereinigungskampf in Klitschkos Wahlheimat Hamburg steht zu viel auf dem Spiel: Es geht um drei Titel, viel Geld - vor allem aber geht es um die Ehre.
Der laut Klitschko-Trainer Emanuel Steward „beste Kampf seit Mike Tyson gegen Lennox Lewis“ vor neun Jahren elektrisiert die Massen: Etwa 45.000 Fans werden in der Hamburger WM-Arena mitfiebern, der übertragende TV-Sender RTL hofft auf eine Einschaltquote deutlich über zehn Millionen Zuschauern. In über 150 Ländern wollen TV-Sender den rund 25 Millionen Euro schweren Megafight live oder zeitversetzt im Fernsehen übertragen.
Doch das Duell könnte für lange Zeit das letzte große Highlight im Schwergewichtsboxen sein. Sollte IBF- und WBO-Champion Klitschko seinen 56. Sieg im 59. Profikampf feiern und Haye den WBA-Titel abnehmen, hätten er und sein älterer Bruder Witali (WBC-Meister) alle vier Gürtel der bedeutendsten Verbände in der Familie vereint.
Das will Haye mit allen Mitteln verhindern. Schon in den Tagen zuvor hatte er seinen Gegner bei jeder Gelegenheit provoziert und dabei die Grenzen des Geschmacks oft überschritten: „Ich würde ihm am liebsten in die Eier hauen, wenn der Ringrichter nicht hinschaut. „ Oder auch: „Wenn wir Tiere wären, dann wäre ich ein Leopard und er ein beschissener Esel.“
Seit Ende 2008 sind die Klitschkos Ziel von Hayes üblen Verbalattacken. Vor zwei Wochen stellte Haye sein neues Handyspiel „David Haye’s Knockout“ vor, bei dem man einem virtuellen Gegner den Kopf abschlagen muss. „Mein Gegner in diesem Spiel ist ein sehr großer Osteuropäer. Am 2. Juli wird jeder sehen, wer genau dieser Typ ist, dem ich den Kopf wegblase“, sagte Haye.
Doch der frühere Champion im Cruisergewicht, der 25 seiner bisherigen 26 Profikämpfe (23 durch K.o.) gewann, hat bereits bewiesen, dass er nicht nur ein starkes Mundwerk hat. „Er sieht gut aus und ist schnell. Er ist eine gute Herausforderung für mich“, gab selbst Klitschko zu.
Der Wahl-Hamburger bereitete sich akribisch wie selten zuvor auf seinen Gegner vor. Vier Sparringspartner, die allesamt Haye in Statur und Stil ähnelten, hat der Ukrainer verschlissen. Die Bauchmuskelverletzung, wegen der der Olympiasieger von 1996 den für den 30. April geplanten Kampf mit Hayes Landsmann Dereck Chisora absagen musste, scheint vollständig ausgeheilt.
Das mit Spannung erwartete Duell Klitschko vs. Haye war eigentlich schon für Juni 2009 geplant, doch damals ließ der „Hayemaker“ den Kampf in der Schalker Arena wegen einer Verletzung platzen. Wenige Wochen später sagte er einen Kampftermin gegen Witali Klitschko ab, weil er mit den Vertragskonditionen nicht einverstanden war. Jetzt passt der finanzielle Rahmen: Die Einnahmen aus dem rund 25 Millionen Euro schweren Titelkampf werden zwischen beiden Boxern geteilt.