Mit einem Handyspiel, in dem Haye seinem Gegner den Kopf abschlägt, provoziert der Brite vor dem Kampf am 2. Juli erneut Wladimir Klitschko.
Hamburg. David Haye kann es einfach nicht lassen: Der britische Box-Schwergewichtsweltmeister, der seinen WBA-Titel am 2. Juli im Kampf gegen Wladimir Klitschko in Hamburg mit den Gürteln der Verbände IBF und WBO vereinigen will, hat mit einer erneuten geschmacklosen Provokation für einen Skandal gesorgt. Im Rahmen eines Pressetermins in London stellte Haye ein neues Handyspiel mit dem Namen „David Haye’s Knockout“ vor. Ziel der Anwendung ist es, einem virtuellen Gegner den Kopf abzuschlagen. „Mein Gegner in diesem Spiel ist ein sehr großer Osteuropäer. Am 2. Juli wird jeder sehen, wer genau dieser Typ ist, dem ich den Kopf wegblase“ sagte Haye.
Das Spiel erinnert an den zweieinhalb Jahre zurückliegenden Skandal. Im Dezember 2008 hatte sich Haye mit einem T-Shirt gezeigt, auf dem er die abgetrennten Köpfe der Klitschko-Brüder in Händen hielt. Die Ukrainer haben bereits eine Rache im Ring angekündigt. „Für diese Aktion werde ich ihn bestrafen“, sagte Wladimir.
Gegner Haye gab für den 2. Juli einen Knockout in der 5. oder 6. Runde als sein Ziel aus: „Wladimir denkt, ich sei irgend so ein Cruisergewichtler. Aber wenn ich in den Ring steige, wird er ganz schnell spüren, dass er den härtesten Puncher vor sich hat. Ich bin schneller und härter als je zuvor“, sagte Haye und schickte im Gespräch mit dem Magazin "Stern" gleich die nächste Provokation hinterher: „Wladimir wird nie wieder boxen wollen - und auch nicht mehr können.“
Nach dem Sieg gegen Wladimir werde er sich auch dessen älteren Bruder Vitali vornehmen, ehe er sich in den Box-Ruhestand verabschiede und Actionheld in Hollywood werde: „Dann wird die ganze Welt sagen: ’David Haye ist der beste Erdenbürger, er hat mit gutem Grund gewonnen’.“ (sid)
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Der Arbeitsplatz, heißt es, ist ein Ort, der viel über den Charakter eines Menschen aussagt. Wenn das stimmt, dann sind die ukrainischen Brüder Wladimir und Vitali Klitschko zwei aufgeräumte, strukturierte und uneitle Wesen, die auf Luxus keinen Wert legen und die versuchen, Tradition und Moderne zu verbinden.
Um das herauszufinden, muss man nach Bahrenfeld fahren, denn obwohl die Schwergewichts-Weltmeister - Wladimir, 35, hält die Titel der Verbände WBO und IBF, Vitali, 39, ist Champions des WBC - den von der Öffentlichkeit wahrgenommenen Großteil ihrer (Hand-)Arbeit in Boxringen erledigen, schlägt das Herz des Familienunternehmens im Gebäude einer alten Fischfabrik an der Borselstraße. 2007 wurde diese neu gestaltet und bietet seitdem als "Westend" Büroraum für kleine und mittelständische Firmen, vorrangig aus der kreativen Branche. Im vierten Stock logiert auf 250 m² die Klitschko Management Group, kurz KMG. Sieben Mitarbeiter, deren Namen aus Datenschutzgründen nicht in der Zeitung stehen sollen, arbeiten in hellen, mit Parkettfußboden und hohen Fenstern ausgestatteten Büros an der Zukunft der Klitschkos.
In diesen Tagen brennt dort die Luft, immerhin gilt es, den weltweit herbeigesehnten Megafight zwischen Wladimir und dem britischen WBA-Weltmeister David Haye, 30, über die Bühne zu bringen, der am 2. Juli in der Hamburger Imtech-Arena ausgetragen werden soll. Während sich der jüngere Bruder derzeit im Trainingslager in Going (Tirol) vorbereitet, hilft Vitali meist aus Kiew, wo er seine politische Karriere vorantreibt, bei organisatorischen Fragen. Gemeinsam sitzen sie nur selten an ihrem Schreibtisch, und das ist vielleicht auch besser so, denn im Gegensatz zur Größe der Zweimeterhünen wirkt ihr Büro klein.
Ein Computer mit Flachbildschirm steht auf dem Tisch, zwei Telefone gibt es, ein paar Autogrammkarten liegen gemeinsam mit einigen Postkarten neben einem Trikot des Eishockeyteams der Hamburg Freezers, das Vitali im vergangenen Herbst mal beim Training besucht hatte. Das Paar rote Boxhandschuhe erinnert den Besucher daran, welche Sportart die Bürobenutzer betreiben, an die Wand sind einige Fotos geklebt, eins zeigt Wladimir mit dem Golfprofi John Daly. Viel mehr gibt es nicht zu sehen. Es ist ein Büro für Arbeiter, nicht für Schöngeister.
Durch einen türlosen Durchgang gelangt man in das Büro von Bernd Bönte. Der 54-Jährige ist seit 2001 der Manager der Klitschko-Brüder, er ist zu einem Drittel Inhaber von KMG und auch Geschäftsführer. Er hat allein mindestens so viel Platz wie die Brüder zu zweit, aber das ist auch notwendig, denn sein Büro ist eher ein Museum. Neben diversen Klitschko-Devotionalien, darunter drei signierte Kampfhosen von richtungweisenden Klitschko-Kämpfen, schmücken Fotos von großen Boxduellen die Wände, unterschrieben von Idolen wie Max Schmeling und Muhammad Ali. Einzig die olympische Goldmedaille, die Wladimir 1996 in Atlanta gewann, fehlt. Sie liegt im Konferenzraum auf einer Anrichte.
Bönte ist der Mann, bei dem die Fäden zusammenlaufen, er steuert die Vermarktung der Brüder als saubere Helden, als Top-Testimonials, denen eine Umfrage des Marketing-Magazins "Horizont" bescheinigte, die glaubwürdigsten Sportler in Deutschland zu sein. Böntes Anspruch ist es, nur mit Premiumpartnern zu arbeiten. In Los Angeles und Kiew gibt es Zweigstellen des Unternehmens, die unter dem Namen K2 firmieren und von den Einheimischen Tom Loeffler und Alexander Krassyuk geleitet werden. In den USA hat K2 zwei, in Osteuropa sogar zehn weitere Boxer unter Vertrag.
Mit zwei großen Projekten werden die Brüder in diesem Jahr ihren Fans noch näher gebracht. Ein 140 Zentimeter hoher Bildband, laut Bönte das größte jemals gebundene Serienbuch, ist in Arbeit, die Texte schreibt der renommierte Sportjournalist Hartmut Scherzer. Der Dokumentarfilm "Klitschko", der die Brüder über zwei Jahre intensiv begleitet hat, ist ab 16. Juni in den Kinos. Er soll später auch im frei empfangbaren Fernsehen laufen, die Rechte sind noch nicht verhandelt.
Das Tätigkeitsfeld der Klitschko Management Group beschränkt sich indes längst nicht mehr nur aufs Boxen. "Wir arbeiten an Projekten im Gesundheits- und Pharmasektor, wir wollen im Eventbereich größer einsteigen und uns um den Aufbau von jungen Künstlern aus der Musikbranche kümmern, und wir bieten Consulting für Firmen aus dem Westen an, die in der Ukraine Fuß fassen wollen", erklärt Bönte. All das sind jedoch Themen für die Zeit nach der aktiven Karriere der Brüder, wenn sie ihren Arbeitsplatz komplett aus dem Ring ins Büro verlegen. Dorthin, wo schon heute das Herz ihres Unternehmens schlägt: in die Borselstraße in Bahrenfeld.