Die Fußball-Wettmafia um Ante Sapina steht vor Gericht. Sie sollen 46 Fußballspiele manipuliert haben, auch ein WM-Qualifikationsspiel.

Bochum. Ausgerechnet die kleinste Nummer ließ zum Prozessauftakt gegen die Bosse der Fußball-Wettmafia um Ante Sapina alle warten. Der mutmaßliche Helfershelfer Ramazan K. erschien erst mit anderthalb Stunden Verspätung vor der 12. Strafkammer des Bochumer Landgerichts. Der Türke, dem nur in einem Fall Beihilfe zum Bandenbetrug vorgeworfen wird, hatte verschlafen.

Geduld wird im zweiten Prozess um den Fußball-Wettskandal nicht nur am ersten Tag gefordert sein. Die Beteiligten rechnen mit einer langen Verhandlung. "Meine Befürchtung ist, dass es Monate dauern wird, bis man zu einem Urteil kommt“, sagte Verteidiger Alexander Hornung von Sapinas Kompagnon Marijo C., dem insgesamt 47 Anklagepunkte vorgehalten werden.

Schon die Anklageschrift benötigte Zeit: Über drei Stunden dauerte es, bis Staatsanwalt Matthias Rohde im Sitzungssaal C 240 aus der 287 Seiten starken Akte die insgesamt 52 Anklagepunkte gegen die sechs Beschuldigten vorgelesen hatte. Es geht um 46 Fußballspiele, die angeblich verschoben wurden. Neben Ante Sapina, der schon in den Bestechungsskandal um DFB-Schiedsrichter Robert Hoyzer verwickelt war, und Marijo C., laut Anklage die „Köpfe der Bande“, stehen der Bordellbesitzer Deniz C., der ehemalige Basketball-Profi Ivan P., Dragan M. und Ramazan K. vor Gericht.

Sapinas Verteidiger Stefan Conen teilte mit, dass sich sein geständiger Mandant ausführlich zu den Vorwürfen äußern wolle. „Die Anklageschrift basiert weitestgehend auf seinen Aussagen“, sagte der Berliner Anwalt, „ich hoffe deshalb auf Strafmilderung. Ante Sapina ist weder der Wettbetrüger, noch der Erfinder der Manipulationen.“ Die Familie des „Navigators“, der nach dem Hoyzer-Prozess zu zwei Jahren und elf Monaten Haft verurteilt worden war, verfolgte den Auftakt im Zuschauerraum. Fünf der sechs Angeklagten wollen sich zur Sache äußern, lediglich Ramazan K. machte von seinem Recht zu schweigen Gebrauch.

Die Beschuldigten sollen unter anderem das WM-Qualifikationsspiel zwischen Liechtenstein und Finnland vom 9. September 2009 und die Champions-League-Partie zwischen VSC Debrecen und dem AC Florenz verschoben haben. Sie sollen allein in Asien für 32 Millionen Euro Wetten platziert haben. Gegen Deniz C. wurde zudem noch der Vorwurf der schweren Körperverletzung erhoben. Er soll unter anderem gewaltsam Geld eingetrieben haben. Seine Anwälte stellten am Ende des ersten Prozesstages Antrag auf Haftentlassung. Wie die mutmaßlichen Haupttäter Sapina und Marijo C. sitzt Deniz C. seit 16 Monaten in Untersuchungshaft.

Beim WM-Qualifikationsspiel in Liechtenstein und Finnland sollen die Wettpaten den Schiedsrichter bestochen haben, damit nach der Pause beide Tore zum 1:1 fallen. Beim Champions-League-Spiel zwischen Debrecen und Florenz am 20. Oktober 2009 wollten sie den Torhüter der Ungarn laut Anklage mit 100.000 Euro schmieren, stellten bei der Geldübergabe aber fest, dass der Keeper offenbar schon von anderer Seite bestochen worden war. Debrecen verlor 3:4.

Im Sommer 2009 organisierten Sapina und Marijo C. ein Trainingslager des bosnischen Klubs NK Travnik in der Schweiz, so die Ermittler. Sie zahlten laut Anklage Hotel- und Reisekosten, meldeten die Spiele offiziell beim Weltverband FIFA an, bestachen Trainer, Funktionäre und Spieler. Der Wettgewinn soll über 300.000 Euro betragen haben. Marijo C. saß angeblich sogar auf der Trainerbank und wechselte eigene Gastspieler ein.

Der Prozess in Bochum wird am Donnerstag (11.00 Uhr) fortgesetzt.

(sid/abendblatt.de)