Nun hat auch der Trainer des Meisters den Wechsel im Tor für offiziell erklärt. Routinier Butt muss auf die Bank und reagiert enttäuscht.

München. Wenn der FC Bayern München am kommenden Sonnabend (15.30 Uhr/Sky und im Liveticker auf abendblatt.de) beim VfL Wolfsburg antritt, werden die Kameras neben Neuzugang Luis Gustavo vor allem auf den Torhüter der Münchner gerichtet sein. Der 22-jährige Thomas Kraft wird, wenn ihn keine Verletzung mehr bremsen wird, im Tor der Bayern stehen. Das bekräftigte Trainer Louis van Gaal am Mittwoch: „Ich habe sehr großes Vertrauen, dass er das schafft. Nur wenn man einem Spieler eine Chance gibt, weiß man, kann er das oder nicht.“ Van Gaal sorgt damit erneut für eine Überraschung. In der Vergangenheit wagte der Niederländer regelmäßig Experimente. So beorderte er bereits die bis dato unbekannten Holger Badstuber und Diego Contento in die Startelf, setzte erfahrene Kräfte wie Martin Demichelis und Daniel van Buyten vor die Tür, oder auf die Bank. Nun steht der nächste spektakuläre Personalwechsel beim Rekordmeister an.

Routinier Jörg Butt (36) muss auf die Bank. Im Trainingslager der Bayern in Katar ließ van Gaal Talent Kraft stets in der A-Elf mit Franck Ribery und Arjen Robben spielen, Butt musste mit den Ersatzleuten ran. Kraft, der seit 2004 zum Verein gehört, durfte bereits in der Champions League gegen AS Rom (2:3) und den FC Basel (3:0) Erfahrungen sammeln. Da waren die Münchener jedoch bereits fürs Achtelfinale qualifiziert.

Hintergrund des Torwart-Tauschs: Louis van Gaal gilt als Kraft-Fan und generell als Förderer des eigenen Nachwuchses. Die Bayern-Verantwortlichen hatten hinter den Kulissen bereits am Transfer des Schalker Nationaltorhüters Manuel Neuer zur kommenden Saison gearbeitet. Butts Vertrag in München läuft aus. Kraft hattebereits angekündigt, den Verein im Falle eines Neuer-Transfers verlassen zu wollen.

Van Gaal betont aber auch, Kraft müsse das Vertrauen bestätigen: „Ich bin ein Leistungscoach. Wenn er das nicht schafft, wird Jörg Butt wieder Nummer eins. Aber das weiß man nicht nach nur einem Spiel.“ Butt habe enttäuscht auf seine Degradierung reagiert. „Das ist normal“, sagte van Gaal. „Butt hat alles gut gemacht, aber Kraft ist besser geworden.“

Zugleich betonte der Niederländer, die Bayern-Führung frühzeitig über den beabsichtigen Wechsel informiert zu haben. „Ich habe das meinem Vorstand mitgeteilt schon vor der Winterpause – und auch meinem Sportdirektor.“ Mit seinem Trainerstab habe er dann in der Weihnachtspause noch einmal über den Wechsel im Tor nachgedacht. „Alle waren der Meinung, dass wir das ändern müssen.“

Die Karriere des Thomas Kraft steht durch den Sprung zur Nummer eins am Höhepunkt. In dem Ort Kirchen begann er mit dem Kicken. Doch „da ist fußballerisch nichts. Da muss man Glück haben und über Auswahlteams auf sich aufmerksam machen. Mit 12, 13 habe ich dann aber wirklich viel trainiert - für mich gab es nichts anderes als Fußball“, sagt Kraft. Auch seinen Jugend-Förderern fiel der Ehrgeiz und der absolute Wille bereits früh auf. Als „absolut Fußballverrückten im äußerst positiven Sinne“, bezeichnet ihn sein ehemalige Trainer Stefan Hoffmann. Doch Kraft musste fernab der Heimat früh einen Rückschlag hinnehmen. Nach einem halben Jahr in München starb sein Vater. „Das war sehr hart“, sagt Kraft rückblickend. Doch sein Ehrgeiz ließ ihn auch diese Zeit überwinden.

Sein persönliches Glück hat Kraft bereits gefunden. Vor zwei Jahren heiratete der mittlerweile 22-Jährige seine Freundin Denise. Denise und seine zwei Hunde, Dina und Blake, sind sein ganzer Stolz. Zu seinem persönlichen Glück kommt nun das sportliche. Kraft steht dort, wo er immer hinwollte, getreu seinem Lebensmotto: „Ohne Fleiß keinen Preis“. (dpa/sid/abendblatt.de)