Deutsches Galoppderby: Nach zwei schweren Stürzen muss Katharina Werning in diesem Jahr zuschauen. 2011 greift sie wieder an.
Hamburg. Als sie gestern auf dem Derbygelände in Horn zwischen Absattelring, Waagegebäude und Führring pendelte, waren ihr die Blicke der männlichen Rennbahnbesucher sicher - vor allem bei den obwaltenden Temperaturen. Dass die blonde Frau mit dem kornblumenblauen Designerkleid auch im Sattel feuriger Vollblüter eine erstklassige Figur macht, wissen nur die wenigsten. Katharina-Daniela Werning aus Dortmund präsentiert eine besonders attraktive Seite des Turfs. Sportlich wie optisch.
Jedenfalls bis Anfang Juni. Denn nach dem zweiten schweren Sturz innerhalb eines halben Jahres folgte die 25-jährige Berufsrennreiterin aus Dortmund dem dringenden Rat ihrer Ärzte: "Sofort raus aus dem Sattel!" Ein Jahr darf und will die Amazone nicht mehr starten.
Entgegen aller Planungen und Hoffnungen ist sie also während der Derbywoche in Hamburg zum Zuschauen verurteilt. "Das ist natürlich bitter", sagte sie bei einem Mineralwasser auf der Terrasse des NH-Hotels mit Blick auf das Geläuf, "hämmernde Kopfschmerzen" und Rückenprobleme jedoch waren deutliche Warnsignale, die den Rat der Ärzte unterstrichen.
Dass Katharina Werning trotzdem quicklebendig über den Sattelplatz läuft und Gespräche über künftige Einsätze als Moderatorin und Model führt, werten Mediziner als kleines Wunder. Denn nach ihrem schweren Unfall am 12. Dezember in Dortmund-Wambel war Schlimmeres zu befürchten. Und das Ende ihrer Galoppkarriere wäre dabei nur das geringste Problem gewesen.
Ihre Lieblingsstute Felicia war auf vereisten Steinen ausgerutscht, zu Boden gefallen und hatte sich zweimal überschlagen. "Ich kann mich an nichts erinnern", sagt sie heute. Mit Prellungen, Schürfwunden und einer intensiven Hirnblutung wurde Katharina Werning nach dem Unfall per Rettungswagen ins Krankenhaus gebracht. Zwei Tage lag sie auf der Intensivstation im Koma.
Der Vater, selbst ein engagierter Galoppertrainer, und ihre sechs Geschwister reagierten erleichtert, als Kathi erwachte. Während monatelanger Rehabilitation in Hagen musste sie Sprechen und Schreiben in Grundzügen neu erlernen. Welch ein Segen, dass Versicherung und Berufsgenossenschaft finanziell zur Seite standen. "Es war eine ganz schlimme Zeit", meint sie rückblickend.
Gute Ärzte, ein intaktes familiäres Umfeld, Disziplin und vor allem ihr typischer Biss führten zur überraschend schnellen Gesundung. Und so stieg Katharina Werning zur Verblüffung der Turfszene schon im Mai wieder in den Sattel. Vom Ehrgeiz gepackt, an frühere Erfolge anzuknüpfen. Als aktuell beste deutsche Reiterin brachte sie es trotz ihrer 25 Jahre schon auf 156 Siege. 2008 bestritt sie 308 Rennen, im vergangenen Jahr waren es 251. Bereits da musste sie nach einem Handbruch in Mülheim wochenlang pausieren. "Einfühlungsvermögen und taktisches Gespür sind wichtiger als schiere Kraft", lautete ihr Motto nach der Genesung. "Wir weiblichen Jockeys müssen doppelt und dreifach so gut sein, um gleiche Chancen zu haben." Mit ihrem speziellen Faible und intuitiven Händchen gerade für komplizierte Pferde glückte es ihr zuletzt immer öfter, den männlichen Rivalen die Hufeisen zu zeigen.
Bis am 6. Juni der nächste Sturz erfolge - körperlich wie seelisch. Auf dem Hippodrom in Hassloch scheute ihr Vollblüter und katapultierte die Amazone auf die Bahn. Mit Blaulicht und einer starken Gehirnerschütterung ging es ins Krankenhaus. Schon wieder. "Jetzt reicht's!", hieß es dort. Die Gelbe Karte der Ärzte wurde ernst genommen.
"Ich bin doch nicht lebensmüde", sagt Frau Werning jetzt und hält sich strikt an die verordnete Rennpause. Ein Stück Kuchen lehnt sie dankend ab. Nicht nur wegen ihrer 50 Kilogramm Renngewicht mit Blick auf 2011, sondern auch wegen ihrer Modellfigur. Neben ihren Moderationen auf Trab- und Galopprennbahnen sowie Laufsteg-Einsätzen für die Berliner Designerin Gesine Wessels hat Kathi Werning ein drittes Bein für ihre wirtschaftliche Existenz: Mit einer selbst konzipierten Vermarktungsstrategie will sie den Trabern in Gelsenkirchen Sponsoren zuführen.
An ihrem grundsätzlichen und wichtigsten Ziel ändert das aber nichts. "Ich will wieder Rennen bestreiten", sagte sie. Auf jeden Fall während der Hamburger Turftage 2011. Bisher hat Katharina-Daniela Werning meist geschafft, was sie wollte.