Andrea Petkovic hat in Stuttgart ein erfolgreiches Comeback gefeiert. Die Hoffnungsträgerin will nun ihre großen Ziele verwirklichen.
Stuttgart. Der Petko-Dance fehlte - obwohl Andrea Petkovic angesichts ihres geglückten Tour-Comebacks nach 105-tägiger Abstinenz allen Grund zum Tanzen gehabt hätte. Ein Winken ins Publikum, ein paar Autogramme für die Fans, dann trat die Rückkehrerin ohne große Gesten den Gang in die Katakomben der Stuttgarter Arena an.
Der für Petkovic-Verhältnisse zurückhaltende Jubel nach ihrem Achtelfinaleinzug beim WTA-Turnier in der Schwabenmetropole dokumentierte ein Stück weit den Wandel, den die 24-jährige Darmstädterin während ihrer über dreimonatigen Verletzungspause vollzogen hat. „Ich bin ruhiger geworden und habe nicht mehr die extremen Emotionen. Ich fühle mich emotional stabiler und sehe es als großes Geschenk, wieder spielen zu können. Mir hat der Druck gefehlt“, sagte Petkovic nach dem 6:1, 6:4 im Erstrundenduell gegen Kristina Barrois (Stuttgart). Im Achtelfinale wartet nun am Donnerstag die topgesetzte Australian-Open-Gewinnerin Wiktoria Asarenka (Weißrussland).
+++ Petkovic verliert und besiegelt so den Abstieg +++
Auch in Sachen Zielsetzung hat bei „Petko“ in der „schwierigen Phase“ seit Mitte Januar, in der sie sich bei einem einsamen Malediven-Urlaub auf die Suche nach sich selbst begab, ein Umdenken stattgefunden. „Vom Ranglistendenken habe ich mich gelöst. Ich will jetzt versuchen, die großen Titel zu gewinnen“, erklärte die Weltranglisten-Zwölfte.
Will heißen: Bei den Grand-Slam-Turnieren den nächsten Schritt machen. Dreimal stand Petkovic 2011 in einem Major-Viertelfinale, hat im Gegensatz zu ihren Fed-Cup-Kolleginnen Sabine Lisicki und Angelique Kerber aber noch nie das Halbfinale eines Grand Slams erreicht. Damit es klappt, will sich Petkovic künftig auf die großen Tournaments konzentrieren und dazwischen längere Auszeiten nehmen. Zwischen den French Open (ab 27. Mai) und Wimbledon (ab 25. Juni) beispielsweise wird sie eine Turnierpause einlegen.
Körperlich fühlt sich Petkovic, die die tennislose Zeit „stinklangweilig“ fand und deshalb „demütig“ zurückkehrte, nach der auskurierten Rückenverletzung gerüstet für den großen Wurf. „Meine Rotation ist sogar besser als vorher.“ Ihre kleinen Handicaps hat der Eintracht-Frankfurt-Fan („Aufstieg!“) im Griff.
So wie die chronische Geschichte mit dem Innenmeniskus. Während der Matches zieren jetzt ein rotes, ein blaues Tape sowie ein beiges Band ihr rechtes Bein. Das eine, um die Nerven anzuregen und den Schmerz zu lindern, das andere, um das Innenband zu fixieren - und das dritte, um das schon einmal gerissene Kreuzband „hinten zu halten“, wie „Dr. Petko“ erklärte.
Der dicke Eisbeutel, der nach ihrem Comeback am Knie befestigt war, bewies, dass sich ihr Körper nach der Pause erst wieder an den Wettkampf gewöhnen muss. Deshalb sieht Petkovic das Duell gegen Asarenka auch nicht als Standortbestimmung. „Das wäre noch zu früh. Aber ich nehme die Herausforderung an.“
Vor einer anderen Herausforderung hat die Hessin, die früher scherzhaft mit dem Bundeskanzler-Job liebäugelte, mittlerweile kapituliert. Statt Politik („Das hat mich teilweise genervt und geärgert“) studiert sie nun Philosophie und Literatur an der Fern-Uni Hagen. Und in ruhigen Momenten schreibt sie ihre Gedanken in ein kleines Buch. „Poesie wäre zuviel gesagt. Es macht mir einfach Spaß, etwas mit Sprache zu machen“, verriet Petkovic, die davon träumt, „einmal ein Drehbuch“ zu schreiben. Ihr sportliches Drehbuch hat sie schon fertig im Kopf. Der Titel: Der große Coup von Paris, Wimbledon, New York oder Melbourne. (sid/abendblatt.de)