Sebastian Zbik (28), Mittelgewichtsprofi aus dem Hamburger Universum-Stall, muss am Sonnabend seinen WBC-Interims-WM-Titel verteidigen.
Hamburg. Er weiß, dass es seltsam sein wird am Sonnabend in der Magdeburger Bördelandhalle. Dieses Gefühl, dass der Mann, der ihn im Ring erwartet, ihm dort schon einmal zwölf Runden lang gegenüberstand, doch der Mann, der ihn in den Pausen empfängt, nicht mehr der ist, der dort immer stand in den 28 Profikämpfen, die er alle gewonnen hat. Sebastian Zbik (28), Mittelgewichtsprofi aus dem Hamburger Universum-Stall, muss an jenem Abend seinen WBC-Interims-WM-Titel gegen den Italiener Domenico Spada verteidigen, gegen den er sich den Titel im Juli 2009 am Nürburgring durch einen knappen Punktsieg geholt hatte. Aber in seiner Ecke wird zum ersten Mal Artur Grigorian anstelle von Fritz Sdunek sitzen.
Nicht, dass Zbik sich deshalb Sorgen machen würde. Er kommt mit Grigorian wunderbar aus. Immerhin haben die beiden einst gemeinsam bei Sdunek trainiert und am 11. September 2004 im Kiss-Stadion in Budapest noch gemeinsam geboxt. Es war Grigorians letzter Profikampf und Zbiks zweiter, beide siegten, doch dann trennten sich ihre Wege. Aus den Augen verloren sie sich nie. Grigorian wurde nach seinem Karriereende Sduneks Assistent, aber erst jetzt, nachdem der 62 Jahre alte Chefcoach wegen gesundheitlicher Probleme seine Arbeit bei Universum eingestellt hat, sind sie wieder so richtig vereint. "Natürlich bin ich traurig, dass Fritz nicht mehr da ist. Aber es ist richtig, dass er auf seine Gesundheit achtet. Und außerdem schreibt er ja weiter unsere Athletikpläne", sagt Zbik.
Dass sich der 182 Zentimeter große Neubrandenburger auf das vom WBC angeordnete Rematch gegen den extrem unbequemen Spada freut, mag angesichts der Geschehnisse im ersten Duell erstaunen. Damals war bei Zbik drei Wochen vor dem Kampf das Trommelfell gerissen, musste in der Klinik geklebt und anschließend eine Woche lang mit Cortison behandelt werden. Das machte sich im Ring bemerkbar. "Nach vier Runden war der Saft weg. Ich wusste, dass ich nicht gut drauf war, aber ich wollte die WM-Chance nicht wegwerfen. Im Nachhinein war es die richtige Entscheidung, auch wenn ich mir geschworen habe, so etwas Leichtsinniges nie wieder zu tun", sagt Zbik heute.
Er ist sich sicher, dass er nach einer normalen Vorbereitung das Rematch als überlegener Sieger beenden wird. "Ich werde ihn eindeutig in die Schranken weisen und zeigen, dass ich ihn klar beherrschen kann", sagt er. Konditionell dürfte es keine Probleme geben, immerhin wandelte der frühere Sportsoldat Ende Februar für drei Wochen auf den Spuren von Ex-Halbschwergewichts-Champion Dariusz Michalczewski. Erstmals war Zbik zum Trainingscamp ins polnische Zakopane gereist, wo er in der Bergwelt der Hohen Tatra auf 2000 Meter Höhe Ausdauerläufe absolvierte. "Das hat mir gut getan, auch wenn es anfangs unglaublich hart war", sagt er.
Zbik hat in seinen mittlerweile fast sechs Jahren als Profi gelernt, körperliche Belastungen wegzustecken. Wie stabil er mental ist, wird sich in Magdeburg zeigen; nicht nur, weil es der erste Kampf ohne Sdunek ist, sondern auch, weil es möglicherweise um seine Zukunft geht. Die Ungewissheit im Universum-Stall, der derzeit um einen lukrativen Anschlussvertrag nach dem Auslaufen des Kontrakts mit dem ZDF zum 31. Juli kämpft, geht nicht spurlos an ihm vorbei. "Ich weiß, dass es für mich irgendwie weitergeht, wenn ich gegen Spada gewinne", sagt Zbik. "Aber wenn ich verliere, kann es sein, dass ich im August auf der Straße sitze. Eine blöde Situation."
Die Hoffnung jedoch, nach der Pflicht gegen Spada die Kür gegen WBC/WBO-Doppelchampion Kelly Pavlik (USA) boxen und den Interims- in den "echten" WM-Titel umwandeln zu können, sei größer als die Sorge um die Zukunft. Weltmeister zu sein wäre ein Gefühl, an das er sich schnell gewöhnen könnte.