Nach dem Ausscheiden gegen die Bayern wirft Manchesters Trainer dem deutschen Rekordmeister vor, den Platzverweis provoziert zu haben.

München / Manchester. Er zerrte und zog - und ließ ihn einfach nicht los. Der junge Rafael da Silva war bereits mit Gelb vorbelastet, als er in der 50. Minute des Viertelfinalrückspiels der Champions League den Münchner Franck Ribery nur mit einem Foul stoppen konnte. Der 19-jährige Brasilianer von Manchester United sah folgerichtig den Platzverweis und wurde dadurch unfreiwillig zum entscheidenden Mann auf dem Platz. Der Rest der Geschichte ist schnell erzählt. Arjen Robben nutzte die Überzahl der Deutschen und schoss die Engländer mit seinem Traumtor zum 2:3 (Hinspiel 2:1 für Bayern) aus der Champions League.

Manchesters Trainer "Sir" Alex Ferguson mochte sich mit dem Ausscheiden nicht anfreunden und suchte die Schuld beim Schiedsrichter bzw. den Münchnern, die den Platzverweis provoziert haben sollen. Dadurch hat sich der Coach den Spott der britischen Presse zugezogen.

Die Yellow Press lästerte zudem über den überraschenden Einsatz von Stürmerstar Wayne Rooney.

„Alex Ferguson verliert seinen großen Poker mit Rooney an einem Abend, der die Nation spaltete“, schrieb die Sun. Rooney hatte sich im Hinspiel in München (1:2) am Knöchel verletzt und war trotzdem aufgeboten worden.

In der 55. Minute musste der Angreifer, der im Kader von Englands Teammanager Fabio Capello für die WM in Südafrika (11. Juni bis 11. Juli) die zentrale Figur ist, angeschlagen das Feld im Stadion Old Trafford verlassen.

„Wir sind ein Risiko eingegangen mit Rooney. Aber ich glaube nicht, dass es ernsthaft ist“, sagte Ferguson, der 1999 nach dem Husarenstück gegen die Bayern im Finale der Königsklasse von der Queen zum Ritter geschlagen worden war.

Nicht viele waren auf der Insel Sir Alex' Meinung. „Der Roo-Poker geht nach hinten los“, schrieb der Independant. Rooney humpelte in der Anfangsphase und bekam von Daniel van Buyten je einmal eins auf Knöchel und Schienbein. „Das hatten wir erwartet“, sagte Sir Alex lapidar.

Dass clevere Münchner Profis aber auch das Risiko bestraften, in Ryan Giggs, Paul Scholes und Gary Neville gleich drei erfahrene Haudegen auf die Bank zu setzen, erwischte den mit 25 Titeln in 24 Jahren erfolgreichen Teammanager offenbar völlig unverhofft. Den Preis bezahlte der 19-jährige Rafael, der die Gelb-Rote Karte nach einem Foul an Franck Ribery sah. „Sie haben den Schiedsrichter belagert und damit den Platzverweis erreicht - typisch deutsch“, sagte der 68-Jährige.

Der knorrige Schotte, der in der Vergangenheit immer wieder durch Schiedsrichter-Schelten aufgefallen war, ergänzte, dass man mit elf Mann „nie Probleme“ bekommen hätte. Die 3:1-Führung durch Tore von Darron Gibson und zweimal Nani hätte man verteidigen können. Uli Hoeneß, der den Alptraum von 1999 in Camp Nou noch schmerzhaft in Erinnerung hat, meinte dazu nur: „Wir haben in Barcelona mit Anstand verloren, das sollten sie jetzt auch tun.“

Doch nicht nur die Dominanz von Manchester United, das auch im Meisterschaftsrennen durch das 1:2 gegen den FC Chelsea nur noch Außenseiter ist, sondern auch die Vorherrschaft Englands in der europäischen Königsklasse ist vorerst gebrochen. Erstmals seit 2003 ist kein Klub aus England, das den Landesmeister-Cup zwischen 1977 und 1985 mit sieben Triumphen in neun Finals beherrscht hat, im Halbfinale der Champions League vertreten.

„Ich denke nicht, dass es einen Schatten auf unser Spiel wirft. Wir haben immer noch die beste Liga in Europa. Man bekommt im Leben nicht immer das, was man will“, sagte Ferguson.