Selten fühlte sich für die Münchner eine Niederlage schöner an. Nach der famosen Aufholjagd wartet nun die Hürde Olympique Lyon.
Manchester. Mit einem erneuten Geniestreich hat Arjen Robben Bayern München erstmals seit dem Titelgewinn 2001 ins Halbfinale der Champions League geschossen und den Traum vom Triple am Leben erhalten. Mit einem spektakulären Volleyschuss in der 74. Minute rettete der Niederländer beim 2:3 (1:3) im Viertelfinal-Rückspiel bei Manchester United den deutschen Fußball-Rekordmeister, der nach einer katastrophalen ersten Halbzeit und einem 0:3-Rückstand schon vor dem Aus stand. Schon im Achtelfinale hatte Robben beim 2:3 in Florenz den entscheidenden Treffer zum Weiterkommen erzielt.
Manchester schien nach Toren von Darron Gibson (2.) und Nani (6. und 41.) schon wie der sichere Sieger, doch dann brachte Ivica Olic die Münchner noch vor der Pause zurück ins Spiel (43.). Der Kroate hatte schon im Hinspiel in der Nachspielzeit den 2:1-Siegtreffer erzielt. In die Karten spielte den Bayern schließlich die Gelb-Rote Karte für Rafael (48.). In Überzahl warteten sie dann geduldig auf ihre Chance, die schließlich Robben nutzte.
«Das sind die wichtigen Spiele in der Saison. Meine Wade war gut, der Doktor sagte aber, ich sollte nach 60 Minuten runter. Ich habe ihm gesagt, warte noch», meinte der zuletzt angeschlagene Matchwinner Robben: «Nach dem Tor hat der Trainer mich dann sofort runtergeholt.» Ehrenpräsident Franz Beckenbauer meinte: «ManU war eigentlich in allen Belangen überlegen. Entscheidend waren dann das Tor von Olic und der Platzverweis. Dann kam das Traumtor von Robben. Besser kann man es nicht machen.» Für Trainer Louis van Gaal war der Treffer einfach nur «unglaublich».
Die schönste Niederlage der Saison brachte den Münchnern neben dem Einzug ins Halbfinale gegen Olympique Lyon (21. und 27. April), in dem im Hinspiel die gesperrten Mark van Bommel und Holger Badstuber fehlen werden, vier Millionen Euro Prämie ein. Insgesamt spielten die Bayern in der Königsklasse jetzt schon rund 45 Millionen Euro ein. Neben dem Traum vom Champions-League-Sieg am 22. Mai in Madrid haben die Müchner auch noch beste Chancen auf die deutsche Meisterschaft und den DFB-Pokalsieg im Finale gegen Werder Bremen. Beim ihrem letzten Triumph in der Königsklasse vor neun Jahren hatten die Bayern auch im Viertelfinale ManU ausgeschaltet.
Wie schon im Hinspiel in München gab es schnell eine kalte Dusche für den deutschen Rekordmeister. Nach 162 Sekunden brachte der irische Nationalspieler Gibson, der als einer von fünf neuen Spielern in die Startformation gerückt war, die Gastgeber in Führung. Bei seinem Treffer aus 20 Metern sah Bayern-Torhüter Jörg Butt, der im Hinspiel schon nach 64 Sekunden hinter sich greifen musste, nicht gut aus.
Und die «Red Devils» legten diesmal gleich teuflisch gut nach. Gerade einmal sechs Minuten waren gespielt, als Nani auf 2:0 erhöhte. Der Portugiese zauberte eine Flanke von Antonio Valencia aus fünf Metern mit der Hacke ins Netz, Butt war ohne Abwehrchance.
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Beide Mannschaften hatten ihre zuletzt verletzten Top-Stars dabei. Während Bayern-Trainer van Gaal sich allerdings schon am Dienstag festgelegt hatte, dass der bei den beiden 2:1-Erfolgen in Hinspiel und am Samstag in der Bundesliga bei Schalke 04 wegen einer Wadenverletzung fehlende Robben spielen würde, hatte Sir Alex Ferguson erfolgreich gepokert.
Am Abend vor dem Spiel hatte er einen Einsatz des am Knöchel verletzten Wayne Rooney selbst als Joker noch quasi ausgeschlossen. Dann stand der bullige englische Nationalspieler nach einer wahren «Wunderheilung» plötzlich sogar in der Startformation - und leitete mit einem Doppelpass den Führungstreffer durch Gibson ein.
Bei den Bayern kehrte gegenüber dem Hinspiel neben Robben auch der in München gelb-gesperrte Bastian Schweinsteiger ins Team zurück. Die erste Chance der Münchner hatte Olic in der 39. Minute, Torhüter Edwin van der Sar war aber schneller am Ball als der Kroate. Fast im Gegenzug gelang Nani der dritte ManU-Treffer (41.). Kurz vor der Pause traf Olic dann doch und verkürzte in der 43. Minute auf 1:3, wenig später scheiterte Robben mit einem Distanzschuss an van der Sar.
Van Gaal reagierte in der Pause und brachte für die zweite Halbzeit Nationalstürmer Mario Gomez für Thomas Müller in die Partie. In der 49. Minute hatte dann auch Geburtstagskind Franck Ribery seinen ersten «gelungenen» Auftritt. Weil er den Franzosen, der 27 Jahre alt wurde, im Mittelfeld festhielt, sah Rafael die Gelb-Rote Karte. Manchester verstärkte in der 55. Minute in Unterzahl die Abwehr durch John O'Shea. Dafür musste Rooney weichen.
Beste Spieler der Bayern waren Olic und Robben. ManU hatte seine auffäligsten Akteure in Nani und Darren Fletcher.
Die Statistik
Manchester : 1 Van der Sar - 21 Rafael, 5 Ferdinand, 15 Vidic, 3 Evra - 24 Fletcher, 16 Carrick (ab 80. Berbatov), 28 Gibson (ab 81. Giggs) - 25 Valencia, 17 Nani- 10 Rooney (ab 55. O`Shea). - Trainer: Ferguson
München: 22 Butt - 21 Lahm, 5 van Buyten, 6 Demichelis, 28 Badstuber - 17 van Bommel, 31 Schweinsteiger - 10 Robben (ab 75. Altintop), 7 Ribery- 25 Müller (ab 46. Gomez), 11 Olic (ab 84. Pranjic). - Trainer: van Gaal
Schiedsrichter: Nicola Rizzoli (Italien)
Tore : 1:0 Gibson (2.) , 2:0 Nani (7.) , 3:0 Nani (41.) , 3:1 Olic (43.) , 3:2 Robben (74.)
Gelb-Rot : Rafael (50./Manchester)
Zuschauer: 76.212 (ausverkauft)