Mit ihrem Sieg in der alpinen Kombination hat Maria Riesch das Maximale erreicht. Folgt im Super-G am Sonnabend (19 Uhr) die Zugabe?

Whistler. Am Ende eines perfekten Tages gab es eine Sache, die Maria Riesch ehrlich bedauerte. Bejubelt worden war sie an der Piste und geehrt, auf dem Siegerpodest der Medals Plaza in Whistler hatte man ihr zu Ehren die deutsche Nationalhymne gespielt, und am Abend im Kufenstüberl ließ sich die Skirennläuferin gelöst mal hierhin und mal dorthin treiben. Allein: "Es geht alles viel zu schnell vorbei. Man möchte den Moment am liebsten aufsaugen, damit er anhält."

Als erste Deutsche seit Hilde Gerg 1998 gewann die Bayerin Olympiagold, ihr blieb seit Donnerstag aber wenig Zeit, das Gefühl des Erreichten auszukosten. Nach ihrem Sieg in der Super-Kombination tritt sie schon am Sonnabend (19 Uhr MEZ) im Super-G an, kommende Woche warten noch Riesenslalom und Slalom. Riesch sagte: "Eine Medaille war mein Ziel, die goldene ist die Krönung. Alles Weitere ist Zugabe. Ich mache mir ganz sicher keinen Druck, denn den hatte ich schon genug."

Fast könnte man meinen, die Allrounderin kultiviere ihr Image als diejenige, bei der es während großer Championate erst lausig laufen muss, damit sie letztlich doch noch die Kurve kriegt. Für die Perfektionistin hatten die alpinen Wettbewerbe alles andere als perfekt begonnen. Im Abfahrtslauf am Mittwoch war Riesch beim Sieg der Amerikanerin Lindsey Vonn nur auf Rang acht gefahren mit üppigen zwei Sekunden Rückstand, was durchaus Spuren hinterlassen hatte. "Eine kleine Welt" sei danach zusammengebrochen, gestand sie.

Was folgte, war eine Standpauke ihres Trainers Mathias Berthold. Er warf dem Star im Team mangelnde Einstellung vor. Von "indiskutabler Leistung" war die Rede. Riesch: "Auf der einen Seite verletzt es einen, wenn der Trainer mit dem Holzhammer hinter dir her ist, wenn du eh schon am Boden bist. Auf der anderen Seite ist es auch Ansporn und Motivation." Ist ja noch mal gut gegangen.

"Es ist eine großartige Leistung, denn die Erwartungen waren riesig", ächzte Riesch glücklich: "Deshalb, ja, bin ich erleichtert." Ihren Ruf als Stehauf-Frauchen der Berge hat die Ausnahmefahrerin während der WM vor einem Jahr gefestigt: Nach schlechten Rennen, Sturz und Selbstzweifeln gewann sie damals im letzten Wettkampf den Slalom.

Auch diesmal war die Technikdisziplin der Schlüssel zur Wende gewesen, nachdem Riesch nach der Abfahrt noch 0,33 Sekunden Rückstand auf die Führende Lindsey Vonn aufwies. Vonn schied nach ihr fahrend im Slalom durch einen Einfädler aus - der Rest ist Geschichte. Silber holte die Amerikanerin Julia Mancuso, Bronze die Schwedin Anja Pärson.

"Es ist eine großartige und positive Eigenschaft von Maria, dass sie Rückschläge so schnell wegstecken und umschalten kann", lobte der deutsche Alpindirektor Wolfgang Maier. Nicht nur er meint: "Wenn du Olympiasieger bist und Weltmeister, dann bist du in der Champions League."

Im Rieschs Umfeld überschlugen sie sich derweil fast vor Begeisterung. Auf der Medals Plaza verfolgten Garmisch-Partenkirchens Skiidole Rosi Mittermaier und Christian Neureuther hingerissen die Siegerehrung für ihre Quasi-Nachbarin. "Marias Olympiasieg ist wichtig für Deutschland und Ski-Deutschland", schwärmte Doppel-Olympiasiegerin Mittermaier.

Alfons Hörmann hatte gleich das große Ganze im Auge: "Dieses Gold ist sozusagen die Einzelbestätigung für einen Trend in der immer stärker werdenden Frauenmannschaft", sagte der Präsident des Deutschen Skiverbands. Damit der DSV in seiner Breite wahrgenommen werde, "bedarf es Erfolge der Alpinen".

Ob Riesch sich verändern wird durch ihren Erfolg? "Dann hätte sie sich schon verändern müssen. Warum sollte sie es jetzt noch tun?", fragt Maier stellvertretend. "Außerdem ist sie ja noch nicht am Ende ihrer Sportlerkarriere, sie möchte sicher noch weiterkommen." Wohin auch immer das sein mag.