Die erste Farbe an diesem Morgen in Stuttgart war nicht Silber, sondern Weiß. In der Nacht hatte zu schneien begonnen. Ein Wintermärchen - auch für den englischen Motorsport-Enthusiasten Ross Brawn. "Vor einem Jahr wussten wir nicht, ob wir überhaupt eine Zukunft haben", sagte der Teamchef. "Jetzt haben wir diese, als Teil der Mercedes-Motorsportgeschichte." 55 Jahre, nachdem Mercedes-Rennleiter Alfred Neubauer die letzten hauseigenen Silberpfeile verhüllte, kehrt der Stern mit einem eigenen Team in die Formel 1 zurück. Mercedes-Motorsportchef Norbert Haug hat sein Lebenswerk, für das er beinahe zwei Jahrzehnte gearbeitet hat, gekrönt. Auch die wegen einer Erkältung nur leise Stimme hinderte den Architekten des deutschen Formel-1-Nationalteams nicht an großen Worten: "Wir haben 15 Jahre lang erfolgreich mit McLaren zusammengearbeitet - als Motorenlieferant. Heute beginnt sicher das wichtigste Kapitel unserer mehr als hundertjährigen Motorsportgeschichte."
Schon der Name des Teams, "Mercedes GP Petronas", gibt die Richtung vor. Der schwäbische Automobilkonzern hat sich mit den Besten der Branche verbündet. Brawn werkelt in seiner Formel-1-Fabrik in Brackley weiter wie bisher, die Stuttgarter mischen sich eher nicht ein. Brawn war es 2009 gelungen, aus dem Nichts Fahrer- und Konstrukteurs-WM zu gewinnen. Die Mercedes-Motorenschmiede im benachbarten Brixworth soll mittelfristig mit der Chassisherstellung verschmolzen werden. Frisches Geld für das Projekt kommt von den Werbepartnern Petronas aus Malaysia und Aabar aus Abu Dhabi. Haug weiß, dass sich Geschichte selten wiederholt: "Eine Dominanz wie bei den Silberpfeilen in den 30er- und 50er-Jahren ist vielleicht nie mehr zu erreichen."