Abendblatt.de nahm die 18 Bundesliga-Klubs unter die Lupe und sagt jetzt schon, wer am Ende der Saison Grund zum Jubeln hat und wer nicht.
Hamburg. Geht es nach den letzten Umfragen, ist Bayern München der große Favorit auf die Meisterschaft - obwohl die van Gaal-Elf momentan nur auf Platz drei der Tabelle platziert ist. Welche Schlüsse lassen sich aufgrund der Winter-Transfers und den sonstigen Eindrücken der bisherigen Saison auf das weitere Abschneiden der Mannschaften ziehen? Abendblatt.de wagt eine Prognose.
Bayer Leverkusen : Die Mannschaft hat das spielerische Potenzial, ganz oben zu bleiben und ist in allen Mannschaftsteilen gut besetzt. Zudem wird Emporkömmling Toni Kroos in der Rückrunde von Beginn an voll da sein, mit Patrick Helmes kommt noch eine starke Offensivkraft zurück. Renato Augusto und Michal Kadlec stehen nach Verletzungen ebenfalls wieder zur Verfügung. Die Winter-Abgänge schmerzen nicht - kurzum: Leverkusen bleibt an der Spitze und feiert seine erste Meisterschaft . „Für einen Finnen ist es nicht kalt, aber für einen Fußballer schon“, (Sämi Hyypiä zum Wintertraining)
FC Schalke 04 : Trotz einigen mäßigen Spielen sind die Königsblauen Tabellenzweiter - fast unerklärlich, wie die Youngster-Truppe von Trainer Felix Magath das gemacht hat. Doch der Coach bleibt realistisch: „Wir können nicht davon ausgehen, dass die junge Mannschaft noch einmal so viele Punkte wie in der Hinserie holt“, meinte Magath. Trotz erheblicher Bewegung auf dem Transfermarkt ist das Team personell lange nicht so gefestigt wie die Konkurrenz, zumal auch der Abgang von Leistungsträgern weiterhin droht. Schalke stürzt ab und landet nur auf Platz sechs . „Wenn man gut drauf ist, braucht man keine Pause.“ (Felix Magath zur vermeintlichen Überlastung)
FC Bayern München: Nach fünf Pflichtspielsiegen in Folge war bei den Bayern schon vor der Winterpause das lange vermisste „Mia-san-mia“-Gefühl zurückgekehrt. Daran hat sich auch jetzt nichts geändert. Der Rekordmeister konnte einige Akteure aus der zweiten Reihe abgeben, erhofft sich dadurch mehr Ruhe im Kader. Einzig die Personalie Franck Ribery sorgt weiter für Missstimmung. Doch sind die Bayern in diesem Jahr nicht auf allen Positionen so stark besetzt, dass sie das gewünschte "Fernrohr" zum Betrachten der Konkurrenz hervorkramen könnten. Sie landen am Ende nur auf Platz zwei . "Wir müssen wieder das 'Mia-san-mia' leben, dürfen uns nicht von außen anpinkeln lassen und müssen uns mehr wehren." (Uli Hoeneß zur Gesamtsituation des FC Bayern)
Hamburger SV
: Sportlich lief die Winter-Vorbereitung nahezu perfekt, doch ist nicht alles Gold, was glänzt. Viele Verletzte trüben das Bild genauso wie die ständige Diskussion um den Posten des Sportdirektors und mögliche Spieler-Abgänge. Auch ohne weitere Verstärkungen haben die Hamburger aber eine starke Mannschaft beisammen, die in Bestbesetzung ganz oben angreifen kann. Doch wann steht diese wieder zur Verfügung? So werden viele Spieler am Ende der Saison mangels Rotation wieder abbauen -
zu mehr als Platz vier reicht es nicht
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"In den letzten drei Tagen sind 100 Stürmer mit uns in Bezug gebracht worden." (Bruno Labbadia zu den Transfer-Gerüchten)
Borussia Dortmund: Der BVB ist kurz vor dem Rückrundenstart noch weit von der Bestform entfernt. Nach Testspiel-Niederlagen gegen Energie Cottbus und Borussia Mönchengladbach verpatzte der BVB mit dem dürftigen 1:1 beim Zweitliga-Letzten Rot Weiss Ahlen auch seine Generalprobe. BVB-Trainer Jürgen Klopp bot über weite Strecken die Mannschaft auf, die auch am kommenden Sonntag beim 1. FC Köln erwartet wird. Die Leistungsschwankungen in der Hinrunde waren zu groß, als dass vom internationalen Geschäft geträumt werden könnte. Dortmund landet auf Platz acht. Bei uns geht es im Moment zu wie im Streichelzoo (Jürgen Klopp zur aufkommenden Sättigung in Dortmund).
Werder Bremen : Die Diskussion um den Verbleib von Mittelfeldspieler Mesut Özil stand im Mittelpunkt der Wintervorbereitung. Neue Spieler gibt es nicht, der Kader scheint etwas dünn besetzt. Gerade im Sturm und auf der Position des linken Verteidigers fehlt Bremen die internationale Klasse. Doch Trainer Thomas Schaaf hat schon oft bewiesen, dass auch Spieler aus der zweiten Reihe glänzen können, wenn sie zum Einsatz kommen. Werder wird am Ende Dritter . "Das ist schon etwas Besonderes. So viele Scheichs auf einen Haufen habe ich auch noch nicht gesehen." (Per Mertesacker zu den folkloristischen Feierlichkeiten nach Werder Bremens 2:1-Testspielsieg beim arabischen Al Ain Club)
TSG Hoffenheim : An den Powerfußball der letzten Bundesliga-Hinrunde konnte die Rangnick-Elf zwar nicht anknüpfen, doch ist das Potenzial in diesem Team riesengroß. „Die Jungs müssen an die Grenzen gehen und auchdrüber hinaus - das war in der Vorrunde nicht bei jedem der Fall", übt der Trainer deutliche Kritik. Ungewöhnlich war der späte Start (3.1.) in die Vorbereitung und die Tatsache, dass 1899 zunächst ohne den Coach auskommen musste, der bei seinem kranken Vater weilte. Hoffenheim bleibt auf Platz sieben. „Ich kann Ihnen ja die Trainingspläne faxen.“ (Ralf Rangnick auf die Frage, wie er seine Mannschaft auf Mainz 05 eingestellt habe)
VfL Wolfsburg : Der spektakulärste Transfer der Winterpause betraf nicht die Mannschaft, sondern das Management: Dieter Hoeneß steht Trainer Armin Veh ab sofort zur Seite. Neue Spieler sollen folgen, um das dürftige Abschneiden der Hinrunde vergessen zu machen. Der schwache Auftritt des deutschen Fußball-Meisters beim Vorbereitungs-Turnier in Düsseldorf gibt wenig Grund zur Hoffnung auf Besserung. Dennoch werden sich die Wolfsburger fangen und ihr großes Potenzial besser abrufen als zuletzt - Platz fünf ist ein realistisches Szenario . "Warum sagt man, dass man nichts sagen will? Weil man nichts sagen will. Deshalb sagt man das." (Armin Veh zum Thema Sportdirektor)
FSV Mainz 05 : Vor der Saison als Absteiger Nummer eins gehandelt, hat die Tuchel-Elf in der Hinrunde bewiesen, wozu sie in der Lage ist. Nun hat der Trainer mit Adam Szalai seinen Wunschspieler für die Offensive hinzubekommen. Ob dieser Akzente setzen kann, ist fraglich, doch sind die Mainzer mit ihrer Top-Elf wirklich zu stark für untere Regionen. Spieler wie Hoogland oder Ivanschitz blühten unter dem Erfolgscoach Tuchel richtig auf. Mainz bleibt im gesicherten Mittelfeld und landet auf Platz 13 . „Wir haben auch am 2. Spieltag den Vorsprung auf die Bayern gehalten".(Christian Heidel nach dem 1:1 gegen Hannover).
Eintracht Frankfurt: Trainer Michael Skibbe forderte mehrfach öffentlich Verstärkungen - das passte Manager Heribert Bruchhagen gar nicht und bestellte ihn zum Rapport. Nun fahren beide wieder auf Schmuse-Kurs, doch die Mannschaft bleibt, wie sie ist. Das Ziel von 46 Punkten so zu übertreffen, wird freilich schwer, doch hat das Team genügend Qualitäten, um sich aus der Abstiegsregion herauszuhalten. Großer Anwärter auf den Titel der "Goldenen Ananas" - am Ende kommt Platz zwölf heraus . "Ich glaube, ich habe in meiner ganzen Bundesliga-Karriere sechs Tore gemacht und jetzt habe ich hier in Frankfurt fünfmal getroffen. Es scheint eine ganz gute Luft hier zu sein." (Maik Franz zu seinen Offensiv-Qualitäten)
Borussia Mönchengladbach : Die "Fohlen" können mit breiter Brust in die Rückrunde starten: Sie eurden durch einen 1:0-Sieg im Finale gegen Gastgeber Fortuna Düsseldorf zum zweiten Mal nach 2007 Sieger beim Wintercup. Großen Grund für Änderungen gab es nicht, lief es gerade zum Ende der Hinrunde wieder gut. Gleich mehrere Spieler haben sich in den Vordergund gespielt und könnten weiter überraschen. Gladbach setzt den Aufwärtstrend fort und wird am Ende Neunter . „Nicht, dass der DFB jetzt Ermittlungen aufnimmt.“ (Gladbachs Sportdirektor Max Eberl nach den drei Eigentoren gegen Hannover)
1. FC Köln : Stürmer Lukas Podolski hatte Verstärkungen in der Winterpause gefordert, damit die "Keintorhasen" die offensiv-desaströse Hinrunde vergessen machen. Doch Manager Michael Meier schloss diese aus. Der Kölner Kader gibt ohne Frage mehr her als der momentane, zwölfte Tabellenplatz. Das gilt es für den nicht unumstrittenen Trainer Zvonimir Soldo nun herauszukitzeln. Mit einem 0:0 im Abschlussspiel des Trainingslagers gegen Genclerbirligi machten die Kölner in annähender Bestbesetzung jedoch da weiter, wo sie aufgehört hatten. Köln verbessert sich dennoch leicht und landet auf Platz elf. «Der soll gerade was sagen, der hat doch die gleiche Frisur, seit er elf ist» (Nationalspieler Marcell Jansen, nachdem Lukas Podolski über die neue Frisur des Hamburgers gelästert hatte)
SC Freiburg: Die beiden Neuzugänge Papiss Cisse und Hamed Namouchi versprechen Einiges, zudem ist Verteidiger Ömer Toprak wieder fit. Das große Problem in der Hinrunde war die unterirdische Heimbilanz, die den Badenern den Klassenerhalt kosten könnte. Doch hat die Dutt-Elf oft genug bewiesen, wozu sie zu Leisten im Stande ist. Die Testspiele gingen allerdings verloren (FC Elche 0:1, FC Basel 1:2). Freiburg wird keine großen Probleme bekommen und landet auf Platz 14. " Wenn ich nicht Trainer des SC Freiburg gewesen wäre, hätte ich Beifall geklatscht" (Robin Dutt nach der 0:6-Niederlage gegen Bremen).
Hannover 96: Laut Sportdirektor Jörg Schmadtke präsentierte sich sein Team in der Winterpause als "Betriebsmannschaft", was ihn zu einer Brandrede verleitete. Auch Trainer Andreas Bergmann bekam sein Fett weg und wurde als zu weich bezeichnet. Immer kommt mit Jan Durica ein neuer Verteidiger. Dennoch werden die Niedersachsen bis zum Ende der Serie im Tabellenkeller bleiben und schließlich in die Relegation müssen . „ Wir können nicht hinten rumstehen und abwarten. Da bist Du Vogelfutter." (Andreas Bergmann zu taktischen Dingen).
VfB Stuttgart: Die Schwaben werden sich in der Rückrunde deutlich steigern. Der neue Trainer Christian Gross hatte Zeit, der Mannschaft seine Ideen einzuverleiben und setzte ein unerwartet hartes Trainingslager an. Mit Cristian Molinaro ist eine echte Verstärkung aus Turin eingetroffen, ein weiterer Akteur soll folgen - der Rest der Truppe konnte zueienander finden. Ein Prozess, der in der Sommerpause viel zu kurz kam. In den Testspielen (Sangonera Atletico 5:0, FC Cartagena 8:0) funktionierte auch die kritisierte Offensive. Stuttgart steigert sich und landet auf Platz zehn . "Jetzt gehe ich nach Hause und muss meine Kinder erziehen, damit wenigstens die korrekt werden." (Jens Lehmann, der im Spiel bei Hannover 96 von einem Balljungen genarrt worden war.)
VfL Bochum : Mit Milos Maric ist einer neuer Mann an Bord, zudem wurde der teaminterne Zusammenhalt gestärkt: Dafür organisierte Trainer Heiko Herrlich eine Zwei-Tages-Tour ins Karwendelgebirge inklusive Bergwanderung auf den 2102 m hohen Schafreuter. Ob das reicht, um auch in der Bundesliga aus dem Keller zu klettern, bleibt zweifelhaft. ZU dürftig waren die Leistungen in der Hinrunde - ob uner Koller oder Herrlich. Platz 17 und der Abstieg stehen am Ende zu Buche. "Alles wird selber gekocht. Die Spieler können sich bei diversen Übungen erarbeiten, ob sie Küchendienst haben, oder nicht." (Heiko Herrlich zur Bergwanderung)
1. FC Nürnberg : Die Cluberer haben mit Breno und Ottl zwei Leute geholt, die der Mannschaft wirklich helfen können. Ein weiterer Spieler soll noch kommen. Der Verlust von Peer Kluge wiegt indes schwer. Der neue Trainer Dieter Hecking will mit neuem System und einer Doppelsechs für Erfolge sorgen. Die Generalprobe wurde mit einem 1:2 bei Zweitligist FC Augsburg jedoch verpatzt. Nürnberg wird sich dennoch retten und auf Platz 15 landen. "Vielleicht wollte Felix Magath den Christkindlesmarkt besuchen oder gute Bratwürste von Uli Hoeneß essen." (Präsident Franz Schäfer auf die Frage, ob der Schalke-Coach in Nürnberg mit Club-Profi Peer Kluge über einen Wechsel verhandelt habe)
Hertha BSC Berlin: Das abgeschlagene Schlusslicht versucht mit allen Mitteln, dem Abstieg zu entrinnen. Drei neue Spieler sollen mithelfen, das Wunder zu vollbringen - doch leider bleiben mindestens acht Akteure auf dem Platz, die diese unsägliche Hinrunde fabriziert haben. Auch wenn die Hertha die angepeilten "25 Punkte plus X" wirklich erreichen sollte, wird die zweite Liga vermutlich zur Realität. Hertha steht auch am Ende der Saison ganz unten . "Für uns zählt nichts anderes, als nach vorne zu schauen, nach hinten gehts ja eh nicht mehr." (Maximilian Nicu zur Hinrunde)