Die beiden Schwergewichtler werden wegen eines Fehlers des verbands zeitgleich als Titelträger geführt. Nun soll der Kampf in Finnland entscheiden.

Hamburg. Am 30. Mai könnte das größte Chaos in der World Boxing Association (WBA) endlich beseitigt werden. An diesem Abend stehen sich in der Hartwall-Arena in Finnlands Hauptstadt Helsinki die Schwergewichtler Ruslan Chagaev und Nikolay Valuev gegenüber. Beide werden derzeit als WBA-Weltmeister geführt, beide haben nur ein Ziel: Dem jeweils anderen und der Welt zu beweisen, dass sie der wahre Weltmeister sind.

Zu dem Titel-Wirrwarr war es gekommen, weil der Usbeke Chagaev (30) aus dem Hamburger Universum-Stall die Pflichtverteidigung seines Titels gegen den Russen Valuev (35) aus dem Berliner Sauerland-Team zweimal hintereinander absagen musste. Am 31.Mai 2008 musste das in Oberhausen geplante Duell wegen einer bei Chagaev während der Vorbereitung aufgetretenen Virusgrippe verschoben werden. Zehn Tage vor dem zweiten Versuch, der für 5.Juli in Halle (Westfalen) geplant war, riss sich der Champion die Achillessehne im linken Fuß. Daraufhin erklärte die WBA Chagaev zum Weltmeister im Wartestand und gestattete Valuev, am 30. August gegen John Ruiz um den vakanten WM-Titel zu boxen, was dieser erfolgreich tat. Der Fehler des Weltverbands: Anstatt klarzustellen, dass Valuev nun neuer Weltmeister und Chagaev nach seiner Gesundung sein Pflichtherausforderer ist, führte man beide nebeneinander als Weltmeister, nachdem Chagaev bei seinem Comeback am 7..Februar dieses Jahres den Costa Ricaner Carl Davis Drumond besiegt hatte.

Diesen Makel wollen beide Boxer nun endlich beheben. "Ich will unbedingt beweisen, dass ich der Bessere und damit der wahre Champion bin", sagte Chagaev am Dienstag auf der offiziellen Pressekonferenz in Helsinki. "Ich habe zwei Jahre auf meine Chance gewartet, um die Schmach von Stuttgart wettzumachen. Ich hoffe, dass es am 30..Mai endlich dazu kommt", sagt Valuev in Anspielung auf das erste Duell mit Chagaev am 14..April 2007, das er durch Mehrheitsentscheid nach zwölf Runden verlor und dadurch seinen Titel an Chagaev weiterreichen musste.

Valuev, der seine Athletik-Vorbereitung mit Coach Alexander Zimin in Japan bestritt, glaubt fest daran, aus diesem Kampf gelernt zu haben. "Ich werde anders auftreten als damals", verspricht er. Über Vorbereitung und Taktik wollte er nichts verraten. Chagaev lässt sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen. "Vielleicht wird er versuchen, sich besser zu bewegen und mehr Druck zu machen. Aber ich bin darauf vorbereitet", sagt er. Gemeinsam mit Trainer Michael Timm hat er in Hamburg, wo am 4. Mai die Sparringsphase beginnt, viel spezielles Techniktraining gemacht, um die Bewegungsabläufe, die sich durch den Achillessehnenriss verändert haben, besser zu verinnerlichen. "Ich werde mir in der ersten Runde anschauen, was Valuev zu bieten hat, und dann werde ich darauf reagieren. Wir haben mehrere Pläne", sagt Chagaev. Timm ist überzeugt davon, dass sein Schützling Valuev auch ein zweites Mal besiegen wird. "Ich denke schon, dass Valuev besser sein wird als im ersten Duell. Aber mit Ruslans Schnelligkeit wird er auch diesmal nicht zurecht kommen", so der Coach.

Dass der Kampf, den Sauerland Event am Ostermontag in Vitoria (Spanien) für rund 2,8 Millionen Dollar eingesteigert hatte, in Helsinki stattfindet, stört Chagaev nicht. "Mir ist es völlig egal, wo ich boxe", sagt er, "wichtig ist, dass die Fans in Deutschland und in aller Welt live am TV dabei sein können." Sauerland hatte die finnische Hauptstadt ausgewählt, da einerseits Valuevs Heimatstadt St. Petersburg nur rund 350 km entfernt ist und man so auf einen Heimvorteil hofft. Andererseits werden die deutschen Medien im Vorfeld vom am selben Tag in Berlin stattfindenden DFB-Pokalfinale überlagert sein, so dass das WM-Duell, das von der ARD im Anschluss an das Fußballspiel übertragen wird, ins Hintertreffen hätte geraten können.

In Finnland ist die Aufmerksamkeit der boxinteressierten Öffentlichkeit garantiert. Jetzt müssen nur noch beide Kämpfer gesund bleiben. Zudem steht mit dem Schwergewichtler Robert Helenius ein Finne bei Sauerland unter Vertrag, der im Vorprogramm Zuschauer anziehen wird. "Eins ist klar", sagte Chagaev, "ich werde den Fans eine gute Show bieten!" Auf eigens produzierten T-Shirts, die Chagaev, Universum-Geschäftsführer Stefan Braune und Pressechef Christof Hawerkamp trugen, war eine Szene zu sehen, in der Chagaev Valuev mit einem rechten Haken im Gesicht trifft. Darüber stand in großen Buchstaben: "Any questions?" Alle offenen Fragen will Chagaev am 30. Mai im Ring beantworten.