Hamburg. Eigentlich könnte Horst Albrecht gemütlich zu Hause sitzen, sich Andre Rieu im Fernsehen anschauen und ab und zu an einer Butterfahrt in den Harz teilnehmen. Gestern wurde der pensionierte Diplom-Ingenieur 81 Jahre alt.

Doch anstatt das zu tun, was man von einem Rentner erwartet, fährt Albrecht zu den Leichtathletik-Europameisterschaften der Senioren ins dänischen Århus (22. Juli - 01. August). Nicht etwa, um eines seiner vier Enkelkinder anzufeuern, sondern um Europameister zu werden - im Zehnkampf. Jener Disziplin, die alles andere als seniorengerecht erscheint: Kugelstoßen, Diskuswerfen, Hürdenlauf. "Glücklicherweise sind die Wurfgeräte bei uns leichter, und die Hürden kleiner."

Albrechts Angstdisziplin ist der Stabhochsprung, mehr fürchtet er sich noch vor einer möglichen Dopingkontrolle: "Zwar weiß man ganz genau, dass man nichts genommen hat, aber trotzdem ist man ungeheuer aufgeregt."

Bis zu sieben Mal in der Woche trainiert der Athlet der TuS Fleestedt. Manchmal ist er zwar schon nach dem Aufwärmen kaputt, aber die Schinderei ist nötig, um in Århus 5000 Punkte zu erreichen und sich somit den Europameistertitel zu sichern. Es wäre sein achter. Viermaliger Weltmeister ist er auch noch.

Wie die meisten Top-Athleten im Seniorenbereich hat Albrecht spät begonnen. Erst 1990 entdeckte er seine Begeisterung für den Zehnkampf. "Früher habe ich lediglich das Sportabzeichen gemacht." Mit ehemaligen Leistungssportlern wird er sich in Århus nicht messen können: "Deren Körper sind meist zu verbraucht, um im Alter noch aktiv sein zu." Albrecht ist dafür umso aktiver, hat schon die halbe Erdkugel bereist.

Weltmeisterschaften 1993 in Japan, 1997 in Südafrika, 2001 in Australien - egal wo in der Welt ein Seniorenwettkampf stattfindet, Albrecht ist dabei. Gut hat es ihm im Fernen Osten gefallen. "In Japan werden ältere Menschen mehr geachtet als bei uns," sagt Albrecht, "dort hat der Kaiser die Eröffnungsrede gehalten. Bei den Weltmeisterschaften in Sindelfingen hingegen nur ein unbekannter Ministerialdirigent."

Wer in Århus die Rede halten wird, weiß Albrecht noch nicht, aber er weiß, dass die Chancen auf einen Titelgewinn nicht schlecht stehen. Denn er tritt in der Altersklasse der 80-84-Jährigen an - dort zählt Albrecht zu den Jüngsten. . .