Nach dem 4:0 über Venezuela hat der Weltmeister von 1986 wieder alle Chancen.

Buenos Aires. Pathos und Leidenschaft zählen zu den obersten Tugenden Argentiniens. Also durfte der neue Volkstribun des Landes seine Premiere in einem Fußballstadion mit dem Namen Monumental aufführen.

Als Diego Maradona als neuer Nationaltrainer Argentiniens dann zum Heim- und Pflichtspieldebüt den Rasen vor dem Spiel gegen Venezuela betrat, donnerte tosender Beifall durch das Rund. Nicht nur die Nation, die ganze Welt kennt seine Lebensgeschichte mit den perfekten Kunststückchen eines genialen Kickers und den eines Vorbilds unwürdigen Auftritten als Drogenkonsument, unehelicher Vater und mit dem wahren Leben überforderter Balltreter.

Doch Argentinien verzeiht ihm und verklärt sein ganzes Chaos. Erst recht, wenn die Mannschaft nach vielen wechselvollen Auftritten unter seiner Anleitung so auftritt wie beim 4:0 (1:0) gegen Venezuela. Mit 19 Punkten aus elf Spielen liegt seine Auswahl in der südamerikanischen Qualifikationsgruppe zur Fußball-Weltmeisterschaft 2010 nur noch vier Punkte hinter Tabellenführer Paraguay. "Dieser Sieg gehört den Spielern", sagte Maradona in einem Satz, dessen aufgesetzte Höflichkeit die überhöhte Einschätzung des eigenen Beitrags unfreiwillig offenlegte: "Die Spieler haben hart dafür gearbeitet und ein großes Spiel abgeliefert."

Würde Maradona nicht pflichtbewusst darauf hinweisen, drohten seine Landsleute tatsächlich über die primäre Urheberschaft des Sieges verklärt hinwegzusehen. Wie eh und je nämlich bestimmte "Die Zehn" das Spielgeschehen, nur Maradonas Erbe steckt in dem magischen Hemd des Spielgestalters: Lionel Messi (FC Barcelona) inszenierte maßgeblich die "perfekte Nacht für Maradona" ("La Nación").

Die Ehre, wie einst der Trainer als "El Diez" auflaufen zu dürfen, verdankte Messi dabei dem Temperament seines neuen Trainers: Weil Juan Roman Riquelme nach Maradonas Amtsantritt fürchtete, nicht mehr ausreichend Gestaltungsspielraum auf der Fußballbühne zu bekommen, gab er freiwillig seine internationale Karriere und das Hemd auf. Messi nun geleitete mit seinem Führungstor (25.) und gar noch dem Pass auf Carlos Tevez (47.) vor dem 2:0 sein Team in Richtung Sieg. Maxi Rodríguez (51.) schließlich sowie Maradonas Schwiegersohn Sergio Agüero (73.) komplettierten das Ergebnis, als habe der deutsche Auftritt gegen die Liechtensteiner als Vorlage gedient.

Vor Maradonas Töchtern Dalma und Giannina, seiner Freundin Veronica Ojeda und Enkel Benjamin, dem Sohn Agüeros, intonierten die Fans inbrünstig ihre Ode zum Maradona-Revival: "Wir werden wie 1986 wieder Weltmeister sein."

Die Euphorie erhielt ihren Schub aus Montevideo, wo Paraguay tatkräftig Argentinien assistierte: Nicht zuletzt dank der Niederlage des Tabellenführers gegen Uruguay (0:2) wähnt sich Argentiniens Nationalstolz auf dem besten Weg zu glorreichen Darbietungen bei der WM.